Düntzer

[286] Düntzer, Heinrich, Philolog und Literarhistoriker, geb. 12. Juli 1813 in Köln, gest. daselbst 16. Dez. 1901, studierte seit 1830 in Bonn und Berlin, habilitierte sich 1837 in Bonn für klassische Philologie, nahm aber 1846 die Stelle eines Bibliothekars am katholischen Gymnasium seiner Vaterstadt an und lebte hier bis zu seinem Tode, zuletzt als Privatmann; 1849 war ihm der Titel Professor verliehen worden. In der klassischen Philologie ein Schüler Böckhs und Welckers, veröffentlichte D. zahlreiche Arbeiten, von denen genannt seien: »Homer und der epische Kyklos« (Köln 1839); »De Zenodoti studiis Homericis« (Götting. 1848); »Kritik und Erklärung der Horazischen Gedichte« (Braunschw. 1840–46, 5 Bde.); »Die römischen Satiriker« (Übersetzung, das. 1846); »Rettung der Aristotelischen Poetik« (das. 1840); »Die Fragmente der epischen Poesie der Griechen« (Köln 1840–42, 3 Tle.); »Die homerischen Beiwörter des Götter- und Menschengeschlechts« (Götting. 1859); »Homerische Abhandlungen« (Leipz. 1872); »Kirchhoff, Köchly und die Odyssee« (Köln 1872) und »Die homerischen Fragen« (Leipz. 1874). In weiten Kreisen bekannt gemacht hat er sich aber erst durch seine eingehenden Arbeiten über die Glanzepoche der deutschen Literatur, insbes. über Goethes Leben und Werke Hierher gehören unter anderm: »Goethes Prometheus und Pandora« (Leipz. 1850); »Goethes Faust« (das. 1850–51, 2 Bde.; 2. Aufl. 1857); »Frauenbilder aus Goethes Jugendzeit« (Stuttg. 1852); »Goethes Götz und Egmont« (Braunschw. 1854); »Goethes Tasso« (Leipz. 1854); »Goethes lyrische Gedichte. Für gebildete Leser erläutert« (Elberf. 1858, 2 Bde.); »Goethe und Karl August« (Leipz. 1861–1865, 2 Bde.; 2. Aufl. in 1 Bd., 1888); »Neue Goethe-Studien« (Nürnb. 1861); »Aus Goethes Freundeskreise« (Braunschw. 1868); »Charlotte v. Stein, Goethes Freundin« (Stuttg. 1874, 2 Bde.); »Charlotte v. Stein und Korona Schröter, eine Verteidigung« (das. 1876); »Goethes Leben« (Leipz. 1880, 2. Aufl. 1883); »Goethes Eintritt in Weimar« (das. 1883); »Abhandlungen zu Goethes Leben und Werken« (das. 1885, 2 Bde.); »Zur Goethe-Forschung. Neue Beiträge« (Stuttg. 1891); »Friederike v. Sesenheim im Lichte der Wahrheit« (das. 1893); »Goethe, Karl August und Ottokar Lorenz« (Dresd. 1895). Ferner erschienen: »Erläuterungen zu den deutschen Klassikern« (Jena u. Leipz. 1855–86, 83 Hefte), die außer Goethes und Schillers poetischen Werken Klopstocks Oden, Lessings Dramen, Wielands »Oberon«, Herders »Cid« und Legenden, Uhlands Gedichte, Dramen und Dramenentwürfe behandeln. Auch als Herausgeber der Werke Goethes u.a. für die Hempelschen Klassiker, Kürschners Nationalliteratur etc. machte er sich bekannt und veröffentlichte ferner: den »Briefwechsel zw ischen Goethe und Staatsrat Schultz« (Leipz. 1853); »Briefe von Schillers Gattin an einen vertrauten Freund« (das. 1856); »Aus Herders Nachlaß« (Frankf. 1856, 3 Bde.); »Aus K. L. v. Knebels Briefwechsel mit seiner Schwester Henriette« (Jena 1858); »Zur deutschen Literatur und Geschichte«, Briefe aus Knebels Nachlaß (Nürnb. 1857–58, 2 Bde.); »Herders Reise nach Italien. Herders Briefwechsel mit seiner Gattin« (Gießen 1859); »Von und an Herder.[286] Ungedruckte Briefe aus Herders Nachlaß« (Leipz. 1861 bis 1862, 3 Bde.); »Dido. Ein Trauerspiel von Frau v. Stein« (Frankf. 1867); »Zwei Bekehrte. Zacharias Werner und Sophie v. Schardt« (Leipz. 1873); »Schillers Leben« (das. 1881); »Lessings Leben« (das. 1882); »Christoph Kaufmann, der Apostel der Geniezeit und herrnhutische Arzt« (das. 1882); »Mein Beruf als Ausleger. 1835–1868« (das. 1899). Als Dichter trat D. anonym auf in »Adeline. Liebeslieder vom Rhein« (Köln 1860). D. hat zur Erkenntnis zahlreicher Einzelheiten der klassischen deutschen Literaturperiode wesentlich beigetragen; seine ausgebreitete Gelehrsamkeit ist aber nicht mit feinerm poetischen Urteil verbunden, und die Darstellung seiner überaus zahlreichen Werke leidet oft an Schwerfälligkeit und Breite.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 286-287.
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