Wittelsbach

[700] Wittelsbach (hierzu Textbeilage: »Die Verzweigungen des Hauses Wittelsbach«), altes Dynastengeschlecht, dem das jetzige bayrische Königsgeschlecht angehört. Sein Ahnherr war Markgraf Liutpold von Bayern (gest. 907), dessen Sohn Arnulf der Böse 919 deutscher König werden wollte und Herzog von Bayern wurde. Nach dessen Tode 937 erhielt das Herzogtum der Oheim des Verstorbenen, Bertold, aber nach dessen Tod ward es dem Geschlechte genommen. Arnulfs jüngerer Sohn, Arnulf (II.), wurde Pfalzgraf in Bayern, erbaute 940 die Burg Scheyern, und seine Nachkommen benannten sich nach dieser Burg. Otto V. verlegte 1124 die Residenz der Pfalzgrafen nach der Burg W. bei Aichach. Otto VI. (als Herzog Otto I.), der sich auf Friedrichs I. Römerzügen ausgezeichnet hatte, erhielt 1180 das Herzogtum Bayern, wozu sein Sohn Ludwig I. (s. Ludwig 11) 1214 die Pfalz als Reichslehen, sein Enkel, Otto II. (s. Otto 8), die Erbgüter der Pfalzgrafen erwarb. Sein Vetter, Pfalzgraf Otto Vl II. (s. Otto 7) von W., ermordete 1208 Philipp von Schwaben; die Stammburg W. zerstörte Herzog Ludwig I., ihre Stätte bezeichnen gegenwärtig eine Kirche und ein 16 m hoher Obelisk. Das Haus W. teilte sich nach dem Tode Ludwigs II., des Strengen, 1294 in die ältere Linie Pfalz (s. Pfalz, S. 683–686) und die jüngere Bayern. Letztere bestieg zweimal, mit Ludwig dem Bayern (1314 bis 1346) und Karl VII. (1742–45), den Kaiserthron, erlangte 1623 die Kurwürde, erlosch aber 1777 mit Maximilian Joseph. Die pfälzische Linie erhielt 1356 die Kurwürde, bestieg mit Ruprecht von der Pfalz (1400–10) den Kaiserthron und spaltete sich in die vier Linien: Kurpfalz, Oberpfalz, Zweibrücken-Simmern und Mosbach, von denen Oberpfalz 1443 und Mosbach 1499 erloschen. Die Kurlinie (Heidelberger Linie) starb 1559 mit Otto Heinrich aus. Die Kur vererbte an die reformierte Linie Simmern, von der sich 1459 eine besondere Linie Zweibrücken abgezweigt hatte; sie verlor 1623 die Kur, aber erhielt 1648 die neuerrichtete achte Kur und erlosch 1685 mit Karl Ludwig (s. Karl 45). Nun folgte die Linie Pfalz-Neuburg, die sich 1569 von der Linie Zweibrücken losgelöst und 1614 Jülich und Berg erworben hatte; dieser die seit 1614 selbständige Linie Pfalz-Sulzbach, die 1777 mit Karl Theodor auch Bayern erbte, aber schon 1799 ausstarb. Die einzige noch übrige Linie Pfalz-Zweibrücken, die 1569 die Erstgeburt an Neuburg verlor und seitdem den zweiten Namen Birkenfeld annahm, hatte 1654–1718 den schwedischen Thron inne, erbte 1799 Pfalz und Bayern und nahm 1806 den Königstitel an. Sie blüht noch jetzt in Bayern als königliche Linie (König Otto) und als herzogliche (Herzog Karl Theodor). Die Verzweigungen des Hauses W. zeigt die Textbeilage. Vgl. Böhmer, Wittelsbachische Regesten bis 1340 (Stuttg. 1854); Wittmann, Monumenta Wittelsbacensia (Urkundenbuch, Münch. 1857–61, 2 Tle.); Häutle, Genealogie des erlauchten Stammhauses W. (das. 1870); Heigel, Die Wittelsbacher (das. 1880); Döllinger, Das Haus W. (Festrede, das. 1880); Leitschuh, Die Wittelsbacher (2. Aufl., Bamb. 1894).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 700.
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