Postauftrag

[217] Postauftrag (früher Postmandat, franz. Ordre de recouvrement, ital. Ricossione), Verfahren a) zur Einziehung von Schuldbeträgen bis zu 800 Mk., b) zur Einholung von Wechselakzepten durch die Post. Der P. wurde zuerst von der deutschen Reichspost, das Verfahren zu a) 1874 eingeführt. Der P. zu a) wird auf einem grünen, der zu b) auf einem grauen, von der Post zu beziehenden Formular (f, Porto) erteilt. Dem ausgefüllten Formular sind die quittierten Rechnungen, Wechsel, Zinsscheine etc. oder die zur Annahme vorzuzeigenden Wechsel beizufügen, und der Brief ist unter der Aufschrift »Postauftrag nach...« (Name der Postanstalt) als Einschreibbrief auszuliefern. Die Postanstalt zieht den Schuldbetrag gegen Aushändigung der quittierten Rechnungen ein, bez. legt den Wechsel zur Abgabe der Annahmeerklärung der im P. bezeichneten Person vor, und zwar sogleich nach der Ankunft oder an dem vom Absender angegebenen Einziehungs- oder Fälligkeitstage, jedoch nicht an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen. Für die Zahlung oder die Annahmeerklärung wird, wenn der Auftraggeber keine andre Bestimmung getroffen, z. B. sofortige Rücksendung verlangt hat, eine Frist von sieben Tagen gewährt. Nicht eingelöste oder nicht angenommene Wechsel werden, wenn auf der Rückseite des Postauftrags »Sofort zum Protest« steht, von der Post an einen Notar oder Gerichtsvollzieher zur Erhebung des Wechselprotestes rechtzeitig weitergegeben. Nach einem internationalen Übereinkommen vom 21. März 1885, erneuert 15. Juni 1897, ist der Postauftragsdienst auch auf den Weltpostverkehr ausgedehnt worden, und zwar bis jetzt für den Verkehr zwischen Deutschland, Ägypten, Belgien, Chile, Frankreich mit Algerien und Tunis, Italien, Luxemburg, den Niederlanden und Niederländisch-Indien, Norwegen, Österreich-Ungarn, Portugal, Rumänien, Salvador, Schweden, der Schweiz und der Türkei; Näheres über die Versendungsbedingungen im Weltposthandbuch, Briefposttarif und Postblatt (s. Postanweisungen). Der angenommene Wechsel wird dem Auftraggeber in einem eingeschriebenen Brief direkt zurückgesandt. Ein verweigerter P. wird kostenfrei zurück- oder nach Wunsch innerhalb Deutschlands weitergesandt. 1904 wurden im Reichspostgebiet 4,9 Mill. Postaufträge zur Einziehung von 600 Mill. Mk. vorgezeigt, von denen 30 Proz. nicht eingelöst wurden; von 45,861 Postaufträgen zur Akzepteinholung wurden 21 Proz. nicht angenommen, nach dem Ausland, einschließlich Bayern und Württemberg, wurden rund eine halbe Million Stück abgesandt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 217.
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