Rennes

[802] Rennes (spr. rän'), Hauptstadt des franz. Depart. Ille-et-Vilaine, 58 m ü. M., an der Vilaine, die hier die Ille aufnimmt, am Ille- und Rancekanal gelegen, Knotenpunkt der Westbahn, wird durch die Vilaine in die eigentliche oder Oberstadt, am rechten Ufer, und die Unterstadt, am linken Ufer des Flusses, geschieden, ist nach dem Brande von 1720 größtenteils neu erbaut, hat breite Straßen, hübsche Kais, mehrere größere Plätze (Place du Palais u. a.) und neue, mit Alleen bepflanzte Boulevards und Anlagen, darunter die Promenaden La Motte und Le Thabor (letztere mit dem Denkmal von Duguesclin und andern Statuen). Unter den Gebäuden zeichnen sich aus: die Kathedrale St.-Pierre, ein alter, jedoch 1787–1844 erneuerter Bau, mit guten Gemälden; die ehemalige Abteikirche Notre-Dame oder Ste. – Melaine (aus dem 12.–17. Jahrh.), mit schönen Holzschnitzwerken und einem Turm, der eine vergoldete Statue der Jungfrau Maria trägt; die Kirche St.-Sauveur aus dem 18. Jahrh.; die neue gotische Kirche St.-Aubin, mit altem wundertätigen Muttergottesbild; der Justizpalast (1618–1655), mit vier Statuen hervorragender Juristen von R. und reichgeschmückten Sälen; das halbkreisförmige Stadthaus (1734), mit zwei Pavillons und schönem Turm; das neue Universitätsgebäude (1849–55 erbaut), welches das sehenswerte, Skulpturen, Gemälde und Antiquitäten umfassende Museum enthält; der erzbischöfliche Palast im Abteigebäude von Ste. – Melaine; das neue Präfekturgebäude; das Lyzeum (im Stile des 17. Jahrh.); das moderne Palais du Commerce; die Kaserne und das Arsenal; das Theater (1836); die Porte Mordelaise, durch welche die Herzoge der Bretagne ihren Einzug in die Stadt hielten.[802] Die Zahl der Bewohner beträgt (1901) 71,351 (als Gemeinde 74,676). Die Industrie ist von geringer Bedeutung und umfaßt hauptsächlich Gerberei, Sägewerke, Mühlenbetrieb, Herstellung von Zelten und Segeln, Fabrikation von Billards, Stickereien, Kerzen, Eisengießerei, Bierbrauerei und Buchdruckerei. Der Handel hat vornehmlich Butter, Vieh, Geflügel, Getreide, Holz, Honig und Wachs zum Gegenstande. R. besitzt an Unterrichts- und Bildungsanstalten eine Universität mit drei Fakultäten (eine juristische, philosophische und mathematisch-naturwissenschaftliche) nebst einer medizinisch-pharmazeutischen Vorbereitungsschule (zusammen 1902–03: 1223 Hörer), mit einem Botanischen Garten und mehreren Sammlungen, ein Lyzeum, Priesterseminar, eine Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt, ein Musikkonservatorium, eine Kunst-, eine Industrie-, eine Ackerbau- und eine Molkereischule, eine Schule für Herstellung von Butler und Käse und eine Bibliothek von 50,000 Bänden. Andre öffentliche Anstalten sind: ein Irrenhaus, Waisenhaus, Militär- und Zivilspital, ein Gefangenhaus für weibliche Sträflinge (700), eine Filiale der Bank von Frankreich und eine Sparkasse. R. ist der Sitz des Präfekten, des Generalkommandos des 10. Armeekorps, eines Erzbischofs, einer Akademie, eines Appell- und Assisenhofs, eines Gerichtshofs, eines Handelsgerichts und einer Handels- und Ackerbaukammer. – R. ist das alte Condate und war die Hauptstadt der Redoner. Im frühen Mittelalter wurde es von den Franken, im 9. Jahrh. durch den Bretagner Nomenojus eingenommen, an dessen Nachkommen als Könige der Bretagne Karl der Kahle es abtrat. Die Stadt, die seitdem die Hauptstadt der Bretagne war, wurde 1357 erfolglos von den Engländern belagert. 1720 zerstörte eine Feuersbrunst 900 Häuser. Vgl. Carré, Recherches sur l'administration municipale de R. an temps de Henri IV (Par. 1889); Orain, R. et ses environs (Reims 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 802-803.
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