Escher

[101] Escher, Johann Heinrich Alfred, schweizer. Staatsmann, geb. 20. Febr. 1819 in Zürich, gest. daselbst 6. Dez. 1882, widmete sich seit 1837 in Zürich, Bonn und Berlin juristischen Studien und verweilte 1842 und 1843 längere Zeit in Paris zu demselben Zweck. 1844 habilitierte er sich als Dozent an der Universität Zürich und ward in den Großen Rat des Kantons sowie 1845 in den Rat des Innern und in den Erziehungsrat berufen. Im gleichen Jahre zum dritten Tagessatzungsgesandten erwählt, wurde er im Sommer 1847 erster Staatsschreiber, im Dezember Präsident des Großen Rates, 1848 Mitglied des Regierungsrates und mit Furrer zweiter Gesandter bei der Tagsatzung, in welcher Stellung er mit diesem für die Annahme der neuen Bundesverfassung tätig war. Im Herbst 1848 mit Landammann Munzinger als eidgenössischer Kommissar in den Kanton Tessin gesandt, wußte er die zwischen diesem und Österreich entstandenen Differenzen glücklich beizulegen. Im Dezember 1848 wurde E. letzter Bürgermeister des Kantons Zürich und nach Einführung des Direktorialsystems, das hauptsächlich sein Werk war, Präsident des neugewählten Regierungsrates. Als einflußreichstes Mitglied des Nationalrats, dem er seit 1848 angehörte, und welchem er zu wiederholten Malen präsidierte, nahm er hervorragenden Anteil an den Arbeiten der schweizerischen Bundesversammlung, im besondern an der Gründung des eidgenössischen Polytechnikums in Zürich, und bekleidete seit 1854 die Stellung eines Vizepräsidenten des für dasselbe errichteten eidgenössischen Schulrats. Besonders tätig war E. für die Hebung des schweizerischen Kredit- und Verkehrswesens. Entgegen dem Bundesrat, der auf Staatsbau der Eisenbahnen drang, setzte er das Privatbahnsystem in der Schweiz durch und gründete die Nordostbahn; seiner unermüdlichen Wirksamkeit ist auch das Zustandekommen des Gotthardunternehmens zuzuschreiben, an dessen Spitze er 1871 als erster Direktor trat. Gegen den dominierenden Einfluß, den E. trotz seines schon 1855 erfolgten Austritts aus dem Regierungsrat in seinem Heimatskanton ausübte, richtete sich die demokratische Bewegung in Zürich 1867–69. Die finanziellen Schwierigkeiten, in die das Gotthardunternehmen wegen der zu niedrigen Kostenberechnung geriet, vereint mit einer Krisis der Nordostbahn, an der E. noch immer als Präsident des Verwaltungsrats beteiligt war, erregten gegen ihn einen Sturm der öffentlichen Meinung, vor dem er sich 1878 von der Direktion der Gotthardbahn zurückzog. Dennoch wählte ihn Zürich nach wie vor in den Nationalrat. 1889 wurde ihm in Zürich ein Denkmal errichtet. Vgl. »Das Alfred Escher-Denkmal, Bericht etc., nebst Beiträgen zu einer Biographie von A. E.« (Zürich 1890).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 101.
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