Schaf

Schaf

[56] Schaf (das) ist ein sehr bekanntes und nützliches Hausthier, welches mit den verschiedenen Arten von Ziegen zu derselben Gattung gehört.

Eigenthümlich sind dem Schafe rückwärts und dann spiralförmig wieder nach vorn gebogene Hörner, ein gewölbter Nasenrücken und der Mangel des Bartes. Die Männchen, Widder, Stöhre, Stähre, oder Böcke genannt, haben längere Hörner als die Weibchen, welche vorzugsweise Schafe heißen, und sehr oft haben die letztern gar keine Hörner, die in einigen Gegenden wol auch beiden Geschlechtern fehlen. Dagegen kommen auch Schafe mit vier, ja sogar mit sechs Hörnern vor. Den verschnittenen Bock nennt man Hammel und in einigen Gegenden, wenn er gemästet ist, Schöps. Das neugeborene Schaf heißt Lamm, nach einem Jahre wird es ein Jährling, nach dem zweiten Jahre ein Zeitschaf. Man nimmt an, daß unsere Schafe von einem noch in Europa und Asien wild lebenden Thiere abstammen, von dem Argali [56] nämlich, welches in Sardinien und Corsica Muflon heißt. Dasselbe hat starke, zusammengedrückte, an der Wurzel dreikantige, quergestreifte Hörner, die jedoch bei dem Weibchen sichelförmig zusammengedrückt sind. Im Winter hat es langes, zottiges Haar, das am Bauche, an der Kehle und an der Schnauze weißlich, übrigens aber rothbraun ist. Im Sommer wird dasselbe kurz, glatt und gelbgrau. Dasselbe wird an 3 F. hoch und an 4 F. lang, (der Muflon in Sardinien und Corsica bleibt kleiner), lebt heerdenweise und ist sehr geschickt im Klettern in den Gebirgen. Die Lämmer des Argali lassen sich leicht zähmen. Ihr Fleisch ist wohlschmeckend. Man benutzt das Fell des Argali zu Kleidungsstücken u.s.w. und verfertigt aus den Hörnern verschiedene Geräthschaften. – Vom zahmen Schafe gibt es sehr viele Arten, von denen nur einige der wichtigsten angeführt werden sollen. Das gemeine Schaf oder Landschaf, welches namentlich in Deutschland und Polen mit wenig Abweichungen vorkommt, ist gewöhnlich von weißer Farbe mit röthlichen oder schwärzlichen Füßen, hat einen länglichen Kopf, gewöhnlich ohne Hörner, keine ausgezeichnete Wolle. Diese Schafe sind in neuerer Zeit immer mehr durch Begattung mit Merinos veredelt worden, sodaß man sie nur selten noch rein findet. Das Haideschaf oder die Haideschnucke ist eine sehr kleine, gewöhnlich gehörnte Art, welche man in Frankreich, England und in Deutschland, namentlich in der lüneburger Haide findet. Das Fleisch ist sehr wohlschmeckend, aber die Wolle schlecht. Eine große und dauerhafte Art ist das friesische Schaf mit 4–5 Zoll langer, grober Wolle. Das eiderstädter Schaf wird noch größer und hat am Bauch und an den Beinen kurze Haare, aber eine gute Rückenwolle. Feine, schlichte und glänzende Wolle liefert das gothländische Schaf. Die Marsch-Schafe (das dithmarsche und das Geestschaf) haben 4–5 Zoll lange, mittelfeine Wolle. Merkwürdig ist das in einigen Gegenden Asiens und Afrikas vorkommende bucharische Schaf, indem es anstatt des Schwanzes zwei kleine Fettpolster hat, unten kahl, mit einem Zipfel ohne Fett an der Spitze. In der Jugend hat dieses Schaf ein seinlockiges Fell, sodaß es mit lauter fest an der Haut anliegenden kleinen Kreisen gezeichnet erscheint. Diese Felle geben ein theures Pelzwerk unter dem Namen Barangen oder Baranien. Später bekommt dieses Schaf eine gute, seidenartige, dichte Wolle. Die Wolle der sich besonders zur Mast empfehlenden englischen Dishley- und Leicester-Schafe wird 6–14 Zoll lang. – Die nebenstehend abgebildeten Merino-Schafe haben die ausgezeichnetste Wolle. Dieselbe ist nicht zu lang, sein und gekräuselt. Sie sind zur Verbesserung der Schafzucht in großer Anzahl aus Spanien ausgeführt worden, wo sie im 15. Jahrh. durch aus Marokko in Afrika eingeführte Schafe veredelt worden sind. Die beiden wichtigsten Stämme derselben sind die Negretti- und die Escurial-Schafe. Jene, auch Infantados genannt, haben einen kräftigen Körperbau, einen runden, starken Kopf und Hals mit faltigem Halskragen, kurze Beine und dicke Ohren. Die Wolle ist kräftig, mit wellenförmigen Biegungen, wenig elastisch und enthält ein klebriges Wollfett. Das Escurial-Schaf hat dagegen einen langen, schlanken Hals, einen spitzigen Kopf, ein nacktes Gesicht, große dünne Ohren, nackte hohe Beine und einen hohen Wiederrüft oder Höcker. Die Wolle ist dünn und hat ein öliges Wollfett. Besonders hat sich Sachsen durch Einführung der Merinos ausgezeichnet. Schon 1265 und 1778 kamen Schafe aus Spanien nach Sachsen, und aus der Vermischung der beiden genannten Stämme, sowie durch den Einfluß des Klimas und die Sorgfalt der Behandlung gewann man, namentlich aus den Escurial-Schafen, eine Gattung Schafe, welche diese noch übertraf und als Electoral-Schafe (kurfürstliche Schafe) bekannt sind. In den östr. Staaten wurde mehr der Negrettistamm gezüchtet und aus ihm entstanden die Imperial- oder Kaiser-Schafe. – Die Schafzucht ist auch in allen übrigen deutschen Ländern, namentlich auch in den preuß. Staaten, sehr gehoben und mit wissenschaftlichem Ernste behandelt worden, sodaß gegenwärtig Deutschland dasjenige Land ist, welches im Allgemeinen die ausgezeichnetsten Schafheerden besitzt. Indem man die Merinoswidder mit Landschafen sich paaren läßt, erhält man die sogenannten Mestizen, Metisschafe oder veredelten Schafe, und indem man diese wieder mit Original-Merinos zusammenbringt, erhält man immer vorzüglichere Generationen. Man unterscheidet hiernach veredelte und hochveredelte Heerden, und nachdem diese letztern endlich so ausgezeichnet geworden sind, daß man sie mit demselben Erfolg wie die Original-Merinos zur Verbesserung geringerer Heerden benutzen kann, heißen sie consolidirte Heerden, solche, welche Constanz haben. – Da die Wolle das vorzüglichste Product der Schafe ist, so ist einer der wichtigsten Theile der Schafzucht die Schafschur. Im Allgemeinen theilt man die Schafe, je nachdem sie ein- oder zweimal jährlich geschoren werden, in einschürige und zweischürige. Man pflegt die Wolle entweder vor oder nach dem Scheeren zu waschen; jenes geschieht, indem die Schafe kurz vor der Schur gebadet oder geschwemmt werden; jenes ist für die Wolle (namentlich zur leichtern und bessern Sortirung derselben), dieses für die Schafe vortheilhafter. In neuester Zeit ist in den östr. Staaten und im Königreich Sachsen ein vortheilhaftes Schafwollenwaschmittel privilegirt worden.

Das Schaf ist vielen Krankheiten ausgesetzt, welche, wenn sie einmal zum Ausbruch gekommen, schwer zu heilen sind. Daher müssen die Schafzüchter darauf bedacht sein, die Schafe durch sorgfältige Pflege vor dem Ausbruche von Krankheiten zu schützen. Vom achten Lebensjahre an pflegt das Schaf immer mehr seine Lebenskraft zu verlieren, und selten wird es über zwölf Jahre alt. Außer der Wolle benutzt man von dem Schafe das Fleisch als eine der wohlschmeckendsten Speisen, die Milch (auch zur Käsebereitung), das Fett zur Bereitung der Speisen und als Unschlitt zu Lichten, die Klauen und Fußknochen zur Bereitung des Leims, die Gedärme zu Saiten, die Felle mit der Wolle zu Pelzwerk, ohne dieselbe zu Pergament, Corduan und sämischem Leder, den Mist zum Dünger.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 56-57.
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