Musa

[292] Musa L. (Pisang, Banane, Paradiesfeige), Gattung der Musazeen, sehr große, üppig entwickelte, baumartige Stauden, mit einfachem, kurzem, von den Blattstielscheiden vollständig umschlossenem und durch sie scheinbar verlängertem Stamm und mächtigen, kurzgestielten, meist länglichen, ganzrandigen Blättern (s. Tafel »Blattformen II«, Fig. 17), zwischen denen lange, vom Rhizom ausgehende Blütenkolben hervortreten, die unten fruchtbare, weiter nach oben unfruchtbare Zwitterblüten und zu oberst männliche Blüten tragen. Sobald diese Blüten zur Entwickelung gelangen, fallen die dazugehörigen, lederigen, oft rötlich gefärbten Deckblätter ab. Die Frucht ist gurkenähnlich, drei- bis sechskantig, dreifächerig, vielsamig, bei den Kulturvarietäten häufig samenlos. Etwa 20 Arten im tropischen Asien, auf den Inseln des Stillen Meeres, in Australien und in Afrika heimisch, durch Kultur in wenigstens 200 Varietäten überall in den Tropenländern verbreitet. M. sapientium L. (gemeine Banane, s. Tafel »Nahrungspflanzen II«, Fig. 7) hat einen knolligen Wurzelstock, wird 6 m hoch, mit bis 4 m langen, 60 cm breiten Blättern, 1,5 m langen Kolben und gelblichweißen Blütenscheiden mit roten Spitzen. Die Früchte sind 20–30 cm lang. Der Schaft stirbt nach der Fruchtreife ab, und es erscheinen neue, schnell wachsende Nebensprossen, die nach wenigen Monaten Früchte tragen. Die Banane, zu deren Varietäten die früher als Art betrachtete M. paradisiaca L. gehört, gedeiht am besten in niedrigen Gegenden bei einer Temperatur von 26–27°, sie wird aber an der Golfküste von Nordamerika noch bei einer Temperatur von 21–24° und in Florida bis zum 29.° gebaut; weiter nördlich, bis 35°, wird der Ertrag unsicher. In Algerien ertrug die Banane 1878 eine Temperatur von 3°. Man baut sie hauptsächlich der Frucht halber, die nahrhafter ist als die Brotfrucht, und genießt sowohl die unreifen mehligen als die reisen Früchte, in denen fast alle Stärke in Zucker umgewandelt ist. In manchen Gegenden der Tropen bildet die Banane das Hauptnahrungsmittel. Ein Stamm gibt bis 40 kg Früchte, und da an derselben Stelle in einem Jahre drei fruchttragende Stämme hintereinander erscheinen können, so kann eine einzige Pflanze über 100 kg Früchte liefern. Indes ist der Ertrag des mit Bananen bepflanzten Bodens ungemein überschätzt worden. Nach Semler verhält sich der Ertrag an Kartoffeln (bei uns) zu dem an Bananen (in den Tropen) für die gleiche Bodenfläche wie 1: 3,5. In Ostindien und auf dem Malaiischen Archipel dient ein rötliches, angenehm riechendes und mild, etwas süßlich schmekkendes Bananenmehl als Nahrungsmittel, in Guayana besonders für Kinder und Kranke. In Mittelamerika, Kolumbien, Venezuela und auf Jamaika wird es im großen für Nordamerika hergestellt. Halbreise geschälte Bananen werden auf Maschinen in Scheiben geschnitten, die man trocknet, mahlt und siebt. Alle hierbei benutzten Apparate müssen aus Silber oder Aluminium bestehen, weil Eisen das Mehl wegen seines Gerbsäuregehaltes schwärzt. Mehl aus unreifen Bananen (Conquintay-, Stanleymehl) wird zur Darstellung von Stärkemehl benutzt, das als Arrowroot von Guayana in den Handel kommt. In Europa haben diese Präparate keinen Eingang gefunden. In Venezuela benutzt man die Bananen zur Darstellung von Branntwein. Auch die Blätter der Banane finden mannigfache Verwendung. Aus dem Stamme beider Arten gewinnt man an mehreren Orten eine Faser, die als Musafaser oder Manilahanf in den Handel kommt. Die größte Menge des letztern stammt aber von M. textilis Luis Née auf den Molukken und Philippinen (s. Tafel »Faserpflanzen II«, Fig. 5, mit Text). M. Ensete Gmel. (Ensetebanane), in Abessinien, wird 9 m hoch und trägt 6 m lange, 90 cm breite Blätter. Ihre Früchte sind ungenießbar, aber ihre Sprößlinge bilden ein treffliches Gemüse, und das Innere des Stammes wird gekocht und ist das einzige vegetabilische Nahrungsmittel einiger afrikanischer Völkerschaften. Eine einzige Pflanze produziert gegen 19,000 Blüten. Aus dem Stamme gewinnt man ebenfalls Gespinstfasern, namentlich auch in Neusüdwales, wo die Pflanze kultiviert wird. Seit 1853 kultiviert man sie in Europa als Zierpflanze, zumal sie auch die Auspflanzung ins Freie verträgt. Dazu eignet sich noch besser die fast ebenso schöne M. superba Roxb. aus Hinterindien, die im Winter einzieht. M. chinensis Sweet. (M. Cavendishii Paxt.) und M. coccinea And., beide in China, wie auch M. ornata Roxb. in Hinterindien, bleiben kleiner als die vorigen Arten und werden deshalb häufig in Warmhäusern als Zierpflanzen gezogen; auch eignen sie sich für das Zimmer. Vgl. Wittmack, M. Ensete (Halle 1867).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 292.
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