Gleichen [2]

[398] Gleichen, 1) ehemalige Grafschaft in Thüringen; getheilt in die a) Obere Grafschaft mit der Stadt Ohrdruff, 4 QM. u. 16,000 Ew., gehört der Neuensteiner Linie des fürstlichen Hauses Hohenlohe u. liegt zum größten Theil im Herzogthum Gotha, ein kleiner Theil im preußischen Regierungsbezirk Erfurt; u. b) Untere Grafschaft umfaßt die Dörfer Sulzenbrück, Ingersleben, Günthersleben u. Stetten an der Gera, kam 1631 an den Grafen von Schwarzburg u. gehört jetzt zu Schwarzburg-Sondershausen; 2) (Neuen-G.), Amt von 1100 Ew. im hannöverschen Fürstenthum Göttingen, von 1567–1815 im Besitz von Kurhessen, dann an Hannover abgetreten; benannt nach den 3) Beiden G. (Alten u. Neuen G.), zwei Burgruinen unweit Göttingen, von denen die erstere auf hannöverschem, die andere auf kurhessischem Gebiete liegt; sie heißen eigentlich Lichen u. stehen zu den Thüringer G. in keinerlei Beziehung, obwohl die Sage berichtet, daß sie Sitz der Grafen von G. gewesen seien, bis sie sich 1208 in Thüringen niedergelassen hätten; 4) die Drei G., drei Bergschlösser in Thüringen: die Wachsenburg im gothaischen Amte Ichtershausen, jetzt Staatsgefängniß, Mühlberg (Ruine) u. Gleichen (besser erhalten) im preußischen Kreise Erfurt. – Einige setzen die Erbauung der Burg G. in das Jahr 876; 1088 wurde sie von Kaiser Heinrich IV. vergebens belagert. Die verschiedenen Besitzer, an welche G. seit dem Aussterben der Grafen 1630 kam, s.u. Gleichen (Geneal.). Noch um 1800 zeigte man auf G. in der Junkerskammer das Bett, worin Graf Ernst (s. Gleichen) mit seinen beiden Gemahlinnen geschlafen haben soll. Das Stammhaus der Grafen von G. wird jetzt noch erhalten. Die Burg Mühlberg ist vielleicht noch älter als die vorige. Die gräfliche Familie, welcher die Burg seit dem 12. Jahrh. von Mainz zu Lehn gegeben wurde u. die hier residirte, st. 1240 mit Meinhard aus, worauf Mühlberg als erledigtes Lehn an Mainz fiel. Von nun an bewohnten die Hellbach das Schloß, welche mit den Grafen von G. in langer Fehde lagen, weil die Grafen einen jungen unbändigen Hellbach gefangen genommen hatten, der in der Hast bei einer Feuersbrunst auf G. verbrannt war. 1310 wurde Mühlberg von den Erfurtern belagert; 1357 die Hälfte an Erfurt verpfändet, aber 1590 wieder eingelöst. Wachsenburg, angeblich 950 von Meingoth, Abt zu Hersfeld, gebaut u. von Mönchen bewohnt, kam 1306 durch Kauf an die Grafen von Schwarzburg; 1369 versetzten sie diese an Erfurt. Dann kam sie an verschiedene sächsische Häuser, blieb aber seit 1640 bei Gotha. 1452 hatte Apel von Vitzthum die Burg pfandweise inne, wurde aber von den Erfurtern belagert u. herausgetrieben. Die Burg wird jetzt noch als koburg-gothaisches Staatsgefängniß benutzt. Als eine Merkwürdigkeit wird von den drei Burgen noch erzählt, daß sie am 31. März 1231 alle drei zugleich vom Blitze getroffen worden u. abgebrannt wären. Vgl. Hellbach, Archiv der Grafschaft G., Altenb. 1805; Derselbe, Historische Nachrichten von den Bergschlössern G., Mühlberg u. Wachsenburg, Erf. 1802.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 398.
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