Wildenbruch

[628] Wildenbruch, Ernst von, Dichter und Schriftsteller, geb. 3. Febr. 1845 zu Beirut in Syrien als Sohn des dortigen preußischen Generalkonsuls, verlebte seine Knabenjahre in Athen und Konstantinopel, wo sein Vater den Gesandtschaftsposten bekleidete (s. auch Ludwig 56), kam 1857 mit den zurückkehrenden Eltern nach Deutschland, besuchte das Pädagogium in Halle, dann das französische Gymnasium in Berlin, trat 1859 in das Kadettenkorps zu Potsdam und wurde 1863 Offizier im 1. Garderegiment. 1865 nahm er jedoch seinen Abschied, studierte 1867–70 in Berlin die Rechte und wurde seit 1877 im Auswärtigen Amte des Deutschen Reiches, seit 1889 mit dem Titel Legationsrat, beschäftigt und im September 1897 zum Geheimen Legationsrat ernannt. Er machte die Feldzüge von 1866 und 1870/71 mit. Als Dichter fand W. zuerst mit seinen Heldenliedern: »Vionville« (Berl. 1874, 4. Aufl. 1891) und »Sedan« (Frankf. a. O. 1875, 3. Aufl. 1896) Beachtung. Es folgten: »Lieder und Gesänge« (Berl. 1877), »Kindertränen«, zwei Erzählungen (das. 1884, 37. Aufl. 1906), die Künstlergeschichte: »Der Meister von Tanagra« (1880, 10. Aufl. 1907), »Novellen« (1883, 10. Aufl. 1906), »Lieder und Balladen« (1884, 8. Aufl. 1906), »Neue Novellen« (1885, 10. Aufl. 1902), »Humoresken« (1886, 10 Aufl. 1894), weitere Erzählungen und Romane: »Der Astronom« (1887 u. ö.), »Das edle Blut« (1893, 74. Tausend 1905), »Franceska von Rimini« (1892), »Eifernde Liebe« (1893, 15. Aufl. 1906), »Schwester-Seele« (1894, 15. Aufl. 1906), »Claudias Garten« (1896, 15. Aufl. 1906), »Tiefe Wasser«, fünf Erzählungen (1898), »Unter der Geißel« (1901), »Vize-Mama« (1902, 17. Aufl. 1908), »Semiramis« (1904), »Das schwarze Holz« (1905, 13. Aufl. 1906) und »Lukrezia« (1907). Am bedeutendsten aber trat W. als Dramatiker hervor mit einer Reihe von Dichtungen, die (wie die genannten Schriften sämtlich in Bertin erschienen und oft aufgelegt wurden) der Mehrzahl nach mit großem Erfolg zur Ausführung gelangten und ihm 1884 und 1896 den Schillerpreis (s. d.) eintrugen, 1896 sogar den doppelten. Es sind die Tragödien: »Die Karolinger« (1882, 18. Aufl. 1898), »Harold« (1882, 7. Aufl. 1903), »Der Mennonit« (1882), »Christoph Marlow« (1884) und die Schauspiele: »Opfer um Opfer« (1883), »Väter und Söhne« (1882), »Die Herrin ihrer Hand« (1885), »Das neue Gebot« (1886), »Der Fürst von Verona« (1887), »Die Quitzows« (1888, 21. Aufl. 1902), »Der Generalfeldoberst« (1889), »Die Haubenlerche« (1891), »Der neue Herr« (1891), »Das heilige Lachen« (1892), »Meister Balzer« (1893), die Volksstücke »Jungfer Immergrün« (1896) und »Der Junge von Hemmersdorf« (1896), die Doppeltragödie »Heinrich und Heinrichs Geschlecht« (1895), »Willehalm«, dramatische Legende (1897), »Gewitternacht«, Tragödie (1899), »Die Tochter des Erasmus« (1900), »König Laurin« (1902), »Die Lieder des Euripides«, Schauspiel mit Musik (1905), »Die Rabensteinerin« (1907), welch letzteres Stück ihm den Grillparzerpreis eintrug. Die »Quitzows« hatten großartige Bühnenerfolge, besonders in Berlin. Dramatischer Sinn und starkes nationales Pathos haben dem Dichter, der freilich auch vor derben und äußerlichen Mitteln nicht zurückschreckt, ein bedeutendes Ansehen eingetragen. Vgl. Röhr, W. als Dramatiker (Berl. 1908).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 628.
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