Gros [4]

[359] Gros (spr. gro), Antoine Jean, Baron, franz. Maler, geb. 16. März 1771 in Paris, gest. 27. Juni 1835, Sohn eines Miniaturmalers, trat 1785 in die Schule Davids, ging 1793 nach Italien, wo er kümmerlich sein Dasein fristete, bis er 1796 in Genua der Gemahlin Bonapartes und durch diese dem letztern bekannt wurde. Zu seinem ersten größern Bild wählte er die Szene auf der Brücke von Arcole, wie Bonaparte mit der Fahne in der Hand seinen Grenadieren voran den feindlichen Geschützen entgegenstürmt. Durch dieses Bild erwarb sich G. die Gunst Bonapartes. 1801 nach Paris zurückgekehrt malte er dort Bonapartes Besuch bei den Pestkranken in Jaffa (1804, im Louvre), ein meisterhaft komponiertes und ausgeführtes Gemälde, das inf einer realistischen Behandlung des Motivs als Vorläufer der koloristisch-romantischen Richtung zu betrachten ist. 1806 folgten die Schlacht bei Abukir und 1808 Napoleon auf dem Schlachtfeld von Eylau (Paris, Louvre), Bilder, in denen sich G. als volkstümlichen Maler zeigt, da die kriegerische Begeisterung der Nation sich darin widerspiegelt. In dieselbe Zeit gehören: Bonaparte bet den Pyramiden, die Schlacht bei Wagram, die Einnahme von Madrid, die aber alle mehr schmeichlerische Glorifikationen eines sieggekrönten Herrschers als Ausflüsse patriotischer Erhebung sind. Nach der Rückkehr der Bourbonen mußte er andre Stoffe wählen, bei deren Auswahl und Behandlung er sich von den Wünschen des Hofes leiten ließ. Hierher gehören. Karl V. und Franz I. in der Gruft von St.-Denis, vom Künstler selbst sein »bouquet« genannt und wirklich durch Kolorit u. Charakteristik hervorragend (Paris, Louvre), die Abreise Ludwigs XVIII. nach Gent (20. März 1815, Museum zu Versailles) und die Einschiffung der Herzogin von Angoulême im Hafen von Bordeaux (2. April 1815). Großartiger sind seine Malereien in der Kuppel des Pantheon, die, 1824 vollendet, ihm die Würde eines Barons eintrugen Er stellte hier die heilige Genoveva als Beschützerin des französischen Thrones und dessen Hauptrepräsentanten, Chlodwig, Karl d. Gr., Ludwig den Heiligen und Ludwig XVIII. der Patronin huldigend, dar. G. hatte sich ebenso schnell die Gunst der Bourbonen wie die Napoleons I. zu verschaffen gewußt. Seit 1816 ward er rasch nach einander Mitglied des Instituts, Rat der königlichen Museen, Professor an der École des beaux-arts und 1828 Offizier des Ordens der Ehrenlegion. Zuletzt kehrte er, durch einen falschen Ratschlag Davids verführt, wieder zu der akademisch-klassizistischen Richtung zurück, doch wurden seine Gemälde dieser Art. Ariadne auf Naxos, Herkules und Diomedes (im Museum zu Toulouse), Acis und Galathea u. a. von der öffentlichen Meinung verworfen. Der Künstler verfiel deshalb in Schwermut und ertränkte sich in der Seine. G. hat zahlreiche Schüler gebildet. Er war einer der hervorragendsten Historienmaler Frankreichs, ausgezeichnet durch Reichtum der Phantasie, große Kraft des Ausdrucks und dramatische Bewegung, namentlich aber bedeutsam als Vermittler zwischen der klassizistischen und der romantischen Schule Vgl. J. B. Delestre, G., sa vie et ses ouvrages (2. Aufl., Par. 1867); J. Tripier le Franc, Histoire de la vie et de la mort du baron G. (das. 1880); G. Dargenty, Le baron G. (das. 1887); Graul in Dohmes »Kunst und Künstler des 19. Jahrhunderts« (Leipz. 1885).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 359.
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