Zentralprovinzen

[895] Zentralprovinzen (Central Provinces), Provinz des britisch-ind. Kaiserreichs (s. Karte »Ostindien«), unter einem der Zentralregierung in Kalkutta direkt unterstellten Chief Commissioner, zwischen 17°50'-24°27' nördl. Br., begrenzt von Bengalen, den Vereinigten Provinzen, Madras, Berar und Haidarabad, 224,790 qkm groß mit (1901) 9,876,646 Einw. (44 auf 1 qkm), wozu noch 15 Tributärstaaten mit einem Areal von 76,530 qkm mit 1,996,383 Einw. kommen, so daß das Gesamtareal 301,320 qkm, die Gesamtbevölkerung 11,873,029 Seelen (Abnahme gegen 1891 über 1 Million) beträgt. Die Provinz ist zum großen Teil gebirgig, den nördlichsten Teil durchzieht das Windhyagebirge, dem weiter südlich die Mahadeokette (Dhokgarh 1358 m), dann die Gawalgarhkette und die Landschiberge (700 m) parallellaufen; von letztern streichen die Malkalberge (988 m) nach NO. Zur äußersten Südspitze ziehen die Mardianberge (Bela Dila 1268 m), den äußersten Ostzipfel erfüllen die Lakhnauberge (670 m). Der östliche Teil ist zumeist eine weite Ebene. Die bedeutendsten Flüsse sind die Narbada, die im NW. die Grenze bildet, die ostwärts abfließende Mahanadi und die Godavari, die mit Pranhita und Wardha die Z. von Berar und Haidarabad scheidet. Die Hochwaldungen haben durch Brennkultur stark gelitten. Das für die Kultur ungeeignete Land (4,460,203 Acres) ist meist von Dschangeln, in denen Tiger, Leoparden, Bären, Wölfe, Hyänen und Schlangen in Menge hausen, bedeckt. Die staatlichen Forsten nahmen 1905: 11,023,372 Acres ein. Kohle findet man an vielen Orten, leider von geringer Qualität, die einzige wichtige Kohlengrube ist die von Warora südlich von Nagpur; gutes Eisenerz ist reichlich vorhanden. Das Klima hat eine kühle, eine heiße und eine Regenperiode von Juni bis September; auf ungenügenden Regenfall folgt immer Hungersnot. Die Bevölkerung (5,844,814 männlich, 6,028,215 weiblich) ist von dunklerer Farbe als in andern Teilen Indiens durch starke Vermischung der eingewanderten Arier mit den Urbewohnern, die hier 1901 noch 1,744,546 Seelen zählten gegen 9,745,559 Hindu, 307,302 Mohammedaner, 48,183 Dschaina, 25,591 Christen (7292 Katholiken). Die Sprachen sind Mahratihi und Hindi unter der indischen, Gondi unter den Resten der ursprünglichen Bevölkerung, Telugu längs der Godavari. Von der männlichen Bevölkerung konnten 1901 nur 245,131, von der weiblichen nur 14,633 lesen und schreiben. Es erscheinen 15 Zeitungen. Haupterwerbszweig ist Ackerbau, der 1905 auf 17,688,321 Acres Getreide (Reis, Weizen etc.), Ölsaaten, Baumwolle etc. erzeugt. Der Viehstand namentlich an Rindern, Büffeln, Schafen und Ziegen ist bedeutend, auch an Pferden, Maultieren und Kamelen. Die einzigen nennenswerten Gewerbe sind Weberei und Eisenverhüttung. Der Handel mit dem Ausland geht aus dem westlichen Teile meist über Bombay, aus dem östlichen auf Mahanadi und Godavari zur See und vertreibt Rohbaumwolle, Getreide, Ölsaaten, Lack. Den Binnenhandel vermitteln große, zuweilen von 100,000 Menschen[895] besuchte Messen. Für den Verkehr sind die Flüsse mit 1693 km schiffbaren Strecken nur nach der Regenzeit brauchbar, der Straßenbau wird durch die Natur des Bodens erschwert, doch hat die Provinz 3940 km vom Staat unterhaltene Straßen, an Eisenbahnen 378 km der Great India Peninsulabahn im NW. und die Bahn von Berar über Nagpur, Nandgaon und Raipur nach dem Norden mit Abzweigung nach den Warorakohlengruben. Die Provinz ist eingeteilt in vier Regierungsbezirke unter Commissioners: Nagpur, Dschabalpur, Narbada, Tschattisgarh. Zu Nagpur gehört der Tributärstaat Bastar, zu Narbada Makrai, zu Tschattisgarh Tschuikhadan, Kankér, Khairagarh, Nandgaon, Kawardha, Sakti, Kalahandi, Raigarh, Sarangarh, Patna, Sonpur, Rairakhol und Bamra. Die Einnahmen der Regierung betrugen 1905: 18,251,069, die Ausgaben 14,891,536 Rupien. Residenz des Chief Commissioners ist Nagpur.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 895-896.
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