Midhat Pascha

[773] Midhat Pascha, türk. Staatsmann, geb. 1825 in Bulgarien von türkischen, der islamischen Sekte der Bektasch angehörigen Eltern, gest. 8. Mai 1884 in Taif, trat um 1840 als Schreiber (Kiatib) zu Rustschuk in den Staatsdienst, rückte aber erst, als er Fuad Paschas Gunst errang, auf. Als Fuad Großwesir geworden, ernannte er M. 1865 zum Wali des neuen Donauwilajets (Bulgarien), wo er durch vortreffliche Verwaltung rasch Erfolge erzielte. 1867 wurde er als Präsident des Staatsrats in das Ministerium berufen, aber 1869 zum Wali von Irak Arabi in Bagdad ernannt. Hier errichtete er eine türkische Dampfschiffahrtskompanie und begann die Wiederherstellung der alten Bewässerung. Doch bereits 1872 ward er als Führer der türkischen Reformpartei wieder ins Ministerium berufen und 1. Aug. nach Mahmud Nedim Paschas Sturz zum Großwesir ernannt. Indes konnte er den Sultan Abd ul Asis nicht für seine Ziele gewinnen, fiel durch selbständige Haltung bald in Ungnade und wurde 19. Okt. entlassen. Im August 1875 zum Justizminister ernannt, stürzte er den russisch gesinnten Großwesir Mahmud Nedim 11. Mai 1876 durch die Bewegung der Softas, hatte auch an der Entthronung des Sultans Abd ul Asis 30. Mai hervorragenden Anteil und wurde Präsident des Staatsrats. Am 22. Dez. zum Großwesir ernannt, verkündete er 23. Dez. eine konstitutionelle Verfassung, deren Entwurf er schon 1. Juni veröffentlicht hatte. Noll Vertrauen auf die Wirkung dieses Schrittes setzte er 18. Jan. 1877 die Ablehnung der Vorschläge der Großmächte durch den großen Nationalrat durch, was den Ausbruch des Krieges mit Rußland zur Folge hatte. Als M. jedoch durch sein Selbstbewußtsein die Eifersucht des Sultans erregte und sich zu unvorsichtigen Äußerungen über Günstlingswirtschaft etc. fortreißen ließ, ward er 5. Febr. 1877 verbannt und sofort auf einem Dampfer nach Matolin geschafft, von wo er sich über Paris nach England begab. Erst 1878 ward ihm die Rückkehr gestattet und anfangs Kreta als Aufenthaltsort angewiesen; im November erwirkte England seine Ernennung zum Generalgouverneur von Syrien. 1880 als Wali nach Smyrna versetzt, wurde er 1881 wegen Anteils an der Ermordung des Sultans Abd ul Asis zum Tode verurteilt, aber zu lebenslänglicher Verbannung nach Taif in Arabien begnadigt. Vgl. Léouzon le Duc, Midhat Pacha (Par. 1877); Ali Haydar M. Bey (sein Sohn), The life of M. Pasha (Lond. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 773.
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