Erman

[54] Erman, 1) Jean Pierre, Historiker, geb. 1. März 1735 in Berlin aus einer Genfer Familie, gest. 11. Aug. 1814, Prediger der französischen Gemeinde und seit 1766 Direktor des französischen Gymnasiums in Berlin, 1792 zum Historiographen der brandenburgischen Geschichte ernannt, schrieb mit Reclam die »Histoire des Réfugiés« (Berl. 1782–99, 9 Bde.). Vgl. Catel, Jean Pierre E. (Berl. 1804).

2) Paul, Physiker, geb. 29. Febr. 1764 in Berlin, gest. daselbst 11. Okt. 1851, studierte Naturwissenschaften, ward Lehrer am französischen Gymnasium in Berlin, 1791 auch an der Kriegsschule und 1810 Professor der Physik an der Universität daselbst. 1810–1841 war er Sekretär der mathematisch-physikalischen Klasse der Akademie. Seine Forschungen betrafen vornehmlich Magnetismus und Elektrizität, auch Optik und Physiologie. Vgl. Du Bois-Reymond in den Abhandlungen den Berliner Akademie 1853.

3) Georg Adolf, Physiker, Sohn des vorigen, geb. 12. Mai 1806 in Berlin, gest. daselbst 12. Juli 1877, studierte in Berlin und in Königsberg Naturwissenschaften, machte 1828–30 eine Reise um die Erde, um ein Netz von möglichst genauen magnetischen Bestimmungen für den ganzen Umkreis der Erde zu gewinnen, und schloß sich bis Irkutsk an Hausteens magnetometrische Expedition an. 1832 habilitierte sich E. in Berlin als Privatdozent, und 1834 wurde er daselbst Professor der Physik. Er beschrieb seine Reise in dem Werk »Reise um die Erde durch Nordasien und die beiden Ozeane«, das in eine historische (Berl. 1833–48, 3 Bde.) und eine wissenschaftliche Abteilung (das. 1835–41, 2 Bde., nebst Atlas) zerfällt. Auf diese Beobachtungen gründete Gauß zum erstenmal eine Theorie des Erdmagnetismus. In den Jahren 1845–48 berechnete E. mit H. Petersen aus den von ihm gemessenen Werten der magnetischen Erscheinungen die ihrer Gesamtheit am nächsten kommenden Werte der Konstanten der Gaußschen Theorie des Erdmagnetismus. Weit vollständigere Grundlagen der Gaußschen Theorie für die Erscheinungen des Erdmagnetismus im J. 1829, mit Berücksichtigung der Säkularveränderungen aus allen vorliegenden Beobachtungen, hat E. 1874 im Auftrag der kaiserlichen Admiralität berechnet und in dem Werk »Die Grundlagen der Gaußischen Theorie und die Erscheinungen des Erdmagnetismus im Jahre 1829« (mit Petersen, Berl. 1874) dargestellt. Er gab auch das »Archiv für wissenschaftliche Kunde von Rußland« (Berl. 1841–1865, 25 Bde.) heraus.

4) Adolf, Ägyptolog, Sohn des vorigen, geb. 31. Okt. 1854 in Berlin, studierte in Leipzig und in seiner Vaterstadt, wurde 1883-außerordentlicher, 1892 ordentlicher Professor der Ägyptologie an der Universität und ist seit 1885 Direktor der ägyptischen Abteilung der königlichen Museen daselbst. Er schrieb: »Die Pluralbildung des Ägyptischen« (Leipz. 1878); »Neuägyptische Grammatik« (das. 1880); »Deutsche Medailleure des 16. und 17. Jahrhunderts« (Berl. 1884); »Ägypten und ägyptisches Leben im Altertum« (Tübingen 1885–87, 2 Bde.); »Die Sprache des Papyrus Westcar« (Götting. 1889); »Die Märchen des Papyrus Westcar« (Berl. 1890); »Ägyptische Grammatik« (2. Aufl., das. 1902); »Gespräche eines Lebensmüden mit seiner Seele« (das. 1896); »Aus den Papyrus der königlichen Museen zu Berlin« (zusammen mit F. Krebs, das. 1900); »Zaubersprüche für Mutter und Kind« (das. 1901). Außerdem gibt E. gemeinschaftlich mit G. Steindorff die von Brugsch begründete »Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde« heraus. E. hat sich durch eine historische Betrachtung und kritische Untersuchung der ägyptischen Sprache und Altertümer die größten wissenschaftlichen Verdienste erworben. Seine Arbeiten sind auf den verschiedenen Gebieten bahnbrechend gewesen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 54.
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