Semirămis

[329] Semirămis, sagenhafte Königin von Assyrien, Tochter der Göttin Derketo (s. d.), wurde ausgesetzt, aber von einem Hirten, Simmas, aufgefunden und erzogen. Nach Ktesias' Bericht ward sie die Gemahlin des Onnes, Statthalters von Syrien, sodann nach dessen Selbstmord des Königs Ninos, dessen Bewunderung sie durch ihre Teilnahme an dem Kriege gegen Oxyartes von Baktra und Ersteigung der Mauer dieser Stadt erregt hatte. Sie gebar dem Ninos den Ninyas und übernahm nach des erstern Tode die Regierung. Als Königin erbaute sie Babylon, wo großartige Bauwerke (hängende Gärten der S.) ihr Andenken erhielten, ließ Gebirge durchbrechen, um Straßen anzulegen, und in den Ebenen Berge und Felsen aufrich len. Der Wollust ergeben, ließ sie die, welche ihre Liebe genossen hatten, heimlich umbringen. Sie unternahm Feldzüge nach Persien, dann nach Ägypten, Libyen, Äthiopien und endlich mit 3 Mill. Fußgängern, 1/2 Mill. Reitern und 100,000 Streitwagen nach Indien, ward aber vom König Stabrobates geschlagen und entkam nur mit einem Drittel ihres Heeres. Da Ninyas ihr nach dem Leben stellte, verschwand sie in Gestalt einer Taube oder tötete sich selbst im 42. Jahr ihrer Herrschaft und ward fortan als Gottheit verehrt. Dieses ist S., die in der Geschichte[329] nicht existiert, in der Tat gewesen, und zwar die Göttin des Krieges und zugle. ch der Liebeslust, die bei den Assyrern Istar hieß, und der die Taube geheiligt war. Vgl. Lenormant, La legende de S. (Brüssel 1873). – Eine ganz andre S. als die des Ktesias ist die von Herodot 1,184 erwähnte Königin S. von Babylon, die fünf Generationen vor Nitokris (s. Nabopolassar), also 766 v. Chr., regiert habe. Es ist bemerkenswert, daß die uns mit Namen überlieferte Gemahlin des assyrischen Königs Adadnirari III. (811–782) Sammurāmat hieß. – S. des Nordens wurde von Schmeichlern die Kaiserin Katharina II. von Rußland genannt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 329-330.
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