Teufel

[968] Teufel. Es ist bloss die mittelalterliche, verkörperte Gestalt des Teufels, der Teufel des Volksglaubens, der unter die deutschen Altertümer gehört, und nicht der ältere Teufel der biblischen und kirchlichen Lehre. Nur das sei in bezug auf den letztern hier bemerkt, dass der ältere Teil des alten Testamentes den Teufel noch nicht kennt; erst im Exil, nimmt man an, hätten die Juden von der Zoroastrischen Religion der Perser, welche zwischen Ormuzd und Ahriman, dem guten und bösen Geist, unterschieden, den Versucher kennen gelernt, der dann[968] mehr und mehr in ihr Volksbewusstsein überging, aber noch lange nicht als körperlich gedacht wurde. So tritt er im Neuen Testament auf. Später trug namentlich die Berührung mit einigen Sekten, den Gnostikern und Manichäern, zur dogmatischen Ausbildung des Teufels-Dogmas bei und es bildete sich aus sehr verschiedenen Elementen im Gegensatz zur Welt der Engel eine Welt böser Geister aus, die zum Teil als von Gott abgefallene Engel betrachtet wurden und deren Oberhaupt der Teufel ist. Die herrschende Vorstellung von dem Teufel wurde wesentlich dadurch erweitert, dass die absterbenden heidnischen Götter zwar für besiegt und ohnmächtig, aber nicht ganz für machtlos erklärt, sondern in das Gebiet der teuflischen Mächte verwiesen wurden, und zwar geschah dies in erster Linie mit denjenigen heidnischen Gottheiten, welche von Natur übelthätig und finster waren, wie die deutschen. Götter Loki und Hel; dann aber auch mit den übrigen, sonst als gut gedachten Gottheiten, sofern nicht die fortschaffende Phantasie ihre Züge andern guten Gestalten des Christentums, wie Maria und den Heiligen zuwies. So sagt denn Grimm, der Teufel sei jüdisch, christlich, heidnisch, abgöttisch, elbisch, riesenhaft, gespenstig, alles zusammen.

Der Name Teufel, ahd. tiuval, mhd. tievel, tiufel, ist nichts als das griech. διάβολος; es ist ein internationaler Ausdruck fast aller europäischen Völker; zahlreiche Euphemismen des Namens sind hochdeutsch Deichel, Deixl u. dgl.; satan wird mhd. selten angewandt. Den übrigen Benennungen liegt entweder der Charakter, die Gestalt, oder der Aufenthalt des Teufels zu Grunde. Seinem Charakter oder innern Prinzip nach heisst der Teufel, im Gegensatz zum gütigen, freundlichen und milden Gotte, der Böse, Feindliche, der Unhold. Andere Ausdrücke sind der Leidige, der Altfeind, der Alte, mhd. vâlant, nhd. Volland, Junker Volland, Partizip zu ags. vaelan = verführen, schrecken. Seiner äussern Gestalt nach heisst der Teufel der hinkende, Hinkebein, der schwarze, Graumann, Graumännlein; in allen übrigen Gliedern sonst wie ein Mensch geformt, verrät ihn Bocksohr, Horn, Schwanz oder Pferdefuss. Der Bock ist das heilige Tier Donars; daher er oft in Schwüren und Verwünschungen erscheint: dass dich der bock schend! Alle Hexen dachten sich ihren Meister als schwarzen Bock, wie er in der Hexenversammlung erschien; der Teufel ist es auch, der die Ziegen oder die Gemsen erschaffen nat. Nächst dem Bock ist der Eber ein Teufelstier, er war ursprünglich dem Fro heilig und gab in Walhalla der Helden Speise her; daher er und die Sau Teufelstiere sind. Oft erscheint der Teufel als Wolf, welches wohl der Wolf Wodans ist; wenn er dagegen als schwarzer Hund mit Feueraugen erscheint, so deutet das wieder auf den Gewittergott. Gern nimmt der Teufel die Gestalt von Wodans Tier, des Raben, an. Alt und verbreitet war die Erscheinung des Teufels als Schlange, Wurm und Drache, eine Vorstellung, die sich teils an die Schlange im Paradiese, an Apokalypse 20, 2 und an den Leviathan, teils an den einheimischen Volksglauben von feuerspeienden, giftigen Würmern, schatzhütenden Drachen und wunderbaren Schlangen anschliesst. Auch zwei Geräten, dem Hammer und dem Riegel wird der Teufel verglichen; von welchen der Hammer Donar, der Riegel Loki zusteht; ja man schrieb den Sturmwind und die Windsbraut geradezu später den Riesen oder Teufeln zu.

Von seinem Aufenthalt in der Hölle, aus welcher er die heidnische Göttin Hel (siehe diesen Artikel) verdrängt hat, heisst der Teufel [969] hellewarte, hellehirte, hellewirt. Ursprünglich der Aufenthalt der Todesgöttin Hel, und dadurch Wohnung der Toten, zwar traurig und freudenleer, aber frei von jeder Strafe und Qual seiner Bewohner, wurde die Hölle der Name des Ortes der Verdammten, ein mit Flammen und Pech erfüllter Pfuhl; die alten Sachsen nannten diesen Ort noch lange, weil ihnen das einheimische hellia noch zu heidnisch vorkam, mit dem biblischen Namen infern oder verkürzt fern. Grimm vermutet, dass die Pechhölle den Griechen von den Slawen zugebracht worden sei; denn in slawischen Sprachen bedeutet dasselbe Wort Pech und Hölle. Ein eigentümlich mittelalterlicher Name für die Hölle ist Nobiskrug, auch griech.-lat. abyssus = Abgrund, Hölle und niederdeutsch der krôg, Krug = geringe Schenke; die Hölle ist also hier als Wirtshaus und der Teufel als Wirt gedacht.

Alle heidnischen Götter verwandelten sich den neuen Christen nicht bloss in Götzen, sondern in Teufel. »Wer den alten Göttern anhing, ihnen heimlich opferte, hiess Teufelsdiener; die alten Taufgelöbnisse fragten einfach: Widersagst du dem Teufel; Antwort: Ich widersage dem Teufel und der Teufelsverehrung und allen Werken und Worten des Teufels, dem Donar und dem Wodan und dem Saxnot und allen den Unholden, die ihre Genossen sind.« Aus Wuotan, dem wilden Jäger, wurde ein jagender Teufel, der hellejager, der auch als Jäger in grünem Rock mit Hahnenfeder auf dem Hut erscheint. Gleich Wuotan und Donar fährt der Teufel bald auf schwarzem Rosse, bald in stattlichem Wagen. Wie Wuotan als Gott und Erfinder des Spiels, namentlich des Würfels galt, so wird jetzt das Würfelspiel auf den Teufel bezogen, er würfelt mit Menschen, die ihre Seele aufsetzen. Wie Wuotan seinen Schützling durch die Wolken bringt, so werden Helden aus ferner Gegend von dem Teufel plötzlich durch die Lüfte zur Heimat getragen; das ist der Fall bei Heinrich dem Löwen, Klinsor, Ofterdingen, Faust. Die meisten Eigenschaften des Teufels aber sind von Donar übernommen; er haust im Gewitter und Wirbelwind; er hinterlässt, wenn er durch ein heiliges Wort oder ein heiliges Zeichen überwiesen wird, immer einen Schwefelgestank, der auf den Blitz deutet. Die Donnerkeile heissen auch Teufelsfinger; in Flüchen ist Donner und Teufel oft dasselbe. Donnerkind ist sowiel wie Teufelskind; schwierige Schmiede- und Schlosserarbeiten werden dem Teufel zugeschrieben. Die grossen feurigen Augen, sein Erscheinen als schwarzer Hund, die rote Farbe seiner Kleidung, die rote Hahnenfeder auf dem Hut sind dem Gewittergott entnommen.

Aus dem deutschen Heidentume stammen auch die Teufelinnen, Gestalten, die dem Judentume durchaus fremd sind. Schon Ulfilas übertrug das griechische daimonion durch ein weibliches Wort; die unhulthô, d.i. unholde Frau; diese vertritt unter den Neubekehrten, was sich ihre Voreltern unter Holda gedacht hatten. Holda ist es auch wahrscheinlich, die unter dem Namen »des Teufels Grossmutter« bekannt ist.

Einzelne Opfer, die, weil sie mit Gebräuchen und Festen zusammenhingen, noch lange Zeit hindurch, zuletzt als unverstandene schuldlose Sitte fortgeführt wurden, wurden dem Teufel zugeschrieben, so Lämmer und Böcklein, meist schwarze, die in Norwegen dem Wassergeist zugeschrieben wurden; bei Schatzhebungen kehrt dieser schwarze, genau ein Jahr und einen Tag alte Geissbock immer wieder. Auch schwarze Hühner kommen vor, an denen aber keine weisse Feder sein darf; das Opfer eines[970] Lichtes hat sich bis jetzt in der Redensart erhalten: »dem Teufel ein Licht anstecken«.

Vieles hat der Teufel von den Dämonen und Geistern der deutschen Naturreligion aufgenommen; er heisst daher der Wicht, Bösewicht, Hellewicht; gleich Eiben hat er die Gabe zu erscheinen, zu verschwinden und sich zu verwandeln. nur dass die mehr neckische Schadenfreude dieser Geister dem Teufel immer als bitterer Ernst angerechnet wird. Teufelbesessen ist der, dem es die Elbe angethan haben; er gleicht der Wohnung, in welcher sich Poltergeister festgesetzt haben. Gutmütigen Hausgeistern gleich trägt der Teufel seinen Freunden und Günstlingen Geld oder Getreide zu. Ganz besonders ist aber der Teufel an die Stelle der alten Riesen getreten; beide, Riesen und Teufel, verfolgt der Donnergott mit seinem Hammer; wie der Riese von Thors Miölnir, so wird der Teufel im Märchen von des Schmiedes Hammer getroffen. Riesig erscheint namentlich der Teufel da, wo ihm das Volk ungeheuere Bauten und Steinwürfe beilegt; der dumme Teufel gilt wie der dumme Riese. Die Erbauung christlicher Kirchen ist ihm verhasst, er sucht sie zu zertrümmern, sein Plan wird aber jedesmal von einer höheren Gewalt oder durch überlegene List der Menschen, z.B. einen künstlich gewirkten Hahnenschrei oder durch etwas Heiliges vereitelt. Gleich dem Riesen zeigt er sich selbst oft als erfahrenen Baumeister, welcher eine Burg, Brücke oder Kirche aufzuführen übernimmt und sich zum Lohn die Seele dessen ausbedingt, der den neuen Bau zuerst betritt; daher man wohlbedächtig zuerst einen Hahn oder eine Gemse über die neue Brücke laufen lässt; beim Kirchenbau ist es ein Wolf. Teufelssteine heissen entweder die, welche er zum Bau tragend aus der Luft fallen liess oder die er, sein begonnenes Werk zerstörend, auf die Berge trägt oder die er nach der Kirche geworfen hat. Teufelsmauern erklärt das Volk so: der Teufel habe damit die Grenze seines Reiches abschliessen wollen. Hervorragende Felsklippen heissen Teufelskanzeln, da soll der böse Feind dem versammelten Volk gepredigt haben; es sind vielleicht alte Kultusplätze.

Zweifelhaft ist der Ursprung der Sage von vertragsmässigen Bündnissen mit dem Teufel, wodurch für die von dem Teufel erlangten irdischen Glücksgüter, besonders aber für die Zauberkraft, die eigene Seele verkauft wird. Das älteste Beispiel dieser Sage stammt aus dem 4. Jahrhundert, wo aber noch keiner Verschreibung gedacht wird; das früheste Beispiel eines Bündnisses mittelst Verschreibung an den Teufel bietet die Geschichte des Theophilus. Dieser, ein überaus frommer Mann, lebte zu Adana in Cilicien als Ökonomus oder Vizedominus der Kirche zur Zeit der Persereinfälle in das Reich. Nach des Bischofs Tode wurde er zum Bischof erwählt, lehnte aber die Wahl ans Demut ab. Der statt seiner nun gewählte neues Bischof entsetzt, durch Verleumdung geblendet, den Vizedominus seines Amtes, worauf dieser, bitter gekränkt, sich an einen als gewaltigen Zauberer bekannten Juden wendet, durch dessen Beistand er wieder zu seinem Amte zu kommen hofft. Der Zauberer führt den Theophilus am nächsten Tage in den Zirkus und mahnt ihn, vor keiner Erscheinung zu erschrecken und sich mit dem Zeichen des Kreuzes zu beschützen. Dort treffen sie eine Menge Weiber mit brennenden Fackeln umherziehend, Loblieder singend; in ihrer Mitte thront Satanas, der die Huldigungen seiner getreuen[971] Unterthanen entgegennimmt. Auch Theophilus fällt auf die Knie und küsst des Teufels Füsse; da Satanas sich jedoch nicht erinnert, den Theophilus je gesehen zu haben, verwundert er sich über die Dreistigkeit des Eindringlings. Auf die barsche Frage, was er wolle, erwidert Theophilus: deinen Befehlen gehorchen. Da erhebt sich Satanas ein wenig, streichelt dem Theophilus den Bart, küsst und begrüsst ihn freundlich als seinen lieben Unterthan; Theophilus aber entsagt hierauf Jesus und der Maria und überreicht dem Teufel die von ihm selbst geschriebene und mit Wachs versiegelte Urkunde. Am folgenden Tage wird Theophilus vom Bischof auf die ehrenvollste Weise in sein Amt wieder eingesetzt und führt fortan als des Teufels Lehnsmann ein übermütiges Leben. So geht es eine Zeitlang; später aber wird Theophilus von Reue ergriffen; 40 Tage und Nächte lang fleht er Maria in ihrer Kirche um Beistand an; sie lässt sich erweichen, bewegt auch ihren Sohn dem Sünder zu verzeihen, schafft die Urkunde wieder herbei und legt sie ihm, während er in der Kirche eingeschlafen war, auf die Brust. Erwachend, findet er die Schrift, bekennt öffentlich seine Sünde, verbrennt die Schrift und stirbt drei Tage darauf eines seligen Todes. Die spätere Zeit versetzte ihn unter die Heiligen. – Die Unterschrift mit Blut kommt zuerst im 13. Jahrhundert vor.

Über den Teufel in den Hexenprozessen siehe diesen besonderen Artikel.

Was die Litteratur des Teufels betrifft, so ist dieselhe in der karolingischen Periode bei dem keuscheren, dem Altertum nicht wenig zugekehrten Sinn noch kaum in besonderen Werken vertreten; der Erzbischof Agobard von Lyon, aus der karolingischen Schule hervorgegangen, gestorben 841, trat noch gegen den Glauben an die Wettermacherei durch den Teufel auf. Auch die höfische Bildung bevorzugt den Teufel noch in keiner Weise, so oft auch sein Name als böses Prinzip in den Schriften dieser Periode angetroffen wird. Erst die kirchlich-asketische Bildung, die seit dem 11. Jahrhundert auftrat und namentlich in den neueren Orden ihren Halt hatte, war es, welche das Interesse am Teufel wachhielt und belebte. Daher die zahlreichen Teufelsgeschichten in den Legenden, in den Wundererzählungen des Cisterciensermönchs Caesarius von Heisterbach, 13. Jahrhundert, des gleichzeitigen Augustiner-Mönches Albericus, das Buch des wenig späteren Cistercienser-Abtes Richalnus, »Buch der Offenbarungen über die Nachstellungen und Tücken des Teufels«, sodann die Teilnahme der neuen Orden, desonders der Dominikaner, an den Ketzerverfolgungen, wo immer auch der Teufel ins Spiel gezogen wurde, an der Aufhebung des Templerordens, an den Hexen-Prozessen. Eine eigentümliche und im späteren Mittelalter mehrfach bearbeitete Schrift ist der Satansprozess, processus Satanae, eine Art Prozesslehrbuch, »ein nützlicher Gerichteshandel vor Gott dem allmechtigen unserm Herren, durch die gloriwirdigsten Jungkfrawen Mariam, fürsprecherin des menschlichen geschlechts, am einen, und vermaledeyten Sathanam, anwalt der hellischen schalckheit, am andern Teil geübet«; die Schrift wird meist einem gewissen Bartolus, 14. Jahrhundert, zugeschrieben, sie scheint aber im 13. Jahrhundert von einem Juristen erfunden worden zu sein.

Der Teufel kam endlich als komische Person auf die Bühne, und im 15. und 16. Jahrhundert gehörte er in Spanien, Frankreich und Deutschland zu den Würzen der[972] geistlichen Spiele. Hier war er recht wie der Teufel des Volksglaubens ausgestattet, machte groteske Sprünge und Tänze und vergnügte die Zuschauer namentlich auch durch sein Schmerz- und Angstgeheul. In einem zu Zürich aufgeführten Spiele wurde der Teufel sogar klistiert, worauf er ein Mausenest von sich gab. Seine Rolle im Spiel ist eine doppelte, als Bestrafer des Lasters und als Vater aller Sünde. In der ersten Rolle ist er ernst, man liebte es, ihm der Reihe nach alle möglichen Stände zuzuführen und bildete so eine Art Teufelstanz dem Totentanz nach. Am weitläufigsten ist dieser Gedanke in dem Gedichte »des tiufels segi« behandelt, herausgegeben unter dem Namen »des Teufels Netz« von Barack, Stuttgart 1863, ausserdem in mehreren Spielen. Als Vater der Sünde ist der Teufel zugleich Vater der Thorheit und nähert sich dadurch dem Narren. Unter den Spielen, worin der Teufel eine Rolle spielt, findet man auch jene oben erwähnte Sage von Theophilus wieder; ein anderes ist das Spiel von Frau Jutta, dessen Inhalt die Sage von der Päpstin Johanna ist. Ein Mädchen aus England ist mit einem Geistlichen, ihrem Geliebten, in Mannskleidern nach Paris gegangen, wird daselbst Doktor, in Rom Kardinal und zuletzt Papst; als solcher aber wird sie mit Schimpf entlarvt und von den Teufeln in der Hölle empfangen, jedoch durch die Fürbitte Maria's und des heiligen Nikolaus dennoch befreit. Auch in der Posse spielt der Teufel als komische Figur seine Rolle. Siehe Weinhold in Gosche's Jahrbuch für Lit.-Gesch. Bd. I, Seite 17 ff.

Bildlich kommt der Teufel frühzeitig bei der Darstellung des Sündenfalles in der christlichen Kunst vor unter dem biblischen Bilde einer Schlange mit oder ohne Menschenhaupt; später kommen als Sinnbilder der Drache hinzu, mit welchem Michael kämpft, und der Löwe, den Heilige unter die Füsse treten. Vereinzelt erscheint er im 9. Jahrhundert bei der Versuchung Christi als böser Engel in nackter Menschengestalt, geflügelt und von grüner Farbe; seit dem 11. Jahrhundert erscheint er teils in menschlicher, teils in tierischer Gestalt, aber immer hässlich, mit haarigem Körper, Schwanz, gespaltenen Hufen, Hörnern, Fledermausflügeln u. dgl. Magiern oder Feinden Gottes sitzt er als ein schwarzer Galgenvogel auf der Schulter; den Besessenen fahren die Teufel aus dem Munde. In der Hölle thront Satan, umgeben von seinen Vasallen, in allen möglichen scheusslichen Gestalten. Seit 1500 überliessen sich die Maler überhaupt bei Darstellung der Hölle und ihrer Bewohner den ausschweifendsten Phantasien. Otte, kirchliche Archäologie, § 158. Wessely, die Gestalten des Todes und des Teufels in der darstellenden Kunst. Leipzig 1876.

Im 15. Jahrhundert schien die Bedeutung des Teufels abzunehmen; der Humanismus kannte ihn nicht mehr, die mönchische Anschauung war in Verachtung geraten, und die plastisch-dramatische Darstellung seiner Gestalt sprach deutlich dafür, dass man ihn zu fürchten verlernte. Da regte Luther den Teufelsglauben von neuem auf. Von Natur und Familie war er einem stark sinnlichaltertümlichen Teufelsglauben geneigt und trug denselben vielfach in seine Reden und Schriften über. Nun war schon früher der Teufel satirisch-didaktisch als Allegorie des Bösen verwendet worden, unter anderm war 1489 ein lateinischer Klagebrief über das Elend der Pfarrer erschienen, worin die armen Landgeistlichen von neun Teufeln, darunter der Bischof, gequält dargestellt wurden. Diese Epistel liess[973] Luther 1540 mit einer Vorrede begleitet wieder abdrucken, und nun entwickelte sich eine ganze Teufelslitteratur, die 150 Jahre anhielt und worin die verschiedenen Lasterhaften als ebenso viele Teufelsbesessene gegeisselt wurden, ähnlich wie man sonst das Laster als Narrheit darzustellen pflegte. Diese Teufelstraktate, in Prosa, in Versen, auch in dramatischer Form, bringen nun der Reihe nach einen Hofteufel, Hosen-, Fluch-, Ehe-, Sauf-, Jagd-, Junker-, Geiz- und Wucher-, Faul-, Hoffarts-, Zauber-, Schnaps-, Haus-, Bau-, Gesind-, Tanz-, Spiel-, Pestilenz und viele andere Teufel. Ihrer 24 sind in dem grossen Folianten abgedruckt, der 1569, 1575 und 1587 unter dem Titel Theatrum Diabolorum zu Frankfurt a.M. erschien.

Erst das Aufklärungszeitalter hat den Teufel, der bei Protestanten und Katholiken seit der Reformation auch in die Katechismen, Gebete und Gesangbücher Einlass gefunden hatte, in die Dogmatik verwiesen. Grimm, Mythologie, Kap. 33; Wuttke, Volksaberglauben. Roskoff, Geschichte des Teufels, zwei Bände. Leipzig 1869. Freitag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit. Aus dem Jahrhundert der Reformation, Abschnitt 11: Der deutsche Teufel im 16. Jahrhundert.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 968-974.
Lizenz:
Faksimiles:
968 | 969 | 970 | 971 | 972 | 973 | 974
Kategorien:

Buchempfehlung

Spitteler, Carl

Conrad der Leutnant

Conrad der Leutnant

Seine naturalistische Darstellung eines Vater-Sohn Konfliktes leitet Spitteler 1898 mit einem Programm zum »Inneren Monolog« ein. Zwei Jahre später erscheint Schnitzlers »Leutnant Gustl" der als Schlüsseltext und Einführung des inneren Monologes in die deutsche Literatur gilt.

110 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon