Timbuktu

[556] Timbuktu (Tinbuktu, Tombuktu, Tumbutu, »Bauchhöhle«), altberühmte, jetzt französische Handelsstadt am Südrande der Sahara, unter 16°43' nördl. Br. und 2°57' westl. L., 240 m ü. M., in unfruchtbarer Umgebung, 15 km nördlich vom Niger, hat 5–6 km Umfang, 1000 einstöckige, flach bedachte Tonwohnungen nebst einigen hundert runden Mattenhütten, drei Moscheen, darunter die Dschingere-ber (»große Moschee«), ein stattliches Gebäude, 80 m lang und 59 m breit mit 12 Schiffen und hohem, viereckigem Turm, und die erst kürzlich von den Franzosen erbaute Zitadelle nebst zwei Forts an der Nordseite. Die ansässige Bevölkerung, nach Barth (1853) 13,000, nach Lenz (1880) 20,000, beträgt jetzt nur 5–7000 Seelen (Sonrhai, Araber, Tuareg, Fulbe, Bambarra- und Mandinkaneger) und zuzeiten lebhaften Handelsverkehrs noch etwa 5000 Fremde. T., mit großen Bibliotheken, ist ein Hauptsitz islamitischer Gelehrsamkeit. Die Industrie ist gering, wichtiger der Handel. Häfen der Stadt sind Kabara (2000 Sonrhai) und westlich Ko ri ume, beide nördlich des Niger. Man schätzte die jährliche Handelsbewegung auf 400 Karawanen mit 140,000 Kamelen und 22,400 Ton., die Bootsladungen auf 26,500 T. für Kabara, auf 5000 T. für Koriume. Der Wert der Karawanenladungen von der Sahara her mag, nach einer Statistik vom Jahre 1896, jährlich gegen 180,000 Mk. betragen. Haupthandelsartikel sind: Gold (namentlich von Bambuk und Bure gebracht), Kolanüsse, Salz, Elfenbein, Gummi, Straußfedern (früher Sklaven, jährlich 1000), von europäischen Manufakturen rotes Tuch, Matratzen, Leibbinden, Spiegel, Messer, Zucker, Mehl, Tee, Korallen etc., von arabischen Waren besonders Tabak, aus Tuat Datteln. T. ist jetzt Telegraphenstation. T. war jahrhundertelang für die europäischen Geographen ein Rätsel. Mungo Park drang 1805 bis Kabara vor, Laing 1826 nach T., wurde jedoch, wenige Tage darauf ausgewiesen, auf der Rückkehr ermordet. Caillié verweilte zwar 20. April bis 3. Mai 1828 in T., ohne aber, weil er sich seiner Sicherheit wegen verborgen halten mußte, umfassendere Beobachtungen zu machen. Dagegen durfte Barth, vom Scheich Ahmed el Bakhaï freundlich aufgenommen, (September) 1853 bis (Juli) 1854 in T. und Umgegend verweilen. 1880 wurde T. von Lenz, der nur noch einen Schatten von seiner einstmaligen Größe und Bedeutung fand, 1886 Kabara von einem französischen Kanonenboot besucht. 1894 besetzten T. die Franzosen, nachdem sie Segu und Massina unterworfen, und machten es später zur Hauptstadt des ersten (nördlichsten) Militärterritoriums (s. Sudân). Eine deutsche, 1907 ausgegangene Expedition unter Frobenius will vom Senegal her T. erreichen.

Die Stadt T. wurde um 1100 n. Chr. von den Tuareg gegründet. Manssa Musa, König des islamitischen Reiches Melli (1311–31), eroberte 1326 auch T., das bald ein Handelsplatz ersten Ranges, 1329 zwar von dem heidnischen König von Mossi großenteils zerstört, jedoch schon von Manssa Sliman von 1335 an wiederhergestellt wurde und rasch zur Blüte gelangte. 1591 fiel es in die Hände der Marokkaner, bis die Auelimmiden, ein Zweig der Tuareg, 1780 das Reich Haussa am Nordufer des Niger gründeten, dem auch T. unterworfen wurde. Nach dem Zerfall der Reiche im Sudân bemächtigten sich die Fulbe 1810 auch der Stadt T.; 1844 vertrieben, zwangen sie 1846 die Tuareg zu einem Vergleich, wonach die Stadt von beiden Stämmen gemeinschaftlich verwaltet wurde. Scheich Ahmed el Bakhaï vertrieb 1863 die Fulbe; Sidi Mohammed schlug sie 1866 wiederholt. Als die Franzosen Segu und Massina unterworfen hatten, nahmen sie 1893 T. und behaupteten es trotz wiederholter[556] Niedermetzelungen ihrer Expeditionen. Vgl. Barth, Reisen in Zentralafrika, Bd. 4 (Gotha 1857); Lenz, Timbuktu (2. Aufl., Leipz. 1892, 2 Bde.); Dubois, T. la mystérieuse (Par. 1897); Hacquard, Monographie de Tombouctou (das. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 556-557.
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