Lot [6]

[725] Lot (mittelhochdeutsch lôt, niederländ. lood, engl. lead, Blei; daher früher »Kraut und L.«, Pulver und Blei), ein Metall oder eine Metallegierung, die zwei gleichartige oder ungleichartige Metallstücke durch oberflächliches Zusammenschmelzen miteinander verbindet (verlötet, lötet) Das L. darf nie schwerer schmelzbar sein als das zu lötende Metall, und da die Lötstelle je nach dem Zweck, zu dem der gelötete Gegenstand benutzt werden soll, verschiedenen Anforderungen entsprechen muß, so bedarf die Technik zahlreicher Lote, bei denen oft die Farbe, häufiger Festigkeit und Schmelzbarkeit in Betracht kommen. In bezug auf letztere unterscheidet man leicht schmelzbares Weichlot (Schnellot, Klempnerlot, Weißlot, Zinnlot) und schwer schmelzbares Hartlot (Strenglot, Schlaglot, Hartschlaglot, so genannt, weil die damit gelöteten Metalle Hammerschläge ertragen, ohne sich voneinander zu trennen). Weichlot, zum Löten von Weißblech, Kupfer, Messing, Zinn, Zink, Blei etc., ist ein Bleizinnlot von verschiedener Zusammensetzung. Ein sehr leichtflüssiges L. (etwa 5 Zinn, 3 Blei) erhält man als Sickerlot (Sicherlot), wenn man gleiche Teile Blei und Zinn zusammenschmelzt und von der halb erstarrten Masse[725] den flüssig gebliebenen Teil abgießt. Wismutlot besteht aus 2–8 Teilen Schnellot und 1 Teil Wismut, ist sehr leicht schmelzbar, bricht aber leicht und wird daher nur bei sehr leichtflüssigem Zinn angewendet. Mit reinem Kupfer lötet man Guß- und Schmiedeeisen, eine Legierung von 5 Teilen Kupfer und 1 Teil Blei dient zum Löten von Kupfer. Messingschlaglot, das gewöhnliche L. für Eisen, Stahl, Kupfer und Messing, ist eine zinkreiche Kupferzinklegierung, die aus Messing und Zink (auch Zinn) bereitet und mit steigendem Zinkgehalt leichter schmelzbar und spröder wird. Neusilber gibt auf seinen Eisen- und Stahlwaren kaum sichtbare Lotstellen, Neusilber selbst wird mit L. aus 5 Teilen Neusilber und 4 Teilen Zink gelötet. Silberlot für Silber, Messing, Kupfer, Stahl und Eisen besteht aus einer Silber-Kupferlegierung mit einem Zusatz von Messing und Zink, damit es besser fließt. Mit seinem Gold lötet man nur Platin. Gold und seine Stahlwaren werden mit Goldlot gelötet, das aus Gold, Silber und Kupfer besteht und durch Zink leichtflüssiger gemacht wird. Da beim Goldlot die Farbe zu berücksichtigen ist, so wechselt seine Zusammensetzung nach der Beschaffenheit des zu lötenden Metalls. Aluminium lötet man mit Legierungen aus Aluminium, Kupfer oder Aluminiumkupferzinnlegierungen.

Die durch L. zu vereinigenden Metallflächen reinigt man zunächst durch Schaben oder Feilen oder beizt sie in Säuren, um das Oxyd zu lösen. Dann bedeckt man sie, um abermalige Oxydbildung beim Erhitzen zu vermeiden, mit einer Substanz (Lötmittel), welche die Luft abhält, vorhandenes Oxyd löst oder reduziert. Beim Weichlöten nimmt man Kolophonium, Salmiak mit Wasser oder Öl, Chlorzink, Chlorzink-Chlorammonium (Lötwasser, durch Lösen von Zink in der gerade nötigen Menge konzentrierter Salzsäure und Hinzufügen von so viel Salmiak, wie das Zink wog, erhalten), beim Hartlöten Borax, Cyankalium, bisweilen auch Glaspulver. Damit die zu verbindenden Flächen während des Lötens einander nahe genug bleiben, umwickelt man die Stücke mit Draht, faßt sie mit einer Zange oder nietet sie flüchtig zusammen. Gegenstände von mittlerer Größe, die hart gelötet werden sollen, erhitzt man in Kohlenfeuer, kleine Sachen, z. B. Knöpfe, in großer Zahl gemeinsam auf einer eisernen Platte; feinere Gegenstände, die mit Zinnlot gelötet werden, erhitzt man über der Spirituslampe; stärkere Hitze gibt man mit dem Lötrohr oder mit einer durch ein Gebläse angefachten Leuchtgasflamme; zum Löten größerer Bleigefäße, bleierner Wasserleitungsröhren etc. benutzt man eine Lötlampe, die wie eine Äolipile konstruiert ist, oder ein Dochtrohr besitzt, in dem Spiritus oder Benzin aus einem Behälter aufgesogen und erhitzt wird; die Dämpfe strömen unter Druck aus, mischen sich mit Luft und geben eine lange Stichflamme, die auch das Dochtrohr hinreichend erhitzt. Zum Löten von Bleitafeln mit reinem Blei (für Schwefelsäurekammern) benutzt man Knallgasgebläse, durch das die Tafelränder ohne L. miteinander verschmolzen werden. Auch Zinn und Platin werden in ähnlicher Weise zusammengeblasen. Dem Löten ähnlich ist das Vergießen, wobei man Metallflächen mittels eines zwischen sie eingegossenen geschmolzenen Metalls, das die zu lötenden Metalle selbst zu teilweiser Schmelzung bringt, vereinigt. Dies Verfahren wird besonders auf Blei, Zinn und gesprungene Turmglocken angewendet. Am häufigsten erhitzt man beim Weichlöten die Lötstelle mit dem Lötkolben, der aus einem geschmiedeten, an der Lotbahn verzinnten, hammerkopfförmigen Stück Kupfer mit eisernem Stiel und hölzernem Handgriff besteht. Man bringt an demselben das L. zum Schmelzen und breitet es auf den zu verlötenden, gut gereinigten und mit Kolophoniumpulver bestreuten Stellen mit dem Kolben aus. Dann vereinigt man beide Metallstücke, erwärmt die Lötstelle bis zum Schmelzen des Lots, läßt etwas L. auf die Naht tropfen und verstreicht dies ebenfalls mit dem Lötkolben. Beim Löten von Zink bestreicht man die Lötstelle mit starker Salzsäure und trägt dann das Zinnlot mit dem Kolben auf. Statt des gewöhnlichen Lötkolbens, der schnell erkaltet, benutzt man auch solche mit einer regulierbaren Spiritus- oder Benzinflamme im Kolben, der also selbsttätig geheizt wird. Beim Hartlöten trägt man das L. in Form von schmalen Blechstreifen oder gekörnt mit dem Lötmittel und etwas Wasser auf die gereinigte Lötstelle und erhitzt in Holzkohlenfeuer. Bei Anwendung von Hartlot genügt es oft, die Ränder zweier Bleche dumpf aneinander stoßend zu verlöten, bei Weichlot müssen die Nahtränder stets übereinander gelegt werden, um die Lötstelle zu vergrößern, da das Weichlot nur geringe Festigkeit besitzt. – Auf galvanoplastischem Weg kann man löten, indem man Kupfer zwischen zwei Metallrändern so niederschlägt, daß die Fuge auch äußerlich mit Kupfer überwachsen ist. Letzteres ist notwendig, weil das im Innern der Fuge abgelagerte Metall nicht fest genug bindet. Das Verfahren wird daher nur auf galvanoplastisch hervorgebrachte Gegenstände angewendet, wenn die Bedeckung der Fuge auf nicht sichtbare Stellen fällt.

Zum Löten mit Hilfe der Elektrizität benutzte Bernardos 1881 (nach unbeachtet gebliebenen Versuchen von Derode in Paris 1851) den elektrischen Lichtbogen. Sein Verfahren wurde von Slavianoff und von Zerener weiter ausgebildet. Der Amerikaner Thomson erzeugte dagegen die zum Löten erforderliche Temperatur durch direkten Umsatz des elektrischen Stromes in Wärme. Er benutzt einen Transformator, dessen Sekundärbewickelung aus nur einer Windung von mehreren dicken Kupferstäben besteht, so daß man die vom Wechselstrom einer Dynamomaschine durchflossene Primärbewickelung des Transformators darin einen sehr starken Strom von geringer Spannung erzeugt, der die mit den Enden der Sekundärbewickelung direkt verbundenen zusammenzulötenden Metallteile rasch zur teilweisen Schmelzung bringt. Die Stärke des Stromes kann dabei mittels künstlich er, in den Stromkreis der Primärbewickelung eingeschalteter Widerstände geregelt werden. In dem von Thomson benutzten Apparat entwickelt die Wechselstrommaschine bei 1800 Touren in 1 Minute einen Strom von 600 Volt und 20 Ampere, womit in der Sekundärbewickelung ein Strom bis zu 200,000 Ampere Stärke bei 1 Volt Spannung entwickelt werden kann. Mit diesem Strom können Rundeisenstäbe bis zu 29 mm Durchmesser in 2,5 Minuten zusammengelötet werden, während auf anderm Wege dazu die doppelte Zeit nötig ist. Die Festigkeit der Lötstelle beträgt bis 92 Proz. des soliden Metalls. Auf demselben Prinzip der direkten Umwandlung des Stromes in Wärme durch ihm entgegengesetzte Widerstände beruht auch das Verfahren von Lagrange. Das Slavianoffsche und das Zerenersche Verfahren hat sich gut bewährt zum Zusammenschweißen verschiedener Metalle, zur Zusammenfügung zerbrochener[726] Stücke, zum Ausfüllen von Höhlen und Blasen, zum Ausbessern sogen. Schönheitsfehler etc. Zerener hat auch einen handlichen elektrischen Lötapparat für kleinere Arbeiten konstruiert. Vgl. Schlosser, Das Löten und die Bearbeitung der Metalle (3. Aufl., Wien 1905); Fodor, Die elektrische Schweißung und Lötung (das. 1892); Wüst, Legier- und Lötkunst (Weim. 1895); Richter, Das Löten des Bleies (Wien 1896).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 725-727.
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