Landkarten

[696] Landkarten sind Abbildungen der Erdoberfläche oder eines Theils derselben, gewöhnlich nach der Vertheilung der Gebirge, Flüsse, Seen und Meere, nach der Lage der bewohnten Orte und nach den politischen Grenzbestimmungen, auf ebenen Flächen. Durch den letztern Umstand unterscheiden sich die Landkarten wesentlich von den Globen (s.d.), bei denen die äußere Gestalt der Erde auf einer Kugel verzeichnet ist. Landkarten lassen sich bequemer handhaben als Globen und gestatten eine Darstellung nach größerm Durchmesser, können mithin auch genauer sein. Stellen Landkarten die ganze Erdoberfläche dar, so werden sie Planigloben oder Universalkarten genannt; stellen sie einen Erdtheil oder ein größeres Land dar, so heißen sie Generalkarten; zeigen sie endlich eine kleinere Landschaft nach ihren Einzelnheiten, Specialkarten. Die topographischen Karten haben namentlich den Zweck, die örtliche Beschaffenheit eines bestimmten Landstrichs im Grundriß vor Augen zu stellen. Die Seekarten stellen die Meere nach ihren Begrenzungen durch Festland und Inseln, sowie nach ihren Untiefen, Sandbänken, Klippen, Strömungen u. dgl. dar. Wie diese vorzugsweise für den Seefahrer bestimmt sind, so sollen dem zu Lande Reisenden die Post- und Reisekarten zur Orientirung dienen, und dieselben enthalten daher vorzugsweise die Straßen und die mit ihnen in Verbindung stehenden Anstalten. Die Kriegskarten berücksichtigen entweder vorzugsweise überhaupt die Örtlichkeiten, welche bei der Kriegführung in Betracht kommen, oder sind wol auch zur Übersicht der Operationen bestimmt, welche in einem bestimmten Kriege ausgeführt worden sind. Endlich entwirft man noch Karten zu bestimmten wissenschaftlichen Zwecken: hydrographische oder Flußkarten, um den Lauf der Ströme und ihre Flußgebiete zu übersehen; orographische oder Gebirgskarten, um die Verzweigungen und Erhebungen der Gebirge darzustellen; geognostische, um die mineralogische Beschaffenheit der Erdoberfläche zu lehren; zoologische, um die Vertheilung der Thierwelt über den Erdboden zu bezeichnen u.s.w. Der Landkartenzeichner muß stets, damit eine Orientirung möglich sei, von der mathematischen Eintheilung der Erdoberfläche ausgehen, daher ist seine erste Arbeit die Vorzeichnung der Meridiane und Parallelkreise, wodurch er ein Netz oder einen Rost erhält, in welchen dann die einzelnen Bezeichnungen eingetragen werden, denn die Lage eines jeden Orts ist genau durch seine geographische Länge und Breite bestimmt. Werden in der Karte nur kleine Theile der Erde vorgestellt, so ist die Krümmung, welche gemäß der kugelförmigen Gestalt der Erde die darzustellende Gegend wirklich hat, verhältnißmäßig nur unbedeutend, und man begeht keinen merklichen Fehler, wenn man die Meridiane als gerade, sich untereinander rechtwinklich schneidende Linien darstellt. Viel schwieriger aber ist es, größere Theile der Erdoberfläche so darzustellen, daß die wahre (kugelförmige) Gestalt der Erde genau berücksichtigt wird, indem die Kunst des Landkartenentwerfens, das Mappiren, genauere mathematische Kenntnisse und viele Übung erfodert. Wenn das Auge eine Kugelfläche übersieht, so erscheint ihr diese stets in Gestalt einer Ebene, doch so daß die einzelnen Punkte der Fläche je nach der Krümmung derselben eine andere Lage und andere Entfernungen gegeneinander einzunehmen scheinen, als wirklich der Fall ist. Es kommt hierbei namentlich auch auf die Stellung an, welche das beobachtende Auge gegen die Ebene einnimmt. Man nennt im Allgemeinen die Darstellung einer krummen Fläche in einer Ebene oder genauer die Angabe, welche einzelne Punkte einer Ebene den einzelnen Punkten einer krummen Fläche bei einer gewissen Stellung der Ebene gegen die krumme Fläche entsprechen, eine Projection, und es kommt folglich beim Landkartenzeichnen stets auf Darstellung solch einer Projection an.

Schon in sehr frühen Zeiten hat man Versuche zur Entwerfung von Landkarten gemacht, doch können dieselben bei den mangelhaften geographischen und mathematischen Kenntnissen nur sehr schwach ausgefallen sein. Als die Griechen zunächst in diesen Wissenschaften Fortschritte machten, haben sie sich auch in der Kunst des Kartenzeichnens vervollkommnet. Im 5. Jahrh. v. Chr. wurden von Agathodämon 26 Karten zu Ptolemäus' Geographie gezeichnet. Eine wesentliche Verbesserung erfuhren die Landkarten indeß erst in der Mitte des 16. Jahrh. durch Gerhard Mercator, welcher die Projectionsmethode erfand. Später haben dann Cassini, Delisle, Tob. Maier das Landkartenzeichnen noch tiefer mathematisch begründet und seitdem haben England, Frankreich und Deutschland in Hervorbringung ausgezeichneter Landkarten gewetteifert. – Die gewöhnlichste und vortheilhafteste Weise, die Landkarten zu vervielfältigen, ist der Kupferstich, weniger leistet der Steindruck und noch weniger Beifall hat der Versuch gefunden, Karten mit Lettern zu drucken. Ein Deutscher, Sweynheim, gab zuerst 1478 einem Italiener Veranlassung und Anweisung zum Stechen der Landkarten. Ansehnliche Sammlungen von Landkarten sind in Paris im Dépôt de la guerre, in Petersburg, in Dresden (die Adelung'sche) und die des Erzherzogs Karl von Östreich in Wien.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 696.
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