Warschau [1]

[862] Warschau, Herzogthum, einer der Staaten, welche Napoleon 1807 nach dem Frieden von Tilsit (s. d. unter Preußisch-Russischer Krieg gegen Frankreich 1806 S. 585) bildete; es bestand aus dem, von Preußen abgetretenen Südpreußen u. dem Netzdistrict (mit Ausnahme von Bialystock, welches an Rußland kam), umfaßte 1850 QM. mit 2,200,000 Ew. u. wurde dem König von Sachsen gegeben. Die Constitution war liberal, die Leibeigenschaft aufgehoben, ein Senat u. Landtag eingesetzt, der Code Napoléon u. Friedensgerichte eingeführt u. das Land in 6 Departemente, Posen, Kalisch, Plock, W., Lomza u. Bromberg, getheilt. 1809 kamen durch den Wiener Frieden noch 4 Departemente von Österreich an das Herzogthum, nämlich Krakau, Radom, Lublin u. Siedlec, u. enthielt auf 2822 (2778) QM. 3,780,000 Ew., darunter 200,000 Juden, hatte 7–8 Mill. Thlr. Einkünfte u. hielt ohne die Nationalgarden 75,000 Mann Soldaten, darunter viel Cavallerie. Schon zu Ende 1812 wurde in Folge der Vernichtung der Franzosen in Rußland das Herzogthum W. von den Russen besetzt, 1815 aber dasselbe durch den Wiener Congreß zum Königreich Polen unter russischer Botmäßigkeit erhoben, jedoch der Netzdistrict u. das Land westlich einer vom Bromberg nach Kalisch gezogenen Linie u. der Stadt Krakau nebst Gebiet von W. getrennt u. ersteres zum Großherzogthum Posen unter preußischer Botmäßigkeit erhoben, Krakau aber zu einem eigenen Freistaat gebildet.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 862.
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