Illyrien [1]

[825] Illyrien (Illyrĭa, Illyrĭcum, Illyris), 1) (a. Geogr.), bei den Griechen das ganze in Nordwest von Hellas gelegene Gebirgsland; bei den Römern früher alle Länder zwischen Helvetien, Italien u. der Donau, später das Küstenland am Adriatischen Meere von der Arsia bis zum Drilo, nebst dem[825] Binnenland bis zu den Flüssen Savus u. Drinus. Man theilte I. in: A) I. barbăra (I. romāna); dies grenzte im Westen an Istrien u. das Adriatische Meer, im Süden an das Griechische Illyrien, im Osten an Macedonien u. Ober-Mösien, im Norden an Pannonien u. wurde von seinen Grenzländern durch den Arsia, Drilo, Drinus u. Savus geschieden, begriff also das heutige Dalmatien u. Stücke von Kroatien, Bosnien u. Albanien; Gebirge: Albius (Albanus Mons), Bebii Montes mit dem Ardius, Scardus; Flüsse, außer denen an den Grenzen: Tedanius, Titius, Tilurus, Nero, Barana mit Clausula, Öneus, Urpanus, Valdasus; See: Palus Labeatis; das Adriatische Meer bildete die großen Busen Rhizäus, Flanaticus u. Manius; das Land war rauh u. seine Gebirge bis in den Sommer hinein mit Schnee bedeckt, aber in den Niederungen u. Thälern war es fruchtbar, an der Küste baute man selbst Öl u. Wein, die inneren Gebirgsstriche brachten Spelt u. Hirse; die Bewohner (Illyrier), zerfielen in drei Hauptstämme, nach welchen das Land in drei Hauptdistricte getheilt war: die Japodes od. Japydes im nördlichen Innern in Japydia, bis zum Tedanius, ein mit Celten vermischtes Volk, welche sich tätowirten; Liburni in Liburnia, an der Küste vom Arsia bis zum Titius, gute Seeleute, die auch Seehandel trieben; Dalmatä in Dalmatien, im südlichen Theile vom Titius bis zum Drilo u. im Innern; Hauptstädte von Liburnien waren Senia, Jadera, Scardona, von Dalmatien: Salona, Epidaurus, Narona, Scodra etc.; in Japydia Mesulum; die Inseln an der Küste von I. waren: Turicta, Apsorus, Celadussä, Brattia, Issa, Pharus, Corcyra, Melita. B) I. graeca (I. imengsten Sinne, Epirusnova) vom Drilo bis zu den Keraunischen Gebirgen, begrenzt im Norden von Römisch Illyrien, im Westen vom Ionischen Meere, im Süden von Epirus, im Osten von Macedonien, also das spätere Albania; Gebirge: Scardus, Acroceraunii montes, Äropus, Asnaus, Candavii montes; Flüsse: Drilo, Ardaxanus, Panyasus, Genusus, Apsus, Aous; See: Lychnitis, groß u. fischreich; das Land war mehr zur Viehzucht als zum Ackerbau geeignet, aber an der Küste doch sehr fruchtbar; die Einwohner waren Parthiner, Taulantier, Bullionen, Dassareten u. Elymioten; Städte: Lyssus, Epidamnus od. Dyrrhachium, Apollonia, Lychnides etc. Im 4. Jahrh. verstand man unter I. alle an Griechenland im Nordwesten, an Italien im Nordosten grenzende Provinzen. Seit Constantin dem Großen gab es eine eigene Praefectura Illyrici mit Illyricum occidentale, Dalmatien, Pannonien, Noricum u. Savia, welche zur Praefectura Italiae gehörte, während I. orientale Illyris graeca, Dacien, Mösien, Macedonien, Thracien begriff; 2) (n. Geogr.), Illyrische Provinzen, neuer, 1809 nach dem Frieden von Schönbrunn creirter, von Frankreich abhängiger Staat, begriff die Grafschaft Görz u. das Gebiet von Monfalcone, Triest, Krain, den Villacher Kreis von Kärnten, den größten Theil von Kroatien, Fiume, das ungarische Litorale u. Istrien, so daß der Thalweg der Save die Grenze zwischen Österreich u. dem neuen Staat bildete. Mit diesem vereinigte Napoleon die vormalige Republik Ragusa; der neue Staat enthielt etwa 900 QM. u. 1,275,000 Menschen. Erst 1811 erhielt er eine definitive Organisation; ein Gouverneur regierte das Ganze u. hatte sechs Civilprovinzen, Krain, Kärnten, Istrien, Civilkroatien, Dalmatien u. Ragusa u. eine Militärprovinz, die sechs Grenzregimenter enthielt, unter sich. Jede Provinz wurde von einem Intendanten regiert, der mehrere Subdelegirte unter sich hatte. Nach französischen Grundsätzen eingerichtet. entsprachen die Intendanten u. Subdelegirten den Präfecten u. Unterpräfecten; der Code Napoléon wurde als Gesetzbuch eingeführt etc.; nur die Militärprovinz (die ehemaligen österreichischen Gränzer) blieb, mit Ausnahme des neuen Gesetzbuchs, bei der alten Verfassung. In militärischer Hinsicht war das Land in zwei Militärdivisionen getheilt. Die Einnahmen waren auf 10 Mill. Franken, die Ausgaben auf 6,600,000 festgesetzt. Der Überschuß sollte zur Organisation der Armee verwendet werden. Nach dem Pariser Frieden wurde das Land durch ein Patent wieder mit Österreich verbunden. Im August 1816 wurden diese Provinzen zum 3) Königreich I. creirt, welches einen Bestandtheil des Österreichischen Staates ausmachte; es umfaßte die Herzogthümer Kärnten, Krain, Friaul, Istrien, das ungarische Küstenland, einen großen Theil vom heutigen Kroatien, nebst Inseln im Golf von Quarnero, 516,7 QM., getheilt in die beiden Gouvernements Laibach mit Kärnten u. Krain, u. Triest mit Stadt u. Gebiet Triest, dem Istrianer u. Görzer Kreise; (im Jahr 1850): 1,291,300 Ew.; dieser ehemalige Bestand des Königreichs wurde durch die neue Staatseintheilung von 1850 aufgelöst, Kärnten u. Krain sind besondere Herzogthümer, Görz u. Gardiska eine gefürstete Grafschaft, Istrien eine Markgrafschaft u. die Stadt Triest mit der nächsten Umgegend ein besonderes Gebiet geworden, nachdem schon 1822 das ungarische Küstenland u. Kroatien abgetrennt u. mit Ungarn vereinigt worden waren; auch diese beiden sind 1850 zu einem besonderen Kronland, dem Königreich Slavonien, erhoben worden; 4) (Türkisch-I.), umfaßte Serbien, Bosnien u. einen Theil von Kroatien u. Dalmatien.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 825-826.
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