Füße

[811] Füße (Pedes), die dem thierischen Körper zu seiner Erhebung über den Boden zum Fußen) u. zu seiner Fortbewegung darauf verliehenen Organe. Sie sind nicht wesentlich zum Bestehen des Thierlebens (wie Kopf u. Rumpf); daher ermangem ihrer (sind Fußlos) ganze große Klassen von Thieren, namentlich Zoophyten u. Mollusken, Würmer (von denen wenige nur analoge Organe haben), Fische u. von Amphibien die Schlangen. Insecten haben in dem Zustande ihrer vollkommenen Entwickelung wenigstens 6 F., Spinnen, Krebse 8, einige Crustaceen (Vielfüße) noch mehrere (der Erdvielfuß z.B. 100 auf jeder Seite). Von Amphibien haben Frösche, Eidechsen, Schildkröten zwei Fußpaare, ein vorderes u. ein hinteres. Vögel sind ohne Ausnahme zweifüßig, indem ihr vorderes Fußpaar zu Flügeln ausgebildet ist. Säugthiere sind, wegen des constanten Charakters eines vorderen u. eines hinteren Fußpaares auch[811] Vierfüßler benannt; doch sind bei den vogelartigen Übergangsthieren (Fledermäusen) die Vorderfüße zum Flug, bei den fischartigen vorzüglich die Hinterfüße zum Schwimmen organisirt. Meist ist bei Säugthieren das hintere Fußpaar das am kräftigsten ausgebildete u. vornehmlich zum Tragen u. zur Fortbewegung des Körpers geschickt, das vordere Fußpaar aber mehr ein unterstützendes Organ u. vorzugsweise zu Nebenzwecken, Festhaltung des Raubes, Scharren, Klettern, Vertheidigung etc. dienend. Bes. bei Menschen hat das vordere Fußpaar als Arm u. Hand eine höhere Lebensbestimmung, daher ein Mensch auch als zweifüßig, in Behauptung einer aufrechten Haltung über die Vierfüßler sich erhebt. Bei Menschen bilden (nach Vollendung des Wachsthums) die beiden F. etwas mehr als die Hälfte der Körperlänge (7/13 bis 4/7); die Spaltung des Rumpfes in die Schenkel fällt aber in die Mitte der Körperlänge od. wenig darunter. Die F. bestehen: a) aus dem Oberschenkel, von der Hüfte bis zum Knie; b) dem Unterschenkel (mit 2 knöchernen Grundlagen), von da bis zu den Knöcheln, u. c) dem Plattfuß (Fuß im engeren Sinn), als Unterlage u. vorwärts gestreckter Theil. Dieser besteht wieder wesentlich aus aa) der Fußwurzel (Hintertheil), bb) dem Mittelfüß u. cc) fünf Zehen (Vordertheil), vgl. diese alle, auch Fußbänder, Fußgelenke, Fußknochen, Fußmuskeln. Bei den F. der Säugthiere ist der Bau mannigfaltig abweichend, nach Natur u. Bestimmung jedes Thiergeschlechts. Nur bei Affen ist das Oberschenkelbein viel länger als das Schienbein des Unterschenkels, obgleich schief in den Hüftknochen eingefügt, daher ihre kauernde Stellung (auch bei Vögeln ist der Oberschenkel durch Länge ausgezeichnet). Sonst ist bei Säugthieren der Unterschenkel der längere Theil u. der größere Theil des Fußes von ihm gebildet. Bei den meisten Nagern, Wiederkanern, auch einhufigen Thieren sind beide Unterschenkelknochen zu Einem verwachsen. Allen Vögeln aber, wie auch Fröschen, fehlt die kleine Röhre. Die einzelnen Knochen, welche den menschlichen Plattfuß bilden, sind bei den hochbeinigen Thieren aus dem Hunde- u. Katzengeschlecht u. bei denen mit Hufen u. gespaltenen Klauen sehr in die Länge gezogen, indem diese Thiere nur mit den Zehen auf. reten. Auch ist die Zahl der Knochen der Fußwurzeln meist, wie bei den Menschen, 7, doch ihre Form sehr verschieden. Die Zahl der Mittelfußknochen entspricht gewöhnlich der der Zehen, die von 3–5 wechselt. Die Nagelglieder derselben sind mit Nägeln, Krallen od. Klauen (s.d. a.) überzogen. Das vordere Fußpaar der Säugthiere entspricht mehr od. minder der Arm- u. Handbildung der Menschen. Zu ihm kommt noch die Schulter, welcher das Schulterblatt zur Grundlage dient, das jedoch wegen schmäleren Rumpfes des Thierleibes mehr seitwärts als hinterwärts liegt. Nur solche Thiere haben Schlüsselbeine, die eine vorzügliche Gelenkigkeit der Vorderfüße bedürfen, namentlich die viel klettern (Affen, Faulthiere, Eichhörnchen), fliegen (Fledermäuse), graben (Maulwurf, Igel, Spitzmaus, Stachelschwein, Armadill, Ameisenbär) u. gut schwimmen (Biber). Der Oberarmknochen variirt bes. in seiner Länge; sehr lang ist er beim Orang-Utang, bei Fledermäusen, Faulthieren, sehr kurz bei Wiederkauern, Einhufern, Cetaceen. Den Unterarm haben Affen wie bei Menschen gebildet. Bei Fledermäusen ist die Speiche sehr lang, das Ellenbogenbein nur wie ein Fortsatz. Bei Wiederkauern u. Einhufern ist das Ellenbogenbein fast der ganzen Länge nach mit der Speiche verwachsen. Die Bildung des unteren Theils der Vorderfüße variirt eben so wie die der Hinterfüße. F. der Vögel bestehen aus 3 Haupt- u. mehreren Zehenknochen u. werden getheilt in Lende (bei Anderen Schenkel, Femur, oberstes Gelenk), Schenkel (bei Anderen Schienbein, Crus, mittelstes Gelenk), Fuß (bei Anderen Fußwurzel, Pes, drittes Gelenk) u. Zehen (Digiti, die vordersten meist mit 3, die hinteren mit 2 Knochen). Lende u. Schenkel sind meist befiedert u. fleischig, bei den Wasservögeln der Schenkel nur halb; der Fuß meist walzenförmig, mit einer geschilderten, netzförmigen, härteren (bei Raubvögeln hornartigen) selten befiederten Haut bedeckt u. hat bei den Männchen einiger Arten einen besonderen Sporn (auch 2). Zehen sind nur 4, selten 3 (eine nach hinten, Daumen) u. gewöhnlich frei, bei Wasservögeln mit ganzer od. halber Schwimmhaut verbunden. Die F. heißen Gangfüße (Pedes ambulatorii. alle Zehen frei, eine hinten); Schreitfüße (P. gressorii, 2 Vorderzehen sind etwas verwachsen); Lauffüße (P. cursorii, Daumen fehlt); Rennfüße (P. didactyli, 2 Vorderzehen); Kletterfüße (P. scansorii, 2 Zehen nach hinten, 2 nach vorn); Klammerfüße (P. prehensiles, alle 4 Zehen nach vorn); Wadfüße (P. vadantes, Federn gehen nur auf den halben Schenkel); Schwimmfüße (P. natatorii od. P. palmati, mit einer, zwischen allen Vorderzehen ausgespannten Haut); halbe Schwimmfüße (P. semipalmati. die Schwimmhaut reicht nur bis zur Hälfte der Zehen); Ruderfüße (P. stegani, alle 4 Zehen sind durch Schwimmhaut verbunden); Lappenfüße (P. lobati, der Saum an den einzelnen Zehen ist getheilt) etc. F. der Insecten bestehen aus der Hüfte (Coxa, womit sie an den Körper befestigt sind), dem Schenkel, dem Schienbein, den Fußgliedern u. der Klaue. Schenkel u. Schienbein sind bei einigen mit Stacheln od. Grübchen u. dgl. versehen; die Zahl der Fußglieder ist verschieden u. hat Grund zur Eintheilung der Insecten gegeben (Tetrameri mit 4, Dimeri mit 2 Fußgliedern etc.); die Klaue ist meist zweispaltig. Die Wasserinsecten haben gefiederte oder gedrückte Schwimmfüße. Vgl. Zehen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 811-812.
Lizenz:
Faksimiles:
811 | 812
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika