Illyrien (Geographie)

[408] Illyrien (Geographie), östreich. Provinz an der Ostküste des adriatischen Meeres, grenzt an Macedonien, Montenegro, Dalmatien, Croatien etc. Zweige des Hämus, der Krainer und Kärnthner Alpen erstrecken sich weit in das Land und bilden die rauhesten Formationen, Berg- und Felskuppen, Steinschluchten, Urwälder, Moräste und zahllose Höhlen. In dem untern Theile, am adriat. Meere, herrscht ein südliches, beinahe tropisches Klima, es gedeihen Palmen, Orangen, Feigen, Oliven, Wein, Reis, Mais, Melonen, türk. Pfeffer etc. in der üppigsten Fülle; doch ist die Kultur des Bodens in diesem reichen, gesegneten Lande noch auf einer niedrigen Stufe. Im Norden dagegen blühen Ackerbau und Viehzucht, Handel und Industrie. Dazu trägt hier freilich der merkantilische Sinn der aus Deutschen, Ungarn, Italienern, Slaven, Tirolern und Griechen gemischten Bevölkerung und die Nähe volkreicher Städte viel bei, während die Bewohner des südlichen Theiles, Abkömmlinge von Griechen und Slaven, weniger eine angestrengte Arbeit, als ein freies Herumschweifen auf dem Meere oder zu Lande lieben. Die Einwohner sind ein schöner Menschenschlag, hochgebaut, schlank, muskulös, feurig; einige Reisende schildern sie zwar energisch und muthvoll, aber auch arglistig und rachsüchtig. Diese letztern Eigenschaften dürften aber auf Rechnung ihrer barbarischen Nachbarn kommen. Die Frauen gleichen, was ihre Formen betrifft, den [408] Idealen griechischer Künstler, sie sind schlank, zart, voll Ausdruck und Hoheit. Ihre Selbstständigkeit, die sie erlangen, weil sie den größten Theil des Jahres alleinige Gebieterinnen des Landes sind, (während welcher Zeit die Männer auf der See und in den Gebirgen umherschweifen), gibt ihnen etwas Erhabenes und Ernstes, das jedoch die Liebenswürdigkeit und Zuvorkommenheit nicht ausschließt. Es lebt in ihnen ein gewisser Trieb zum Abenteuerlichen und Gewagten, und sie bewaffnen sich, oft räuberischen Ueberfällen ausgesetzt, nicht selten mit Dolchen und Pistolen. Das gegenwärtige Königreich Illyrien umfaßt seit 1822 520 geogr. Quadrat M. und zerfällt in den nördlichen oder laibacher und in den triester oder südlichen Bezirk, welcher letztere insgemein das illyrische Küstenland, das Littorale, genannt wird. Hieraus geht auch die Verschiedenheit der nördlichen Bewohner, wie ihrer Industrie von den südlichen Illyriern hervor. Sie sind weniger schön und energisch, aber arbeitsam, industriös, herzlich, gutmüthig; treiben viel Bergbau und fördern so Quecksilber, Blei, Kupfer, Silber, Alaun, Vitriol, Arsenik, Zinnober zu Tage, fabriziren treffliche Eisen-, Holz- und Strohwaaren, Glas etc., wovon ganze Schiffsladungen nach Amerika gehen. – Zu den deutsch-illyrischen Ländern werden noch Oestreich ob und unter der Ens, Steiermark, Tirol und Vorarlberg gerechnet.

V.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 408-409.
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