Vermandois

[493] Vermandois (spr. Wermangdoa), sonst Landschaft (Anfangs Grafschaft, später Herzogthum) in der französischen Provinz Picardie; Hauptstadt: St. Quentin (Augusta Veromanduorum); gehört jetzt größern Theils zum Departement Aisne, geringern Theils zum Departement Somme. – V. war das Land, welches zu gallischer Zeit die Veromandui inne hatten. Im Mittelalter wurde V. von den Grafen von V. besessen, welche vom König Bernhard von Italien, Urenkel Karls des Großen, abstammen wollten. Bernhards Sohn, Pipin, erhielt von Ludwig dem Frommen, da ihm derselbe Italien genommen hatte, einen Theil von V., nämlich die Herrschaften St. Quentin (woher die folgenden Grafen den Titel als Äbte von St. Quentin führten) u. Peronne in Lehn. Graf war erst sein Sohn Heribert (Herbert) I., diesen ließ 902 der Graf von Flandern ermorden. Ihm folgte sein Sohn Heribert II.; dieser war bei dem Thronstreit nach Roberts Tode bald für Rudolf von Burgund, bald für Karl den Einfältigen. Mit seinem Schwiegersohn, Hugo dem Großen, bekämpfte Heribert 929 wegen Erbschaftsangelegenheiten Rudolfs Bruder, Boso, doch entzweiten sich Heribert u. Hugo bald darauf. Zwar stellte König Rudolf 930 den Frieden her, doch bald fiel Heribert von Rudolf ab, u. nun entstand zwischen dem von den Lothringern unterstützten Heribert auf der einen u. Rudolf u. Hugo auf der anderen Seite Fehde bis 937. Unter abwechselndet Waffenruhe bekriegte Heribert auch Rudolfs Nachfolger, Ludwig über dem Meere, bis endlich Kaiser Otto der Große 942 den Frieden vermittelte; Heribert II. st. 943. Nach ihm erhielt V. sein zweiter Sohn, Albert I. der Fromme, nach dessen Tode 988 sein Sohn Heribert III., um 1000 dessen Sohn Albert II. Schon um 1015 hatte er, als er in das Kloster ging, seinem Bruder Otto die Grafschaft übergeben, da er aber das Kloster wieder verließ, nahm er sie demselben wieder; nach seinem Tode um 1021 folgte ihm Otto; diesem folgte 1045 sein Sohn Heribert IV. u. erhielt 1077 durch seine Gemahlin Hildebrande (Adele), die Erbtochter des Grafen Simon von Valois, die Grafschaft Valois. Da auf Anfordern der Barone sein Sohn Endes der Unsinnige enterbt worden war (von diesem stammten die alten Herren von St. Simon ab), so folgte ihm 1080 seine Tochter Adelaide. Deren Gemahl, Hugo der Große, Sohn des Königs Heinrich I. von Frankreich, st. 1101 auf seiner Rückkehr aus Palästina in Tarsos. Ihm folgte in V. sein Sohn Raoul I., nach seiner Mutter Tode 1118 auch in Valois. Er wurde, als ein treuer Anhänger des Königshauses, mit Abt Suger Minister, u. als sein Schwager, König Ludwig der Jüngere, nach Palästina zog, mit Suger Reichsverweser Er st. 1151, u. 1152 folgte ihm sein u. seiner zweiten Gemahlin, Petronella von Guyenne, Sohn Raoul II. unter Vormundschaft des Grafen Waleran von Meulent u. des Grafen Ives von Soissons. Da er schon 1167 kinderlos starb, so erhielt V. u. Valois seine Schwester Isabelle, vermählt mit Philipp von Elsaß u. Flandern. Als Isabelle 1183 starb, so entstand ein Streit zwischen ihrem Gemahl Philipp u. ihrer Schwester Eleonore, welche dem König Philipp August V. überließ, der nun den Grafen Philipp vertrieb u. V. mit der Krone verband. Die Grafschaft wurde später zum Herzogthum u. zur Pairie erhoben U.Ludwig XIV. schenkte sie Ludwig von Bourbon, seinem natürlichen Sohn[493] von der Herzogin von Valière, welcher 1667 geboren u. 1669 legitimirt wurde, aber schon 1681 starb, worauf das Herzogtum an die Bourbon-Condé kam.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 493-494.
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