Golowin

[460] Golowin, alte russische Familie, führt seit dem Anfang des vorigen Jahrh. den Grafentitel. Merkwürdig sind: 1) Iwan Stephanowitsch, stammte aus der Krim, zeichnete sich unter Iwan dem Schrecklichen gegen die Tataren 1554–84 aus u. wurde zum Bojaren ernannt. 2) Iwan Michailowitsch, General u. Admiral der Galeeren, begleitete Peter den Großen 1697 nach Holland u. Venedig u. wurde nach seiner Rückkehr Generaladjutant des Kaisers u. einer der treuesten Diener desselben. 3) Graf Fedor Alexeiwitsch, Spielgefährte Iwans u. Peters des Großen, wohnte 1686–89 einer Gesandtschaft nach China bei, wurde dann Gouverneur von Sibirien u. gründete daselbst Nertschinsk, wurde Bojar u. befehligte 1607 die Infanterie vor Asow; er war mit bei der Gesandtschaft Leforts an die Höfe Europas, welche Peter den Großen incognito begleitete, unterhandelte einen Handelsvertrag mit England u. 1698 die Tripelallianz gegen die Türkei zu Wien u. wurde deshalb vom Kaiser Leopold I. zum Reichsgrafen ernannt, begleitete dann Peter den Großen von Wien aus, mit Lefort allein, um den ausgebrochenen Aufruhr der Strelitzen zu unterdrücken, wurde nach Leforts Tode Großadmiral von Rußland, Minister des Auswärtigen u. Feldmarschall u. st. 1706 in Kleinrußland, wohin er sich zum Kaiser begeben hatte. Er war einer der größten Beförderer der Wissenschaften in Rußland. 4) Alexei Alexeiwitsch, Bruder des Vorigen, begleitete diesen auf mehreren Gesandtschaften u. wohnte als Generalmajor der Schlacht bei Pultawa bei; er verlor, in Ungnade gekommen u. streng bestraft, 1713 den Verstand. 5) Artaman Michailowitsch, Vetter des Vorigen, genoß der besonderen Gunst Peters des Großen u. war demselben in der Organisation des Heeres behülflich; er st. 1720. 6) Iwan Michailowitsch, Admiral u. Günstling Peters des Großen, erlernte mit ihm den Schiffbau in Holland u. stand ihm eifrig bei der Errichtung der Flotte, so wie auch in der Schlacht bei Hanyded zur Seite u. st. 1738. 7) Niklas Fedorowitsch, ältester Sohn von G. 3), Seemann, wurde 1725 außerordentlicher Gesandter in Schweden u. 1733 unter der Kaiserin Anna Admiral u. Präsident des Admiralitätscollegiums; bei der Kaiserin Elisabeth fiel er als Befehlshaber der Flotte gegen Schweden in Ungnade, erhielt seinen Abschied, reiste ins Ausland u. starb 1745 in Hamburg. 8) Fürst Eugen Alexandrowitsch G. I., General der Infanterie, wurde 1840 Generalgouverneur von Kaukasien u. Oberbefehlshaber der transkaukasischen Südarmee, von welcher Stellung er im er October 1842 wegen des unglücklichen Feldzugs gegen die Lesghier abberufen wurde; seit 1845 verwaltete er[460] das Generalgouvernement von Livland, Esthland u. Kurland u. wurde im April 1848 in den Ruhestand versetzt. 9) Iwan, Prinz Howna genannt, geb. um 1808 in Rußland, jedoch seit 1843 in England naturalisirt, lebte mehrere Jahre in Frankreich, kam 1848 nach Deutschland u. besuchte Polen; er ging 1849 nach Paris zurück, wurde aber von hier ausgewiesen u. begab sich nach England; 1851 zum zweiten Mal aus Paris ausgewiesen, nahm er seinen Aufenthalt in Piemont, wo von ihm die Wochenschrift Journal de Turin seit April 1852 erschien, die jedoch nach wenigen Monaten einging, da G. auch aus Turin gewiesen wurde. Er lebte dann in England u. wurde 1856 mit der Bedingung amnestirt, weder in Petersburg noch in Moskau seinen Aufenthalt zu nehmen. Er schr.: Esprit de l'économie politique, Par. 1843; Science de la politique, ebd. 1844; Pierre le Grand, 1644; La Russie sous Nicolas I., ebd. 1845; Réfutation du livre de Mr. le Marquis de Custine »La Russie en 1839«, ebd. 1844; Des économistes et des socialistes, ebd. 1845; Types caractères russes, ebd. 1847; Das revolutionäre Europa, Lpz. 1849; Japan and the Japanese, Lond. 1852; Der russische Onkel Tom 1853; Der Kaukasus, 1853.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 460-461.
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