Neuseeland

Neuseeland

[274] Neuseeland heißen zwei große Inseln von Australien, östl. von Neuholland gelegen und voneinander nur durch die 4–5 Seemeilen breite Cooksstraße getrennt.

Die nördl. wird von den Eingeborenen, deren Anzahl man im Ganzen auf 150,000 annimmt, Ika-na-Mawi genannt und hat 1800 ! M., die südl. Tavai-Poenamu hat über 4200 ! M.; waldreiche, hohe Gebirge, zum Theil mit stets von Schnee bedeckten Gipfeln, durchziehen beide Inseln, erheben sich auf der Nordinsel im Pic Egmont zu 14,370 F. und ragen in zahlreichen Vorgebirgen in die See, die besonders an der Ostküste zahlreiche Buchten und Baien bildet, von denen die Mörderbai an einen mörderischen Überfall der Mannschaft des Holländers Tasman durch die Eingeborenen erinnert, welcher 1642 N. entdeckte, und in der Wangaroabai 1809 die Besatzung eines engl. Schiffes ermordet wurde. Das Klima ist sehr gemäßigt, bringt aber häufig Nebel und Stürme mit sich; fruchtbar ist besonders die Nordinsel, welche reichliche Bewässerung und den Fluß Themse hat, der an seiner Mündung mehre Meilen breit ist. Von Landeserzeugnissen liefert das Pflanzenreich herrliches Bauholz, namentlich von der Bergfichte oder Cowrie, die oft bis zu den ersten Zweigen 100 F. hoch ist; Kürbisse, Yams, süße Pataten, allerhand Obst, sowie Kartoffeln und von Europäern hierher verpflanzte Gemüse und Getreidearten. Eigenthümlich ist diesen Inseln der neuseeland. Hanf (Phormium tenax), aus dessen spinnbaren Fasern sich die Eingeborenen Kleider, sowie [274] Stricke, Schnüre, Netze bereiten, die unsere von Hanf verfertigten an Dauer weit übertreffen, daher man in England den Anbau dieser, von Jos. Banks (s.d.) 1770 entdeckten Pflanze versucht hat und die daraus gewonnene Art Hanf von N. einführt. Diesen liefern nicht die Stengel, sondern die 6–8 F. langen, am Stiele 5–6 Zoll breiten Blätter, doch ist die Zubereitung desselben noch sehr unvollkommen. Von Säugthieren waren Hunde die größten, welche man hier vorfand, zu denen aber durch die Europäer Pferde, Rindvieh und Schweine gekommen sind, welche sich im wilden Zustande stark vermehrt haben. Außerdem gibt es Fledermäuse, Ratten, viel Wasservögel und im benachbarten Meere Walfische, Seehunde und Überfluß an Fischen und Schalthieren; von Mineralien hat N. Marmor, Sandstein, Thonschiefer, Achat, Bimsstein und Basalt, die auf vulkanische Erscheinungen hinweisen und Jade, ein lauchgrüner Talkstein, welchen die Einwohner Punammustein nennen und vor Bekanntschaft mit europ. Geräthschaften zu Beilen und Messern verarbeiteten, jetzt aber blos zu Zierathen verwenden. Die Eingeborenen gehören zu den der malaiischen Race verwandten Australiern, sind gelbbraun von Farbe, hoch gewachsen und kräftig gebildet, mit großentheils ausdrucksvollen Gesichtszügen, kühn und kriegerisch, aber auch rachsüchtig und die einzelnen Stämme befehden einander häufig. Das lange Haar tragen die Männer auf dem Scheitel zusammengebunden und mit Federn verziert; die Zähne erschlagener Feinde, von denen die Gefangenen, sowie in deren Ermangelung auch Sklaven von ihnen verzehrt werden, sind ein beliebter Schmuck der Krieger, die sich auch durch schön verzierte und zum Theil roth gefärbte Mattenmäntel auszeichnen. Übrigens theilen sich die Neuseeländer in drei Stände, von denen die beiden vornehmsten sich tätowiren, den dritten aber die geborenen oder kriegsgefangenen Sklaven ausmachen. Für Musik und Tanz sind sie leidenschaftlich eingenommen, verrathen viel Bildsamkeit und verfertigten sich von jeher sehr geschickt Körbe, Kürbisflaschen, aus denen sie auf die hier abgebildete Weise trinken, gegen 60 F. lange Kanots, mit denen sie bis Neuholland schiffen, künstliches Schnitzwerk u.s.w. Ihre Wohnungen sind aus Pfählen und Flechtwerk gebaut und liegen in Dörfern beisammen, von denen jedes eine Art Festung hat, die von Gräben und Palissaden geschützt wird. Sie haben zwar Priester und Begriffe von einem höchsten Wesen, das sie Ea-Tua nennen, aber keine gottesdienstlichen Versammlungen; seit 1815 sind jedoch engl. Missionare bemüht, sie für das Christenthum zu gewinnen und haben deshalb mehre Ansiedelungen gestiftet. Überhaupt ist N. mit seinen werthvollen Producten und anstelligen Bewohnern, von denen schon viele als Seeleute auf engl. Schiffen dienen, für die engl. Besitzungen in Australien von Wichtigkeit und deshalb neuerdings wieder die förmliche Besitznahme desselben angeregt worden, zumal schon Privatniederlassungen dort angelegt sind, welche jetzt von den zum Theil durch entwichene Matrosen und Verbrecher von Botanybai verführten Insulanern häufig beraubt werden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 274-275.
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