Kurland

[684] Kurland ist eine russ. Statthalterschaft, welche 473 ! M. mit 600,000 Einw. umfaßt und zwischen dem rigaischen Meerbusen, Liefland, Witepsk, Wilna und der Ostsee liegt, eine von Hügeln durchzogene Ebene bildet und reich an Waldungen, Sümpfen und Seen ist. Die Düna bildet die Nordgrenze und außer ihr hat K. noch die Küstenflüsse Windau und Aa. Der Boden ist größtentheils fruchtbar und bringt Holz, Hanf, Flachs, Getreide, Eisen und Torf. An den Küsten wird Fischerei, im innern Lande Bienen- und Viehzucht getrieben. Das Klima ist zwar rauh, aber gesund, und die Einwohner sind Liven, Deutsche, Polen und Juden. In K. und Liefland herrschte früher der deutsche Orden, bis der letzte Heermeister, Gotthard Kettler, 1561 Liefland abtrat, K. aber als in seiner Familie erbliches Herzogthum von der Republik Polen zu Lehn nahm. Seine Nachkommen herrschten bis 1737, wo dieselben ausstarben. Die Witwe des vorletzten Herzogs, Anna, hatte 1730 den russ. Thron bestiegen und brachte es 1737 dahin, daß ihr Günstling und Oberkammerherr, der Graf Ernst Johann von Biron, zum Herzoge gewählt wurde. Nach Anna's Tode wurde 1740 Biron nach Sibirien verwiesen und nun wurde erst der Herzog Ludwig Ernst von Braunschweig, dann, weil diesen Polen nicht anerkannte, der poln.-sächs. Prinz Karl zum Herzog gewählt. Die russ. Kaiserin Katharina II. setzte jedoch den aus Sibirien zurückgerufenen Biron 1763 wieder zum Herzog ein, der darauf auch von Polen anerkannt wurde und 1769 die Regierung seinem Sohne Peter überließ. Die poln. Revolution drohte sich auch auf K. auszudehnen und der kurländ. Adel, um einen festen Schutz für seine Vorrechte zu erlangen, beschloß 1795 auf einem Landtage, K. unbedingt an Rußland zu übergeben. Der Herzog Peter hielt sich in Petersburg auf und erfuhr hier durch eine Deputation den Beschluß der Stände [684] Da sein einziger Sohn 1790 gestorben war und er nur noch vier Töchter besaß, so unterzeichnete er zu Petersburg die Abtretungsurkunde an Rußland, indem eine Seitenlinie seines Hauses, welcher noch jetzt die Standesherrschaft Wartenberg in Schlesien gehört, durch eine jährliche Rente von 36,060 Thlr. abgefunden wurde. Durch einen kais. Ukas wurde 1817 die Urkunde bestätigt, durch welche der kurländ. Adel den Bauernstand in K., welcher bisher wie in Polen in der Leibeigenschaft schmachtete, für frei erklärte. – Die Hauptstadt von K., Mitau, zählt 16,000 Einw., von denen die Mehrzahl Deutsche sind. Der seit 1822 vollendete Jakobskanal versorgt die Stadt mit Wasser. Sie enthält mehre wissenschaftliche Anstalten, namentlich, welches zugleich von dem ganzen Lande gilt, ausgezeichnete Schulen. Außerdem sind noch die Hafenplätze Windau und Libau von Wichtigkeit.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 684-685.
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