Pergămon

[824] Pergămon (Pergamum, a. Geogr.), 1) (Pergamia), Stadt im Innern Kretas, im Gebiete von Kydonia, von Agamemnon angelegt; j. Platania; 2) (Pergăma), das Schloß in Troja, s.d.; 3) Stadt in Mysien, unter dem Pindasos, an dem Kaikos, Selinos u. Ketios; als ihr Hafen galt Eläa. P. war der Sitz des Pergamenischen Reiches, Sitz der Künste u. Wissenschaften, welche bes. an Eumenes II. einen ausgezeichneten Gönner fanden, welcher auch die berühmte Pergamenische Bibliothek gründete, die aus 2000 Rollen bestehend, von Antonius nach Ägypten abgeführt u. der Kleopatra geschenkt u. mit der Alexandrinischen vereinigt wurde. Auch war hier ein, dem alexandrinischen ähnliches Museum, dessen Mitglieder den Pergamenischen Canon (s.u. Canon 11) abfaßten. Hier wurde das Pergament (s.d.) erfunden od. wenigstens verbessert u. der Arzt Galenus geboren. Das heutige P. (Pergamo) ist ein freundlicher Ort im Liwa Szarukhan des im asiatisch-türkischen Ejalet Aidin (Lydien) durch Fort u. Mauern geschützt, mit etwa 12,000 Ew. Ein halbzerstörtes Gebäude, eine dem Andenken des St. Johannes geweihte Kirche, ist aus der Zeit des ersten Jahrh. n. Chr., wo dort bereits eine christliche Gemeinde bestand, der einzige Überrest des Alterthums. P. wurde im Mai 1823 von den Türken geplündert u. angezündet. Die Pergamenier verehrten als Gründer ihrer Stadt den Eurypylos u. den Epiroten Pergamos, Sohn des Pyrrhos u. der Andromache, welcher nach dem Tode seines Vaters nach Asien gegangen sein, im Zweikampfe den Areus, König von Teuthranien, getödtet u. das Schloß Pergamon gegründet haben sollte. Das Gebiet von P. gehörte früher zu Lydien, kam dann zu Persien u. endlich zu Macedonien. Bedeutend wurde P. erst unter den Nachfolgern Alexanders des Großen. Der Eunuch Philetärosaus Bithynien, Schatzmeister des Königs Lysimachos von Thracien, wurde Statthalter in P., u. zugleich wurde P. wegen seiner festen Lage die Schatzkammer des Lysimachos. In den auf die Ermordung des Seleukos Nikator folgenden Unruhen machte sich Philetäros unabhängig u. gründete das Pergamenische Reich. Syrer, Bithynier u. Gallier griffen ihn umsonst an, er behauptete sich u. hinterließ 264 v. Chr. das Reich seinem Neffen Eumenes I. Die Uneinigkeit der Seleukiden benutzend, machte dieser große Eroberungen in Asien, welche er durch Besiegung des Antiochos von Syrien befestigte, u. st. 242. Sein Brudersohn Attalos I. nahm zuerst den königlichen Titel an u. wurde so eigentlicher Stifter des Pergamenischen Reiches. Von den Syrern verdrängt, wurde er von den Galatern wieder eingesetzt. Er war Bundesgenoß der Römer gegen Macedonien, Beförderer der Industrie u. Gelehrsamkeit, legte den Grund zu der nachmals so berühmten Pergamenischen Bibliothek u. st. 108. Die Macht seines Sohnes Eumenes II., welcher ihm 198 folgte, wuchs durch die Römer ungemein. Weil er dieselben gegen Antiochos den Großen reizte, fiel dieser während des Krieges mit den Römern in P. ein, aber Eumenes entschied den Sieg der Römer bei Magnesia u. bekam dafür den Thracischen Chersones u. die Länder des Antiochos diesseits des Tauros 189 v. Chr. Bald darauf in einem Kriege mit dem Könige Prusias von Bithynien geschlagen, erhielt er durch Vermittlung der Römer einen billigen Frieden; auch gegen König Pharnakes von Pontos u. im Bunde mit den Römern gegen König Perseus von Macedonien führte er Kriege. Eumenes war Beschützer der Kunst u. eigentlicher Gründer der Pergamenischen Bibliothek u. ließ, weil die Ptolemäer die Ausfuhr des Papyrus verboten, zuerst Pergament bereiten. Ihm folgte 158 sein Bruder Attalos II. Philadelphos als Reichsverweser während der Minderjährigkeit seines Neffen Attalos III. 21 Jahre hindurch. Er war Freund der Römer, Feind des Königs Prusias von Bithynien, Beförderer der Wissenschaften u. st. 138. Attalos III. Philometor, Sohn des Eumenes u. der Stratonike, regierte grausam, mordete seine Verwandten, wurde wahnsinnig u. vermachte bei seinem Tode 133 seine Privatgüter den Römern, diese nahmen aber auch das Reich u. verwandelten es, unter dem Namen Asia propria, in eine römische Provinz. Zwar schlug Aristonikos, ein, königlicher Verwandter, den Crassus, wurde aber 130 von Perpena besiegt. P. blieb auch unter den Römern Hauptstadt der Provinz Asia u. als Mittelpunkt aller Hauptstraßen durch Westasien die berühmteste Stadt Asiens, wo sich auch früh eine christliche Gemeinde bildete. Als aber Ephesos unter den byzantinischen Kaisern die Hauptstadt wurde, sank P. in Ansehen u. Wohlstand.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 824.
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