Majestät

[29] Majestät. Unter diesem aus der lat. Sprache hergenommenen Ausdrucke wird im Allgemeinen eine Alles übertreffende Macht, Hoheit und Würde verstanden, daher man vorzüglich von der Majestät Gottes spricht und majestätisch prachtvolle Naturerscheinungen nennt, die ganz besonders von der unvergleichlichen Größe Gottes zeugen. Aber auch von Menschenwerken, z.B. von außerordentlich großartigen und kunstreichen Gebäuden, von dem Anblick einer zahlreichen, bei günstigem Winde einhersegelnden Flotte, wird das Beiwort majestätisch gebraucht. Der Ehrentitel Majestät wird nur Fürsten beigelegt, welche den Kaiser- und Königstitel führen, allein die damit verbundene persönliche Würde, Unverletzlichkeit und Unverantwortlichkeit und die Majestätsrechte kommen überhaupt jedem europ. Souverain zu. Unter letztern werden diejenigen Befugnisse verstanden, welche dem Staatsoberhaupte ausschließlich zustehen und im Allgemeinen als die Ausübung der höchsten Gewalt in Allem bezeichnet werden können, was mit dem Wohle des Staats in Verbindung steht. Dazu gehört denn vornehmlich die Erhaltung der unverkürzten Selbständigkeit und des Gebiets des Staats und das Recht, mit andern Staaten Krieg zu führen und Frieden und andere Verträge zu schließen; ferner das Recht der Oberaufsicht behufs der Aufrechthaltung der Ordnung und des dem Eigenthum zu gewährenden Schutzes, die Justizhoheit, Strafgerechtigkeit, Kirchenhoheit, die Erziehung des Volks und die Herbeischaffung der zu allen diesen Zwecken erfoderlichen Geldmittel. Diese Rechte umfassen zugleich schwere Pflichten, an die man aber in frühern Zeiten oft sehr wenig dachte, sondern desto mehr auf einzelne Vor- und Ehrenrechte und zum Theil zufällige Nutzungen hielt, welche zu den Majestätsrechten gezählt wurden und die man jetzt im engern Sinne Regalien (s.d.) nennt. Diese letztern können an andere Personen verliehen, sowie einzelnen Unterthanen und ganzen Vereinen und Ständen derselben erlassen werden; die erstern aber und weil deren Ausübung den Regenten oder Souverain ausmacht, sind unveräußerlich, sie können Niemand in ihrer obersten Verwaltung überlassen und Niemand im Staate darf ihrer Wirksamkeit entzogen werden. So lange sie daher zweck- und vernunftgemäß ausgeübt werden, müssen sie nothwendig unantastbar und unverletzlich sein, und darauf beruht der Begriff des Majestätsverbrechens oder Verbrechens der beleidigten Majestät, lat. crimen laesae majestatis. So wird nämlich jede absichtliche, wörtliche oder thätliche Verletzung der unter Majestät verstandenen, über jede andere erhabenen Würde, in der Person des Oberhauptes eines Staats genannt, unter dessen Gesetzen Jemand steht. Ein solches Verbrechen kann also blos gegen den Regenten selbst, gegen Mitregenten und überhaupt nur gegen die Würde von Personen begangen werden, welche im Staate die Obergewalt ausüben, also nicht gegen die Gemahlin des Regenten und andere Familienglieder oder gegen Minister und andere höhere Beamte. Mit dem Hochverrathe (s.d.), der die Einheit und Sicherheit des Staats zu vernichten trachtet, darf das Majestätsverbrechen nicht verwechselt werden, obgleich es damit verbunden sein kann. Würde z.B. Jemand das Staatsoberhaupt aus persönlicher Rache umbringen, so wäre er Majestätsverbrecher, geschähe dasselbe aber in der Absicht, den Staat dadurch in die Gewalt eines Feindes zu liefern, so würde er zugleich Hochverräther sein.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 29.
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