Rau

[840] Rau, 1) Johann Heinrich, geb. 1658 zu Baden im Badenschen, war Anfangs Schiffschirurg in holländischen Diensten, studirte in Leyden u. Paris Medicin, ging nach Amsterdam, wo er Ruf als Chirurg bes. im Steinschnitt erlangte u. seit 1696 öffentliche Vorträge hielt; 1713 wurde er Professor der Anatomie in Leyden u. st. hier 1719. Er entdeckte den nach ihm genannten Ravianus processus, d. i. das spatenförmige Ende des langen Fortsatzes des Hammers im inneren Ohr, welches bei Embryonen u. kleinen Kindern meist in eine lange, gekrümmte, am Ende flachig elastische Gräte ausläuft, welche dann meist mit dem Paukenfell verwächst. Fälschlich nennt man auch den Fortsatz selbst (Processus folii) so. 2) Christian, geb. 1744 in Leipzig, studirte die Rechte u. wurde 1775 Professor, 1793 Domherr zu Naumburg u. 1796 zu Merseburg, 1809 Prälat u. st. 1818. Er ist durch eine Menge pikanter Anekdoten bekannt. 3) Johann Wilhelm, geb. 1745 zu Rentweinsdorf in Franken, wurde 1770 theologischer Repetent, 1773 Rector an der Schule zu Peina, 1775 Gymnasiarch u. Professor der Theologie zu Dortmund, 1778 zu Erlangen u. st. 1807; er schr.: Untersuchung über die Typologie, Erl. 1784; Materialien zu Kanzelvorträgen über die Episteln u. Evangelien, n.A. von Vogel, Erl. 1810, u.a.m. 4) Sebastian Fulco Johann, geb. 1765 in Utrecht; wurde 1785 Prediger in Harderwyk, dann in Leyden, 1788 Professor der Theologie, der Orientalischen Sprachen u. der Alterthümer u. st. 1807; er schr.: Descriptio et excerpta libri Ahmedis Teifaschii de gemmis et lapidibus preciosis, Leyd. 1784; seine Sermons sur diverses textes de l'écriture sainte, Leyd. 1809 (deutsch von Magdal Henriette Eßler, geb. Rau, Marb. 1812); vgl. R-s Leben u. Charakter, aus dem Holländischen von M. H. Eßler, Siegen 1810. 5) Gottlieb Ludwig, geb. 1779 in Erlangen, war seit 1801 Privatdocent daselbst, dann Leibarzt u. Physicus in Schleiz, seit 1813 Physicus in Lauterbach u. st. 1841; er schr.: Über die Reichsche Fiebertheorie, Erl. 1801; Anleitung zweckmäßige Krankheitsberichte zu verfertigen, Gießen 1807; Handbuch für Hebammen, ebd. 1807; Die Hämorrhoidalkrankheit, ebd. 1821; Über den Werth des homöopathischen Heilverfahrens, Heidelb. 1824; Über die Erkenntniß u. Heilung des Nervenfiebers, Darmst. 1829; Geschichte u. Bedeutung des homöopathischen Heilverfahrens, Gieß. 1833; Beiträge zur homöopathischen Heilkunst, ebd. 1834, 1 Heft; Organon der specifischen Heilkunst, ebd. 1838. 6) Karl David Heinrich, geb. 1792 in Erlangen, studirte seit 1808 Cameralia daselbst, wurde 1812 hier Privatdocent, 1818 Professor der Philosophie u. Universitätsbibliothekar, 1822 Professor der Staatswissenschaften u. Nationalökonomie in Heidelberg. Er war 1837–40 Mitglied der ersten Kammer u. 1851 der Zollvereinscommission zur Berichterstattung über die Londoner Industrieausstellung; er schr.: Über das Zunftwesen u. die Folgen seiner Aufhebung (Preisschrift), Gött. 1814, 3. A. Lpz. 1828; Ansichten der Staatswirthschaft, Lpz. 1820; Grundriß der Cameralwissenschaft, Heidelb. 1823; Über die Cameralwissenschaft, ebd. 1825; Lehrbuch der politischen Ökonomie, Heidelb. 1826–37, 3 Bde., 4. A. 1860; Über die Landwirthschaft der Rheinpfalz, ebd. 1830; übersetzte H. Storchs Handbuch der Nationalwirthschaftslehre, Hamb. 1820; Malthus u. Say, Über die Ursachen der jetzigen Handelsstockung, ebd. 1821; u. gibt seit 1834 das Archiv der politischen Ökonomie heraus. 7) Wilhelm, Sohn von R. 5), geb. 1804 in Schleiz, wurde 1827 Privatdocent in Gießen u. 1834 Professor der Augen- u. Kinderkrankheiten in Bern; er schr.: Über die Erkenntniß, Entstehung u. Heilung der Staphylome des menschlichen Auges, Heidelb. 1828; Handbuch der Kinderkrankheiten, Frankf. a. M. 1832; Die Verrichtungen des fünften Nervenpaares, Lpz. 1832; Grundlinien der Pathologie, Frankf. a. M. 1834; Worin ist die unnatürliche Sterblichkeit der Kinder in ihrem ersten Lebensjahre begründet, Bern 1836 (Preisschrift), 2. Aufl. 1840; Lehrbuch der Ohrenheilkunde, Berl. 1856; 8) Heribert, erlernte die Kaufmannschaft u. wendete sich seit dem Aufkommen des Deutschkatholicismus dieser religiösen Richtung zu, studirte noch Theologie, wurde zum Prediger der deutsch-katholischen Gemeinde in Stuttgart u. 1849 in Manheim ernannt, aber im Juni 1856 von der Regierung[840] seiner Stelle enthoben; er schrieb die Romane: Die Pietisten, Stuttg. 1841, 3 Bde.; Thaddäus Kosciuszko, ebd. 1243; Kaiser u. Narr, Lpz. 1845; Mozart, Frankf. 1858, 6 Bde., 2. Aufl. 1860; Beethoven, Frankf. 1859, 4 Thle.; A. v. Humboldt, ebd. 1860, 7 Bde.; Jean Paul, Lpz. 1861, 4 Thle.; ferner: Evangelium der Natur, Mannh. 1853; Feuerflocken der Wahrheit (Predigten), Wiesb. 1854; Katechismus der Kirche der Zukunft, 1855; Biographien berühmter Männer, Stuttg. 1855; Der Friedensfürst, Frankf. 1855; Neue Stunden der Andacht, Lpz. 1859; Apostelgeschichte des Geistes, Neust. 1859.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 840-841.
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