Transkaspische Provinz

[665] Transkaspische Provinz (russ. Sakaspijskaja Oblastj), Provinz des russisch-zentralasiat. Generalgouv. Turkistan (s. Karte bei »Russisch-Zentralasien«), begrenzt vom Gouvernement Uralsk, Chiwa, Bochara, Afghanistan, Persien und dem Kaspischen Meer, 554,860 qkm mit (1897) 377,416 Einw. An der Küste des Kaspischen Meeres sind die Halbinsel Mangischlak (s. d.), der Busen von Karabugas, die Balchanbucht mit der vorgelagerten, an heißen und kalten Naphtha- und Salzquellen reichen Insel Tscheleken und im äußersten Süden die Hassankulibai zu nennen. Den nördlichen Teil des Landes nimmt die wasserlose, felsige Hochebene des Ust-Urt, den mittlern die Sandwüste Karakum ein, der südliche Teil wird bewässert vom Tedschen und Murghab, die sich beide in der Karakumwüste verlieren. Die Grenze gegen Persien begleitet ein bis 2980 m aufsteigendes Gebirge, das unter verschiedenen Benennungen (Kopet Dagh, Kure Dagh, Kleiner und Großer Balchan, Karjanynkarygebirge) sich bis zur Balchanbucht fortsetzt. Der einzige Fluß, der das Kaspische Meer erreicht, ist der Atrek an der Südgrenze. Die zahlreichen salzigen Seen nehmen 989 qkm ein. Das Klima ist kontinental, sehr trocken, mit großen Temperaturschwankungen; Jahrestemperatur 14,3°. Der Winter dauert nur zwei Monate, doch fällt das Thermometer bis -26° und steigt im Sommer bis 55°, die Niederschläge betragen bei Krasnowodsk 107, bei Kisil Arwat 269 mm. Über Flora und Fauna vgl. den Artikel »Zentralasien«. Dem völligen Waldmangel sucht man durch Anpflanzungen abzuhelfen. Die Bevölkerung (s. oben) bilden in der Hauptsache Turkmenen nebst Kirgisen und Tekinzen, ferner Russen, Perser, Armenier, Tataren u. a. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung wohnen in Oasen, an Flüssen und am Ufer des Kaspischen Meeres, im ganzen auf 20,000 qkm (3,6 Proz. der Oberfläche). Ackerbau ist nur bei Bewässerung möglich, doch versagen die von der russischen Regierung gemachten Anlagen nicht selten. Bei guter Bewässerung aber gibt der Boden außerordentlich hohe Erträge an Weizen, Gerste, Mohrenhirse, Luzerne, Sesam (zur Ölbereitung), Reis, Baumwolle, in den Gärten Zucker- und Wassermelonen, auch Wein, namentlich zur Rosinenbereitung, Feigen, Pfirsichen, Aprikosen, Kirschen, Granatäpfeln. Hauptbeschäftigung der größtenteils nomadisierenden Bevölkerung ist die Viehzucht (1896: 2 Mill. Schafe, 160,000 Kamele etc.), doch geht öfters mehr als ein Drittel des Viehstandes an Futtermangel während des Winters zugrunde. Salz (namentlich in den Kreisen Mangischlak und Krasnowodsk sowohl an den Küsten des Kaspischen Meeres als aus Salzseen), Naphtha (von der Insel Tscheleken), Gips, Ozokerit, auch Steinkohlen, Schwefel, Halotrichit, Glaubersalz kommen vor. Der Handel (durch Karawanen) richtet sich namentlich nach Chiwa, Bochara, Afghanistan, Persien. Seit der Vollendung der Transkaspischen Eisenbahn ist jedoch diese das Hauptverkehrsmittel. Ausgeführt werden namentlich Wolle, Wollwaren, Baumwolle und Getreide, dann Fische, Häute und Felle. Hauptstadt ist Aschabad (s. d.). Die Provinz zerfällt in die Kreise Mangischlak, Krasnowodsk, Aschabad, Tedschen, Merw. Die Russen gründeten in diesem Gebiete 1869 die Militärstation Krasnowodsk und 1871 Tschikisliar am Atrek. 1881 eroberten sie das Tekke-Turkmenengebiet und gewannen 1884 Merw. Vgl. Tarnowski, Bericht über das Transkaspische Gebiet (russ., Askabad 1893, 2 Bde.); Lidskij, Materialien zur Bibliographie Mittelasiens und der angrenzenden Gebiete 1892–1895 (Bd. 1 von »Russisch-Turkestan«, 1899); Dukmeyer, Unbefangene Beobachtungen aus Russisch-Turkestan (Beilage zur »Allgemeinen Zeitung« vom 22. u. 30. Okt., 8. u. 15. Nov. 1901); Krahmer, Das transkaspische Gebiet (Berl. 1905); Auhagen, Die Landwirtschaft in Transkaspien (das. 1906); weitere Literatur bei »Russisch-Zentralasien« und »Transkaspische Eisenbahn«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 665.
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