Artevelde

[826] Artevelde, Jakob van, berühmter flandr. Volkstribun, geb. um 1287 als Sohn eines wohlhabenden Bürgers, erwarb sich während einer industriellen Krisis in Flandern das Vertrauen seiner Mitbürger, die ihn nach einem erfolgreichen Aufstand gegen den flandrischen Grafen Ludwig I. von Nevers (Ende Dezember 1337) zum »Hauptmann« wählten. Nachdem A. (Juni 1338) Frankreich und England zur Anerkennung der flandrischen Neutralität und Handelsfreiheit bewogen und dadurch den Einfluß Gents innerhalb der Grafschaft gesteigert hatte, bestimmte er diese zum Abschluß von Handelsverträgen mit Brabant (3. Dez. 1339) und Hennegau-Holland (Aprill 340) sowie zu einem Bündnis mit Eduard III. von England (1340). Die Folge hiervon war der offene Übergang Flanderns ins Lager der Gegner Frankreichs und des mit diesem verbündeten Grafen Ludwig. Da jedoch die Belagerung von Tournai (1340) mißlang, erlitt das Ansehen Arteveldes einen empfindlichen Stoß. In mehreren Städten Flanderns, das die Oberherrschaft Gents nur widerwillig ertrug, kam es zu blutigen Kämpfen. Auch machte man A. für die unregelmäßige Auszahlung der englischen Hilfsgelder verantwortlich. Vor allem aber erstand ihm bald in seiner Vaterstadt eine mächtige Gegnerschaft. Als Opfer einer Verschwörung der Weber fand er, bei seiner Rückkehr von einer Zusammenkunft mit Eduard III., während eines Straßentumults 24. (?) Juli 1345 den Tod. Sein Leben ist mehrfach in Dramen (s. Roquette) und in Romanen (s. Conscience) behandelt worden. In Gent ward ihm 1863 ein prächtiges Standbild errichtet. – Sein Sohn Philipp van A., geb. um 1340 in Gent, lebte seit 1345 einige Zeit in England und ward 24. Jan. 1382 von seiner Vaterstadt, die damals in einen erbitterten sozialpolitischen Krieg mit dem flandrischen Grafen Ludwig II. von Maele verwickelt war, zum »ersten Hauptmann« gewählt. Nachdem er (3. Mai) den Grafen vor Brügge besiegt und diese Stadt erobert hatte, schloß sich fast ganz Flandern freiwillig oder unfreiwillig den Gentern an. Auf Antrieb des mit der Tochter des Grafen vermählten burgundischen Herzogs Philipp des Kühnen (s. d.) erschien jedoch ein französisches Heer unter König Karl VI., das die flandrischen Bürgerwehren bei Roosebeke (27. Nov. 1382) beinahe vernichtete. A. fiel in der Schlacht. Vgl. Kervyn de Lettenhove, Jacques d'A. (Gent 1863); Vuylsteke, Eenige bijzonderheden over de A. (das. 1873); Vanderkindere, Le siècle des A. (Brüss. 1879); Hutton, James and Philip Van A. (Lond. 1882); die gleichlautende Preisschrift von Ashley (das. 1883); Pirenne, Geschichte Belgiens, Bd. 2 (deutsch von Arnheim, Gotha 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 826.
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