Pavia

[433] Pavīa, südl. von Mailand auf einer schönen Anhöhe am linken Ufer des Ticino gelegen, über welchen hier eine 260 Schritt lange und auf sieben gothischen Bogen ruhende, bedeckte Brücke von weißem Marmor führt, hat 23,000 Einw. und ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz des Gouvernements Mailand im lombard.-venetian. Königreiche. Die vornehmsten Provinzialbehörden, ein Bischof und eine berühmte Universität haben hier ihren Sitz, welche von Karl dem Großen gegründet worden sein soll, jedoch von Karl IV. im J. 1361 neugestiftet, von Maria Theresia 1770 und von Franz I. im J. 1817 erneuert wurde und 1400 Studenten zählt, sowie mit einer wichtigen Bibliothek und andern wissenschaftlichen Sammlungen und Anstalten und einem prächtigen Universitätsgebäude ausgestattet ist, aber nur drei Facultäten: der Rechtswissenschaft, der Medicin und der Philosophie besitzt. Außerdem bestehen zu P. ein Gymnasium, zwei Collegien, von denen sich das des h. Borromäus in einem prächtigen Gebäude befindet, und eine Militairschule; ferner zwei Waisenhäuser, zwei große Hospitäler und andere Wohlthätigkeitsanstalten. Ein durchaus mit Granitquadern eingefaßter Kanal verbindet den Ticino mit dem Po und befördert den wichtigen Handel, den P. mit Seide, Wein, Reis, dem in der Umgegend bereiteten Käse, der für Parmesankäse verkauft wird, und andern Landeserzeugnissen betreibt. In der von Backsteinen aufgeführten alten Domkirche befindet sich das angebliche Grabmal des h. Augustin, dessen Leichnam im I. 506 nach Sardinien und von da im 8. Jahrh. nach P. gebracht, der Kriegsunruhen wegen aber verborgen gehalten worden sein soll. Das Geheimniß wurde so gut bewahrt, daß der Aufbewahrungsort gänzlich vergessen war, bis 1695 die Mönche des dortigen Augustinerklosters den Heiligen in einem zufällig entdeckten Grabe wieder aufgefunden zu haben behaupteten, was Papst Benedict XIII. im J. 1728 durch eine Bulle bestätigte, welche Denen, so widersprechen würden, mit Kirchenstrafen drohte. Auch das Grab des Boëthius ist hier, jenes als Gelehrten und Staatsmann ausgezeichneten, vertrauten Rathgebers des Ostgothenkönigs Theodorich, der den Unschuldigen aus Mistrauen um 525 zu P. hinrichten ließ, und eine Art Mastbaum wird für die Lanze des großen Roland ausgegeben. P. gehört zu den ältesten Städten Italiens, hieß bei den Alten Ticinum und war später die Residenz der lombard. Könige, deren letzter, Desiderius, 774 von Karl dem Großen hier gefangen genommen wurde. Im I. 951 ließ sich Otto der Große hier zum Könige von Italien krönen. König Franz I. von Frankreich belagerte P. vom Ende Oct. 1524 bis 24. Febr. 1525, wo er in der Schlacht bei P. von dem Heere Kaiser Karl X. geschlagen wurde und selbst in Gefangenschaft gerieth.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 433.
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