Paß [1]

[479] Paß (franz. Passeport), amtlicher Ausweis für Reisende. Er enthält eine Personalbeschreibung und die Unterschrift des betreffenden Reisenden. Fälschung eines Passes ist Urkundenfälschung (s. d.); die fälschliche Anfertigung oder Verfälschung oder der wissentliche Gebrauch eines falschen Passes lediglich zum Zweck des bessern Fortkommens wird nach dem deutschen Reichsstrafgesetzbuch (§ 363) mit Hast bis zu 6 Wochen oder mit Geldstrafe bis zu 150 Mark bestraft. Die Paßpflicht oder der Paßzwang erwies sich mit dem steigenden Fremdenverkehr und mit der Verbesserung und Vermehrung der Verkehrsmittel, namentlich der Eisenbahnen, als ungenügend zur Kontrolle des Fremdenverkehrs und dabei als lästig für die Reisenden. Einige Abhilfe brachte für Deutschland die Dresdener Konvention vom 21. Okt. 1850, wodurch die Paßkarten eingeführt wurden, als kurze und handliche Ausweise, die, ein Kalenderjahr gültig, nirgends zum Visieren vorgelegt zu werden brauchten. Eine gänzliche Beseitigung des Paßzwanges (Einführung der Paßfreiheit) erfolgte in Deutschland erst mit der Gründung des Norddeutschen Bundes, nachdem bereits zuvor in mehreren außerdeutschen Staaten, namentlich in der Schweiz, die Paßpolizei beseitigt worden war. Das norddeutsche Bundesgesetz vom 12. Okt. 1867 über das Paßwesen ist inzwischen auch auf die süddeutschen Staaten außer Elsaß-Lothringen ausgedehnt worden. Die Reichsregierung kann die Paßfreiheit zeitweilig aufheben, wenn es die Sicherheit des Reiches oder eines einzelnen Bundesstaates, z. B. im Fall eines Krieges oder innerer Unruhen, erheischt, und den Paßzwang überhaupt oder für einen bestimmten Bezirk oder zu Reisen aus und nach bestimmten Staaten des Auslandes vorübergehend einführen. Anderseits ist den Reichsangehörigen das Recht ein geräumt, die Ausfertigung eines Passes oder einer Paßkarte von der zuständigen Behörde und zwar im Ausland von den Gesandten und Konsuln zu verlangen, wofern ihrer Reise keine gesetzlichen Hindernisse entgegenstehen. Im eignen Interesse sollte jeder, der die deutsche Grenze auf kürzere oder längere Zeit überschreitet, sich in den Besitz eines Reisepasses oder mindestens einer Paßkarte setzen. Im Grenzverkehr mit Rußland wird eine 28 Tage gültige Grenzkarte, sogen. Halbpaß, ausgestellt. Besonders streng ist die Paßkontrolle in Rußland, der Türkei und Portugal. Die Spezialpässe, wie Zwangspässe und Reiserouten, die von den Polizeibehörden erteilt werden, und ebenso die Kontrolle von Neuanziehenden und Fremden an ihrem Aufenthaltsort werden durch jenes Reichsgesetz nicht berührt, auch nicht die Vorschriften, die über die Leichenpässe gelten, d.h. Ermächtigungen, eine Leiche unter Anwendung bestimmter Vorsichtsmaßregeln durch einen bestimmten Bezirk durchführen zu dürfen. Gesundheitspässe werden an Reisende verteilt, die in Zeiten, wo eine Seuche in einem Lande herrscht, aus diesem in einen Nachbarstaat übertreten wollen. Militärpässe, bez. Marinepässe sind amtliche Legitimationspapiere, die der Soldat bei seinem Übertritt in die Reserve von der Militärbehörde erhält. Urlaubspässe erhalten die für tauglich befundenen Militärpflichtigen; sie gelten vom Tage der Aushebung bis zum Gestellungstage. Ersatzreservepässe erhalten die bei der Ausmusterung der Ersatzreserve überwiesenen Mannschaften. Auslandspässe, d.h. auf das Ausland lautende Pässe, dürfen Wehrpflichtigen, die sich noch nicht im militärpflichtigen Alter befinden, also zwischen 17 und 20 Jahre alt sind, über den Zeitpunkt des Eintritts in das 20. Lebensjahr hinaus nur erteilt werden, wenn gesetzliche Hindernisse nicht im Wege stehen, z. B. mangelnde elterliche Einwilligung, Verdacht, sich der Heerespflicht zu entziehen, etc. Für die Legitimationsscheine der Hausierer ist jetzt der Ausdruck Wandergewerbeschein (s. d.) üblich. Ein Handlungsreisender (s. d.) bedarf einer Legitimationskarte. Die Aufenthaltskarten (s. d.) sind abgeschafft.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 479.
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