Salisbury [2]

[470] Salisbury (spr. ßaols-bĕrĭ), engl. Adelstitel, der 1337 von König Eduard III. an Williamde Montacute verliehen ward, 1428 durch Heirat auf die Familie Nevill und 1472 auf den Herzog Georg von Clarence, Bruder Eduards IV., überging. Nachdem er 1541 mit dessen Tochter Margarete erloschen, ernannte Jakob I. 1605 Robert Cecil, zweiten Sohn des Lords Burleigh, zum Grafen von S. Bemerkenswerte Mitglieder des Hauses sind:

1) James Brownlow William, Sohn des 1789 zum ersten Marquis von S. erhobenen James Cecil, geb. 17. April 1791, gest. 12. April 1868, ein eifriger Schutzzöllner und Tory, saß von 1814 bis zum Tode seines Vaters 1823 im Unterhaus, war 1852 im ersten Ministerium Derby Großsiegelbewahrer und Februar 1858 bis Juni 1859 in dessen zweitem Kabinett Lord-Präsident des Geheimen Rates.

2) Robert Arthur Talbot Gascoyne-Cecil, Marquis von, Sohn des vorigen, geb. 3. Febr. 1830, gest. 22. Aug. 1903, erzogen in Eton und Oxford, war bis zum Tode seines Vaters als Lord Cranbourne konservatives Unterhausmitglied für Stamford, übernahm 1866 in Derbys Regierung das Ministerium für Indien, trat aber im März 1867 zurück, weil er mit der von seinen Kollegen eingebrachten Reformbill nicht einverstanden war. 1869 wurde er als Nachfolger Derbys Kanzler der Universität Oxford. Im Februar 1874 übernahm er unter Disraeli abermals das Staatssekretariat für Indien. Als die orientalischen Verwickelungen Ende 1876 das Zusammentreten einer Konferenz in Konstantinopel herbeiführten, wurde S. als außerordentlicher Botschafter Englands dahin entsandt, wo er sich vom russischen Botschafter Ignatiew zu solchen Forderungen an die Türkei bewegen ließ, daß die Konferenz resultatlos blieb. Nachdem er indes im April 1878 Minister des Auswärtigen geworden, unterstützte er die Orientpolitik des Grafen Beaconsfield auf das eifrigste. Er schloß 31. Mai mit Schuwalow den Vertrag, der Rußland zu großen Zugeständnissen verpflichtete, und vertrat England als zweiter Bevollmächtigter auf dem Berliner Kongreß. Nach dem Wahlsieg der Liberalen im April 1880 trat er mit Beaconsfield von seinem Amte zurück. Seit dem Tode Beaconsfields der bedeutendst: konservative Staatsmann, trat er nach dem Sturze Gladstones vom Juni 1885 bis Januar 1886 und nach dem kurzen Ministerium Gladstones von neuem im August 1886 als Premierminister an die Spitze der Regierung, übernahm auch nach dem Tode Lord Iddesleighs 1887 das Ministerium des Äußern. Er knüpfte freundlichere Beziehungen zu den Mächten des Dreibundes, insbes. zu Italien, an und hielt in Irland die Ordnung durch energische Maßregeln aufrecht. Nach den allgemeinen Wahlen von 1892, bei denen die Liberalen siegten, trat er 13. Aug. d. J. zurück und übernahm wieder die Leitung der Opposition, die er so geschickt führte, daß Lord Rosebery im Juni 1895 seine Entlassung nahm. Darauf bildete S. 29. Juni 1895 sein drittes Kabinett, in das auch die Führer der liberalen Unionisten eintraten, und in dem er selbst wieder das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten übernahm. Bei den Neuwahlen zum Unterhaus gewann die Regierung eine große Majorität. In der auswärtigen Politik erlitt die Regierung 1896 in der armenischen Frage eine entschiedene Niederlage, infolge deren Rußland das Übergewicht auf der Balkanhalbinsel gewann. Auch in der chinesischen Verwickelung von 1898 zog die Haltung Salisburys dem Ministerium manche Kritik auch aus dem eignen Lager zu. Dagegen errang es in Nordafrika bedeutende Erfolge, indem die Macht des Mahdi gebrochen und der Sudân für England zurückgewonnen wurde. Auch in der Faschoda-Angelegenheit trat S. 1898 Frankreich gegenüber mit großer Energie auf. Dagegen überließ er in der südafrikanischen Politik, durch die England 1899 in den Burenkrieg verwickelt wurde, die eigentliche Führung seinem Kollegen Chamberlain. Nach den Wahlen von 1900, in denen die Regierung die Mehrheit behauptete, trat S. im November 1900 von dem Ministerium des Auswärtigen zurück, behielt aber den Vorsitz im Kabinett und übernahm dazu das Amt des Geheimsiegelbewahrers. Aber schon 11. Juli 1902 legte er auch diese Ämter nieder und zog sich vom politischen Leben zurück. Nach seinem Tode wurden 2 Bände seiner »Essays: biographical, foreign politics« veröffentlicht (Lond. 1905). Vgl. Pulling, The marquis of S., life and speeches (Lond. 1885, 2 Bde.); Traill, The marquis of S. (das. 1891); Whates, The third S. administration, 1895–1900 (das. 1900); Mee, Lord S. (das. 1901); How, Marquis of S. (das. 1902).

3) James Gascoyne-Cecil, Marquis von, Sohn des vorigen, geb. 1861, erzogen in Eton und Oxford, war 1885–1903 als Viscount Cranborne Mitglied des Unterhauses, diente 1900 im südafrikanischen Kriege, war vom November 1900 bis zum Oktober 1903 Unterstaatssekretär im auswärtigen Amt, dann bis zum März 1905 Geheimsiegelbewahrer und von da ab bis zum Rücktritt des Ministeriums Balfour im Dezember 1905 Handelsminister.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 470.
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