Kephallīnia

[839] Kephallīnia (Kephalonia, ital. Cefalonia), nächst Korfu die größte und wichtigste der Ionischen Inseln (s. Karte »Griechenland«), liegt dem Golf von Paträ gegenüber, nur durch eine schmale Meerenge von Ithaka getrennt, südlich von Levkas und nördlich von Zante, umfaßt 689 qkm mit (1896) 70,077 griech. Einwohnern (101 auf 1 qkm) und bildet mit einigen anliegenden Inseln (darunter Ithaka) einen griechischen Nomos von 815 qkm Fläche mit (1896) 83,363 Einw. K. wird von drei hohen, von SSO. nach NNW. streichenden, zum Teil noch mit dichtem Nadelwald bedeckten Kreidekalkgebirgen durchzogen, die nur hier und da von den fleißigen Bewohnern mühsam für den Ackerbau gewonnen worden sind. Das Vorwalten des Kalksteins bedingt die wilde Karst- und Gebirgsnatur der Insel, deren höchster Gipfel, der Megas Soros (der antike Ainos), mit 1620 m der höchste Berg der Ionischen Inseln ist. Die Lage und Höhe des Gebirges verleiht dem Klima trotz der Milde, die es im allgemeinen charakterisiert, vielen Wechsel; besonders fallen im November, Dezember und Februar häufige und starke Regengüsse. Von den vielen Buchten der Insel sind die von Argostoli (Livadi-Busen, fast 14 km lang) und Same die größten. Flüsse hat K. nicht, nur wenige Bäche und zahlreichere Quellen unmittelbar am Meere. Fruchtbar sind nur die schmalen Tertiärstreifen, insbes. beiderseits des Livadibusens; jedoch hat gerade dies Gebiet von Erdbeben viel zu leiden. Man gewinnt etwas Wein (1901: 68,100 hl) und Öl (33,600 hl), weniger Getreide, das im Altertum überwog, und Kartoffeln; Hauptprodukt aber für die lebhafte Ausfuhr sind die Korinthen, jährlich 40–100,000 metr. Ztr. (1901: 46,625 metr. Ztr.), die seit dem 16. Jahrh. angebaut werden und meist nach Belgien, den Niederlanden und Deutschland gehen. Ziegen- und Schafherden sind in ziemlicher Anzahl vorhanden. 1901 liefen im Hafen von Argostoli 178 Schiffe von 126,236 Ton. ein. Wert der Ausfuhr nach dem Auslande 1,8 Mill., der Einfuhr 2,6 Mill. Mk. Die Einwohner sind vortreffliche Seeleute[839] und Krieger. Finden sie keinen genügenden Erwerb, so gehen sie zur Erntezeit nach dem Peloponnes. Die Frauen bestellen das Feld, verfertigen Töpfe und Ölkrüge sowie Baumwollwaren und Teppiche aus rauhen Ziegenhaaren. K. ist Sitz eines deutschen Vizekonsuls. Hauptstadt der an Straßen (344 km) reichen Insel ist Argostoli (s. d.) am Livadi-Meerbusen. Durch ihn wird die mit Korinthenpflanzungen bedeckte, meist aus jungtertiären Schichten aufgebaute Halbinsel Lixuri mit gleichnamigem Hauptort abgetrennt. An der Nordwestküste Assos mit venezianischem Kastell. Aus der Glanzzeit der Insel im Altertum ist, Mauertrümmer von Kastellen und von den vier unten genannten Städten ausgenommen, nichts auf uns gekommen.

Das jetzige K. hieß in ältester Zeit Same oder Samos, später Kephallenia, die Einwohner Kephallener. Die bedeutendsten Städte im Altertum waren Pale, Kranioi, Same und Pronoi (s. d.). Zu einer bedeutenden Rolle erhob sich K. in der alten Geschichte nie. Im J. 430 v. Chr. schloß es sich Athen, im 3. Jahrh. dem Ätolischen Bund an. M. Fulvius unterwarf K. 189 den Römern, die es mit der römischen Provinz Epirus vereinigten. An die Venezianer kam K. 1224 durch Gajo, den damaligen Herrn der Insel, als Geschenk und teilte dann das Geschick der übrigen Ionischen Inseln, indem es bald den Türken (1479–1500, 1591–95), bald den Venezianern (1500–71) gehörte. Als 1797 Venedig unter österreichische Herrschaft kam, wurde K. zuerst von den Franzosen, dann von den Russen erobert. 1807 ward es der Ionischen Republik einverleibt, 1809 von den Engländern besetzt und 1815 mit der Ionischen Republik unter britischen Schutz gestellt, 1863 mit dem Königreich Griechenland vereinigt. Vgl. Wiebel, Die Insel Kephalonia und die Meermühlen von Argostoli (Hamb. 1873); Partsch, Kephallenia und Ithaka (Ergänzungsheft Nr. 98 zu »Petermanns Mitteilungen«, 1890).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 839-840.
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