Begrüßung u. Abschied

[491] Begrüßung u. Abschied, die Zeichen von Achtung u. Freundschaft, welche sich Personen beim Begegnen od. beim Zusammenkommen, od. beim Weggehen geben. Die Griechen riefen sich beim Kommen, Begegnen u. Scheiden χαῖρε (d.i. eigentlich freue dich!), die Römer beim Kommen ave (sei gegrüßt!), beim Gehen vale (lebe wohl!) zu. Beiden Juden pflegten sich Personen, die genauer mit einander bekannt waren, wechselsweise die Hand, das Haupt u. die Schulter zu küssen Der Gruß war: Friede sei mit Euch! In der neueren Zeit unterscheiden sich die B-en der nach europäischer Art civilisirten Völker sehr von denen minder gebildeter. Ein allgemein bekanntes Zeichen des Grußes ist bei ersteren das Entblößer des Kopfes, das früher wohl vor Höheren gewöhnlich war, als B. aber erst seit dem 17. Jahrh. aufgekommen ist. Eigenthümliche B-n sind außerdem das: Gelobt sei Jesus Christ! worauf die Antwort: In Ewigkeit, Amen! erfolgt, in katholischen Ländern, von Benedict XIII. 1728 empfohlen; in protestantischen Ländern: Guten Tag! od. nach der Tageszeit: Guten Morgen! Guten Abend! Beim Weggehen A dieu! (ital. a Dio od. addio! d.i. Gott befohlen!) Die am Meere wohnenden Völker, welche sich mit der Schifffahrt abgeben, verabschieden sich von einander mit: Fahre wohl! daher sagt z.B. der Engländer Fare well! der Schwede Farväl! der Däne Farvel! der Holländer Vaarvel! Das Küssen der Stirn von Damen vertritt bei den Russen die Stelle des Handküssens; beim Abschied sagt der Russe: Proschtszhai od. Prosti, d.h. verzeihe, vergieb (nämlich wenn ich etwas Unrechtes begangen od. dich mit einem Worte gekränkt habe). Der Pole umfaßt die Kniee u. küßt die Schulter bei der B. u. sagt beim Abschied: Byway zdrów! (d.h. sei oft gesund!) Die Bewohner der Schumadia in Serbien fragen beim Gruße: Gibt es Eicheln? (weil das Volk in der Schumadia ein Hirtenvolk ist u. alle seine Ideen sich auf das Gedeihen der Heerden beziehen.) Der Slovene sagt beim Abschied: Sdrav ostàni! (d.h. Bleibe gesund!) od. Bóg te shivi! (d.h. Gott mache Dich gesund!) In der Türkei grüßt man gewöhnlich durch Übereinanderlegen der Arme auf der Brust u. Beugen des Kopfes, in Arabien u. N Afrika durch Reichen der Hände, Legen der rechten Hand aufs Herz, Umarmen, Küssen der Wangen. Der gemeine Araber spricht zum Gruß: Selam aleikum (Friede sei mit euch!), worauf die Entgegnung: Aleikum esselam (mit euch sei Friede!) erfolgt. Noch weiter in Asien werden die B-en für höchst wichtig u.[491] Verstöße dagegen für Verbrechen gehalten. Sie stufen sich nach dem Range des zu Grüßenden ab u. bestehen (wie bei den Hindus) in Berührung der Stirne u. Beugen des Kopfes bis auf die Erde, od. (wie in China) im Nicken mit dem Kopfe, Übereinanderschlagen der Hände u. allerhand freundlichen Worten, od. (wie in Sumatra u. anderen ostindischen Inseln) im Niederwerfen auf die Erde u. darin, daß man den Fuß des zu Grüßenden auf die Brust, den Kopf, das Knie etc. des Grüßenden setzt. Ganz wilde Völker grüßen auf noch eignere Art, wie die Lappen u. Otaheiter, durch Berühren der Nasenspitzen, die Neger an der Guineaküste durch Knacken der Finger, die Beduinen, indem sie auf den Fremden los jagen u. dicht bei ihm das Gewehr abfeuern, einige Indianerstämme in NAmerika durch das fürchterlichste Geschrei. Von eigener Art sind die B-en z.B. bei Bergleuten, beim Einfahren u. Begegnen: Glück auf! beim Auffahren: Fahrt gesund auf! (s. Berggruß). Beim Militär bestehen die B-en im Marsche im Senken der Fahnen (doch nur vor dem Landesherrn u. dem musternden General) u. des Degens der Stabs- u. anderen Offiziere, u. im Anziehen der Gewehre; beim Gehen der Einzelnen ohne Gewehr im Anfassen des Huts, Czako's od. Helms mit der rechten Hand u. Anfassen od. Abnehmen der Mütze, bei noch höheren zu begrüßenden Personen im Frontmachen; bei auf Posten stehenden Soldaten im Präsentiren des Gewehres vor Stabsoffizieren u. Anfassen desselben bei Subalternoffizieren; bei in Linie stehenden Truppenabtheilungen in Hurrahrufen, ehedem auch in dreimaligem Abfeuern der Gewehre etc. Bei Schiffen, die in Häfen einlaufen od. die sich einander begegnen, bestehen die B-en in mehreren blinden Kanonenschüssen, welche das begrüßte Schiff mit einer geringeren Anzahl Schüsse erwidert. Über die Zahl derselben, von wem die B. angefangen, wenn geantwortet wird etc., geben besondere Reglements Bestimmungen, u. es hängt dies davon ab, ob die Schiffe Kauffahrtei- od. Kriegsschiffe u. von der eigenen od. fremden Nation sind. Auch Streichen der Flagge u. Hurrahrufen gehören zu den B-en zur See. Auch Forts werden von, in deren Häfen einfahrenden Schiffen mit Schüssen salutirt u. antworten.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 491-492.
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