Palma [5]

[337] Palma, 1) Jacopo (Giacomo), genannt il Vecchio (»der Alte«), ital. Maler, geb. um 1480 in Serinalta bei Bergamo, gest. zwischen dem 28. Juli und dem 8. Aug. 1528 in Venedig. Mehr ist über sein Leben nicht bekannt; doch ergibt sich aus seinen Werken, von denen über 50 erhalten sind, daß er sich in Venedig unter dem Einfluß von Giov. Bellini, Cima und Carpaccio ausbildete, daß er später seinen Stil nach seinen Altersgenossen Tizian und Giorgione umwandelte und schließlich in der letzten Periode seines Schaffens zu voller malerischer Freiheit und Selbständigkeit entwickelte. Mit Tizian und Giorgione bezeichnet er den Höhepunkt der venezianischen Malerei während ihrer Blütezeit. Er hat teils Altarbilder und religiöse Gemälde für Paläste und Familienkapellen gemalt, die meist die Madonna mit dem Kind und mehreren Heiligen, bisweilen auch mit den Stiftern, in ruhigem Beisammensein darstellen (sogen. Sante conversazioni, heilige Unterhaltungen), teils Porträte, Einzelgestalten und Studienköpfe. Sein Hauptwerk, zugleich eine der vollendetsten und großartigsten Schöpfungen der Malerei überhaupt, ist die heil. Barbara (Venedig, Santa Maria Formosa), um 1515 gemalt. Seiner ersten Periode gehören eine Madonna mit dem Kind (Berlin, Museum), die Madonna mit Heiligen und musizierenden Engeln in Zerman bei Treviso und der heil. Petrus mit sechs Heiligen (Venedig, Akademie), der zweiten Periode die heil. Barbara, Adam und Eva (Braunschweig, Museum), Christus und die Ehebrecherin (Rom, Kapitol), Mariä Heimsuchung (Wien, kaiserliche Galerie), die Anbetung der Hirten (Paris, Louvre), die Madonna mit Petrus (Rom, Palazzo Colonna), die Madonna unter dem Baume mit vier Heiligen (Wien, kaiserliche Galerie) und die heilige Familie mit Hieronymus und Katharina (Neapel, Museum), der letzten Periode die Madonna mit den Heiligen Lucia und Georg (Vicenza, Santo Stefano), die Anbetung der Könige (Mailand, Brera) und Jakob und Rahel (Dresden, Galerie) an. Die schönsten seiner Bildnisse, Darstellungen weiblicher Schönheiten und Einzelfiguren, besitzen die kaiserliche Galerie in Wien (darunter die sogen. Violante und eine Lucrezia), die Dresdener Galerie (eine ruhende Venus und die drei Schwestern) und das Berliner Museum. Die sogen. »Bella di Tiziano« (früher im Palazzo Sciarra in Rom) ist ins Ausland gekommen. P. war derjenige Maler, der die venezianische Frauenschönheit am glänzendsten zu schildern wußte, namentlich in seiner letzten Periode, in der er die Lokalfarben in zartestem [337] Licht verschwimmen ließ. Vgl. A. Rosenberg in Dohmes »Kunst und Künstler«, Bd. 3 (Leipz. 1879); Locatelli, Notizie intorno a Giacomo P. il Vecchio (Bergamo 1890).

2) Jacopo, genannt il Giovane (»der Junge«), Maler, Neffe des vorigen, geb. 1544 (?) in Venedig, gest. daselbst 1628, bildete sich nach Tizian, P. dem Ältern und besonders nach Tintoretto. Nachdem er sich acht Jahre in Rom aufgehalten, war er wieder in Venedig tätig. Bilder von ihm, meist religiösen Inhalts, finden sich in Brescia, Genua, Modena, Rom, Venedig, Dresden, München, Kassel, Wien (Beweinung des Leichnams Christi). Er hat auch 27 Blätter radiert.

3) Tomas Estrada, Präsident der Republik Cuba, geb. 1836 in Bayamo, studierte in Havana und ließ sich daselbst als Advokat nieder. Seit 1868 beteiligte er sich an den verschiedenen Aufständen der Insel und war 1875 Präsident der revolutionären Regierung. Nachdem er 1877–79 in spanischer Gefangenschaft gewesen, ließ er sich in den Vereinigten Staaten nieder, wo er sich Sympathien zu erwerben wußte. Diesen hatte er es zu danken, daß nach der Beseitigung der spanischen Herrschaft im Herbst 1901 die Wahl auf ihn gelenkt wurde. Der schwierigen Aufgabe, die Interessen von Cuba mit den Ansprüchen der Vereinigten Staaten möglichst in Einklang zu bringen, entledigte er sich mit diplomatischem Takt, so daß er im Frühjahr 1906 für eine zweite, 1907 beginnende Amtsperiode zum Präsidenten erwählt wurde.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 337-338.
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