Ionien

[33] Ionien (spr. I-onien, a. Geogr.), Land der Ioner (Iōnes), einer der vier griechischen Hauptstämme, nach Ion (s.d.) benannt, s. Griechenland (Gesch.). Die Ioner, das weichlichste u. leichtsinnigste, aber durch Kunst u. Wissenschaft ausgezeichnetste Volk unter den Hellenen, ließen sich auf der 1) Nordküste des Peloponnesos (Ägialea) nieder, nachher Achaia genannt, s. Achaia (Gesch.) u. Ion 1); von den Herakliden u. Doriern gedrängt, zogen die Ioner von hier nach der 2) Küste von Attika, daher Attika (s.d.) auch I. hieß; von Attika gingen unter Neleus mehrere Züge Ioner nach der 3) Westküste Kleinasiens, u. für diese blieb nun der Name I. Dies I. umfaßte die Küstenstrecke zwischen dem Hermos u. Mäander (jetzt Sighla), wo sich nach u. nach die 12 (mit Smyrna aber 13) Städte Phokäa, Smyrna, Klazomenä, Erythrä, Chalkis, Teos, Myonesos, Lebedos, Kolophon, Ephesos, Priene, Myos u. Miletos (s.d. a.) erhoben, die unter sich ein Schutz- u. Trutzbündniß (Ionischer Bund) gemacht hatten. Dieser Bund hatte seine Zusammenkünfte an dem Orte Panionion bei Ephesos am Berg Mykale, wobei auch Spiele (Panionia) zu Ehren des Poseidon gefeiert wurden. Die Bundesgesandten hießen Probulol. Die Ioner hatten in diese Niederlassungen ihre Industrie u. Gewerbsamkeit aus Hellas mitgebracht, u. dieselben wurden bald blühend durch Handel, Kunst, Poesie u. Wissenschaft u. ihrem Stammland Lehrer u. Vorbilder. Homeros, Hippokrates, Thales, Pythagoras, Xenophanes, Anaxagoras, Parrhasios, Apelles u.a. waren aus I. (vgl. Ionische Philosophie). Ihr Reichthum hatte schon den König Krösos von Lydien zu ihrer Unterwerfung angelockt, aber erst den persischen Großkönigen gelang es, sie 544 v. Chr. in ihre Abhängigkeit zu bringen. Bald unzufrieden mit dem persischen Regiment, erregten sie 503 v. Chr. einen Aufstand, der jedoch zur Folge hatte, daß eine der 12 Städte nach der andern, zuletzt das Haupt Milet 498 v. Chr., von den Persern wieder erobert wurde. Zwar befreite der Kimonische Friede die 12 Städte von der Herrschaft der Perser, u. der Bund trat von Neuem in Wirksamkeit, aber schon der Antalkidische Frieden 387 v. Chr. überließ sie wieder den persischen Herrschern. Dessen ungeachtet blühten in ihnen Handel u. Gewerbe fort u. nahmen noch zu, als sie seit Alexander dem Großen unter macedonische Herrschaft kamen; unter den Römern wurden sie selbst Sitze der Künste u. Wissenschaften u. sanken erst, als die Kaiser von Byzanz sie nicht weiter schirmen konnten u. die Osmanen ihre letzte Blüthe vernichteten. Nur in Smyrna hat sich noch jetzt diese Blüthe erhalten.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 33.
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