Welser

[691] Welser hieß eine jetzt erloschene, berühmte augsburgische Patrizierfamilie, deren Abkunft die Liebedienerei von Belisar (s.d.), dem berühmten Feldherrn Kaiser Justinian's, herzuleiten versucht hat. Sicherer scheint, daß ein Julius W. vom Kaiser Otto I. wegen seiner gegen die Ungarn bewiesenen Tapferkeit im I. 959 zum Ritter geschlagen wurde, dessen Sohn später in Augsburg seinen Wohnsitz nahm. Seine Nachkommen gelangten hier zu großem Ansehen und Reichthum, bekleideten die ersten Stellen im Rathe dieser Reichsstadt und hatten zu Kaiser Karl V. Zeit mit der Familie Fugger (s.d.) die ungar. und tirol. Bergwerke in Pacht. Bartholomäus W., welchen der Kaiser zu seinem Geheimrathe erhob, war im Stande, demselben zwölf Tonnen Goldes vorzuschießen, wofür ihm die Provinz Venezuela in Südamerika verpfändet wurde. W. ließ dieselbe 1528 durch eine, auf drei bewaffneten Schiffen unter dem Befehl des Ulmers Ambros Dalfinger ausgerüstete Expedition in Besitz nehmen, nach Karl X. Tode nahmen sie jedoch die Spanier zurück. Die Tochter von Franz Anton W., des Vorigen Bruder, war jene durch Schönheit und vortreffliche Erziehung gleich ausgezeichnete, berühmte Philippine W., geb. 1530, in welche sich der Erzherzog Ferdinand, Sohn des nachherigen Kaisers Ferdinand I., während des augsb. Reichstags von 1548 verliebte, und da sie jedes andere Verhältniß zu ihm beharrlich zurückwies, sich 1550 ohne Wissen seines Vaters und Oheims mit ihr heimlich vermählte. Lange Zeit durfte deshalb der Erzherzog nicht vor seinem Vater erscheinen, genoß aber mit seiner Gattin, deren Anmuth und Herzensgüte Jeden gewann, der ihr nahte, das seltenste häusliche Glück, bis sich Philippine 1558 selbst nach Prag zum Kaiser begab, ihm unter fremdem Namen eine Bittschrift überreichte und ebenso durch ihr Benehmen wie durch ihre Schönheit den erzürnten Vater versöhnte. Ihre Ehe mit dem Erzherzoge wurde nun für legitim erklärt, den Kindern aus derselben aber nur der Titel »Markgrafen von Burgau«, die Nachfolge in alle östr. Erblande [691] jedoch. mit Ausnahme von Ungarn und Böhmen, nach Aussterben, des östr. Hauses nicht zuerkannt. Philippine starb 1580 zu Innsbruck und wurde in der silbernen Kapelle der Hofkirche beigesetzt und zu ihrem Andenken eine Denkmünze geschlagen. Als Gelehrter und historischer Schriftsteller, auch erster Herausgeber der Peutinger'schen Tafel berühmt ist Marcus W., geb. 1558 zu Augsburg, wo er Rathsherr und Stadtpfleger, sowie kais. Rath war. Zweige der Familie W. siedelten sich auch in Ulm, Nürnberg und Regensburg an.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 691-692.
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