Pichler

[496] Pichler (Karoline), eine der ausgezeichneten deutschen Schriftstellerinnen, geb. 1769 zu Wien, ist eine Tochter des Hofraths Franz Greiner und der als Waise von der Kaiserin Maria Theresia erzogenen und als Vorleserin bei ihr angestellt gewesenen Karoline von Hieronymus. Durch eine sorgfältige Erziehung und in dem Umgange der geistreichsten Schriftsteller, Künstler und Gelehrten der kais. Residenz, denen ihr älterliches Haus gleichwie berühmten Fremden als Berührungspunkt diente, erhielten ihr Geist und Verstand eine hohe Bildung, während ihre Mutter sie zugleich die edlen Pflichten einer wahren Hausfrau liebgewinnen und sorgsam ausüben lehrte. Schon vor ihrer 1796 eingegangenen sehr glücklichen Ehe mit dem nachherigen Regierungsrathe Andr. Pichler hatte sie einige poetische Versuche niedergeschrieben und mehre kleine Gedichte in Almanachen drucken lassen, doch wurde sie erst von ihrem Gatten bewogen, umfänglichere Arbeiten zu veröffentlichen und ihre »Gleichnisse« (Wien 1800) herauszugeben, deren günstige Aufnahme sie 1802 zur Veröffentlichung des Romans »Olivier« veranlaßte. Diesem folgten »Idyllen« (Wien 1803), der Roman »Lenore« (2 Bde., Wien 1804); »Ruth«, ein biblisches Gemälde (Wien 1805) und ihr vorzüglichstes Werk »Agathokles« (3 Bde., Wien 1808), in welchem sie die wohlthätige Wirkung des Christenthums für Veredelung der Menschheit darzustellen suchte und das in die meisten europ. Sprachen übersetzt worden ist. In mehren ihrer spätern Romane, von denen der letzte, »Elisabeth von Guttenstein« (Wien 1835), die Ausgabe ihrer sämmtlichen Werke auf 49 Bände brachte, sowie in einigen dramatischen Arbeiten hat sie Gegenstände aus der vaterländischen Geschichte mit Glück dargestellt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 496.
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