Pampas

[348] Pampas (in der Ketschuasprache soviel wie Ebenen), Name der ausgedehnten baumlosen Ebenen Argentiniens, aber auch Bezeichnung für das dichtbewaldete Gebiet zwischen den Flüssen Marañon und Ucayali (P. del Sacramento) sowie für die auf der Hochebene von Perú gelegenen großen, langsam austrocknenden Seebecken (Pampa Aullagas, Pampa de Empeza). Auch die im östlichen Flachland von Bolivia sich ausdehnenden Llanos de Mojos, de Guarayos, de Chiquitos sowie das sich anschließende Gebiet des Gran Chaco (s. d.) hat man zuweilen mit unter die P. gerechnet. Im eigentlichen Sinne versteht man unter Pampa den Teil Argentiniens, der im O. durch den Flußlauf des Parana und die Küstenlandschaft der Provinz Buenos Aires begrenzt wird, während im N. gegen den Gran Chaco der Rio Saladillo und der untere Salado zwischen 29 und 30° südl. Br., im W. die Sierras Velasca, de la Huerta und andre Vorketten der Anden, im S. der Rio Negro die Grenzen bilden, ein Areal von 678,000 qkm. Die Pampa steigt allmählich vom Paraná und der Küste nach W. und NW. an (Rosario liegt 38, Cordoba 390, Villa Mercedes 402 m ü. M.). Mitten aus der Pampa ragen die Sierras von Cordoba, Ancaste, Ambato auf, mit Alpenwiesen, die zur Ansiedelung Anlaß gegeben haben. An der Südostgrenze erhebt sich in den Pampinen Sierras die Sierra de la Ventana zu 1060 m. Die Oberflächenschichten dieser Ebenen werden auf weiten Flächenräumen in ununterbrochener Entwickelung von einer 30–50 m mächtigen Decke eines gelben oder rötlichen kalkhaltigen Lehmes und sandigen Tones, der Pampasformation, gebildet, der in der Nähe der Gebirge Sandschichten mit Geröllen und an zahlreichen Stellen Kalkknollenlager sowie marine Sedimente mit Repräsentanten noch jetzt lebender Konchylien eingebettet sind. In diesen Schwemmlandablagerungen sind zahlreiche Reste ausgestorbener Säugetiere gefunden worden, neben Bibern, Pferden, Tapiren, Lamas, Mastodonten und breitnasigen Affen namentlich riesige Faultiere und Gürteltiere (Megatherium[348] und Glyptodon), deren Skelette im Museo Provincial in Buenos Aires beweisen, daß die Pampasformation als ein Äquivalent des nordamerikanischen und europäischen Diluviums (insbes. des Lösses) zu betrachten ist. Späterer Zeit verdanken die sicherlich glazialen Geröllablagerungen, die unweit der Gebirge die Pampaslehmdecke überlagern, sowie die Flugsandmassen, die mit ihren wandernden Sandhügeln (Medanos) große Flächen der öden zentralen Fläche bedecken, endlich die Salzablagerungen der argentinischen Salinas ihre Entstehung. Unzählige Lagunen bedecken die Pampa, namentlich zwischen der Sierra de Cordoba und dem Colorado, die vielfach Salzkrusten auf dem Boden und an den Rändern abscheiden. Von Flüssen sind außer den bereits genannten Grenzflüssen nur zu nennen der aus der Vereinigung des Rio Terceiro und Rio Cuarto entstandene Carcarañal, der bei Rosario in den Paraná mündet, und der Rio Salado und Colorado, beide dem Atlantischen Ozean zugehend. Der Boden ist mehr oder weniger von Salz durchdrungen, namentlich im W., wo sich die sandigen, nur mit kümmerlicher Vegetation bedeckten Travesias ausbreiten, die aber auch fruchtbare Oasen einschließen. Die trockne Zeit beginnt im Oktober und dauert oft 3–4 Monate, ohne daß ein Regentropfen den glühenden und geborstenen Boden erfrischt (im Jahre fallen etwa 52 cm Regen, davon vom Mai bis September nur 9 Proz.). Häufig treten trockne, stürmische Südwestwinde auf. Die argentinischen P. erscheinen im allgemeinen als eine fast völlig ebene, nur an den Flußläufen und Lagunen von wenigen Bäumen und Gesträuch, sonst von Kräutern und Gras bewachsene Landschaft. An den Ufern einiger Flüsse wachsen Weiden oder Algaroben (Prosopis dulcis) und andre Mimosen neben strauchartigen Kompositen (Baccharis) und Nachtschattengewächsen. Eingeführte Bäume gedeihen sehr gut. Die europäischen Obstsorten bringen treffliche Früchte. Den Hauptbestandteil der P. bilden echte Gräser (Paspalum, Cenchrus, Stenotaphrum, Pappophorum, Eriocaulon, Eleusine, Eustachys) und Riedgräser. Wo der Pampaston verschwindet und die Steppe sandiger wird, zeigen sich mächtige Kakteen und andre Sandpflanzen. Namentlich bei Buenos Aires haben sich auf weiten Flächen einige europäische Disteln und der Fenchel angesiedelt. Meilenweite Strecken bedecken Medicago denticulata und die Artischockendistel (Cynara Cardunculus), die, 1769 aus Spanien eingeschleppt, übermannshohe, undurchdringliche Dickichte bildet. Auch an die Stelle einheimischer treten häufig unsre Gräser (Lolium perenne und multiflorum, Hordeum murinum und pratense). Am Saume der mächtigen Grasebenen erheben sich Araukarienwälder, zwischen denen Baccharis-Sträucher wuchern und der schilfartige Rasen der Ananas gedeiht. Die P. ernähren zahlreiche Herden von Rindvieh, Pferden und Schafen; die (zuerst von den Spaniern eingeführten) Pferde sind großenteils verwildert. Von Tieren sind charakteristisch die Pampaskatze, die in Patagonien bis zur Magalhãesstraße lebt, das Viscacha der P. von Buenos Aires und Paraguay, zahlreiche Zahnlose, besonders Gürteltiere, der Pampashirsch und von Vögeln der amerikanische Strauß oder Nandu (Rhea), der in Herden die P. belebt.

Die Bevölkerung der P. bestand früher aus vielen Indianerstämmen (Ketschua im NW., Verwandte der Araukaner längs der Anden, Abiponer, Pehuelischen, Manzaneros, Tehnelischen im O.), die man als Pampasindianer bezeichnete, die aber heute fast sämtlich vertrieben sind. Die Kolonisten wohnen meist auf zerstreuten Gütern (Estancias), auf denen fast ausschließlich Viehzucht getrieben wird. Es sind meist Mischlinge von Spaniern und Indianern, hier Gauchos (s. d.) genannt. Die P. werden jetzt von mehreren Eisenbahnen durchschnitten. Wissenschaftlich durchforscht wurden sie von d'Orbigny, Darwin und Roth. Vgl. Jonin, Durch Südamerika, Bd. 1: Die Pampaländer (aus dem Russ., Berl. 1894); Vallentin, Chubut. Im Sattel durch Kordillere und Pampa Mittel-Patagoniens (das. 1906).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 348-349.
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