Nutzen

1. Aber Nutzen auch nicht, sagte der Bauer, als einer seine Stiefeln borgen wollte und versicherte, es werde kein Schaden daran geschehen.

Wird häufig als Erwiderung gebraucht, wenn jemand etwas borgen will und bemerkt, er werde keinen Schaden daran thun.


2. Auf seinen Nutzen sieht ein jeder.


3. Das ist der beste nutz, wenn einer jhme selbst nutz ist.Lehmann, 560, 44.


4. Der gemein nutz ist der Vatter alles guts vnd dess Vatterlands Schutz.Lehmann, 562, 80.


5. Der gemeine Nutz dient manchem Eigennutz zum Deckmantel.Opel, 380.


6. Der gemeine Nutz ist der Herrschaft stärkster Schutz.Henisch, 14851, 60; Petri, II, 90.

1) Seite 1485 ist bei Henisch doppelt.


7. Der hat kein nutz, der dem Nachbarn schaden thut.Lehmann, 526, 14.


8. Der sein Nutz nit fördern kann, der mag wol bleiben ein armer Mann.

Lat.: Qui tacet ut mutus raro fit munere tutus. (Sutor, 656.)


9. Eigen Nutz, heimblicher Hass, junger Rath, diese Dinge thun der Welt den grössten Schad.Chaos, 163.


10. Eigener nutz den gemeinen zerstört.Henisch, 830, 14.


11. Eigener nutz, ein böser butz.Gruter, I, 3; Lehmann, II, 120, 2; Körte, 4618.


12. Eigener nutz gehet allzeit vor in Rathschlegen, gemeiner nutz muss dahinden stehen vnd sich lassen zwacken.Henisch, 830, 18.


13. Eigener Nutz ist der Freundschaft Tod.

Den Nutzen von etwas ziehen.

Schwed.: Egen nytta giör wänskapen trög. (Grubb, 178.)


14. Eigner Nutz und junger Rath manche Stadt zerstöret hat.Gerlach, 105.


15. Eigner nutz verderbt gemeinen nutz.Henisch, 830, 14.


16. Ein jeder tracht auff seinen nutz.Eyering, II, 102 u. 274.


17. Ein kleiner Nutzen ist auch was werth, es trabt auch wol eitel Pferd. (S. Gewinn 57.)

Dän.: Liden nytte er og nytte. – Liden vinding smager og vel. (Prov. dan., 432.)


18. Ein nutz ohne lust ist nicht nutz.Lehmann, 497, 4.


[1080] 19. Es hat alles seinen Nutzen.

It.: Non vi è cosa per vile che sia, che a qualche cosa utile non sia. (Gaal, 968.)

Lat.: Nil est tam parvum, quod ad ullum non valet usum. (Gaal, 968.) – Tam male nil cusum, quod nullum prosit in usum.


20. Es hat alles seinen Nutzen, sagte Töffel als er sein Haus angezündet; jetzt habe ich die Ratten verjagt und kann mich auch noch wärmen.

Span.: No hace poco quien su casa quema: espanta los ratones, y esca lientase á la leña. (Bohn I, 135.)


21. Es ist kein Nutz, darbey nicht ein Schad. Lehmann, II, 144, 134.


22. Es ist kein nutz, wenn man mit gülden garnen (Netzen) Vögel oder Fisch fangt.Lehmann, 560, 46.


23. Eygener nutz, heimlicher neyd, junger Rath all Stätt vnd Land verstöret hat.Lehmann, 562, 71.

Bei Bebel:»Aigner nutz, iunger rat vnd verborgner nyd verderbt vil stett, land vnd leyt.« (Vgl. Jakob Franck in Herrig's Archiv, LX, 82.)

Dän.: Egen gavn, ungt raad, hemmeligt had forstyrer mangt et land og stad. (Prov. dan., 219.)

Lat.: Hec tria pervertunt regna et urbes, urbes pervertunt et florentissima regna res privata: simul non multum experta juvant consilia: atque latens funesto in corde simultas. (Bebel, Liber hymnorum, 1501.)


24. Gemeinen Nutzen soll der Kaiser tragen helfen.Graf, 487, 18.

Die Landesregierung ist eben für den Zweck da, die Wohlfahrt des Landes zu fördern; zur Förderung des gemeinen Schadens bedarf es keiner Regierung und keines Landesoberhauptes.

Mhd.: Den gemeinen nutz sal der keiser helfen tragen. (Endemann, II, 74.)


25. Gemeiner Nutz frommt dem Kaiser.Graf, 487, 19.

Mhd.: Der gemein nutz der frumet dem keiser. (Endemann, II, 73.)


26. Gemeiner Nutz gehet vor sunderlichen (Privat-) Nutz.Klingen, 106; II, 54; Graf, 75, 54.

In einer Gemeinde, wo die Bürger ihre Sonderinteressen dem allgemeinen Besten unterordnen, ist es gut bestellt.


27. Gemeiner Nutz ist des Vaterlands Schutz. Eiselein, 497.

»Dies hört man oft und viel, sieht weder Stumpf noch Stiel


28. Grosser nutz der beste.Henisch, 326, 59; Petri, II, 361.


29. Ihm selbst kein Nutz, ist niemand nütz.

Lat.: At reditus jam quisque suos amat, et sibi quid sit utile, sollicitis computat articulis. (Ovid.) (Philippi, I, 47; Seybold, 43.)


30. Jeder sieht auf seinen Nutzen.Grubb, 347.

It.: Ognuno ama più il suo proprio bene che l'altrui.

31. Kein Nutzen ohne Schaden.Körte, 4616.


32. Nimmer nutz, nimmer guts.Franck, II, 38a.


33. Nimmer nutz, nimmer lieb.Gruter, I, 62; Lehmann, 465, 51; Eiselein, 497; Sailer, 178; Körte, 4617.


34. Nutz und not lehrt beten.

Lat.: Adversae res admonent religionis. (Ms. aus dem Jahre 1624.)


35. Nutzen ist der grösst reichtumb.Franck, I, 60a; Lehmann, II, 429, 152; Simrock, 7616; Körte, 4615; Braun, I, 3102.

Lat.: Maximae opes prodesse. (Franck, I, 60a.)


36. Nutzen ohne Freud' ist halbes Leid.

Dän.: Nytte uden lyst er ei nytte. (Prov. dan., 405.)


37. Nutzen und Schaden sind Gebrüder. Schlechta, 331.


38. Sein nutzen zu suchen, ohn ander Leut schaden, ist niemand verboten.Lehmann, 564, 101.


39. Vom gemeinen nutz man viel höret, man sieht davon kein stumpff noch stil.Lehmann, 562, 80.

40. Wann es an eygen nutzen geht, so ist nyemandt keyn nütz.Franck, I, 77a; Lehmann, II, 829, 61; Egenolff, 336a; Petri, II, 671; Henisch, 830, 29.


41. Was insgemein nutz ist, das wirdt für recht gehalten.Lehmann, 563, 91.


42. Wenn der gemeine nutz gehandhabt wird, so wird der Privatnutz bedungt.Lehmann, 562, 76.


[1081] 43. Wer auff seinen nutzen siehet, wie ein Spieler, der ist weiss.Lehmann, 563, 91.


44. Wer den nutzen hat, trägt billich auch den schaden.Lehmann, 564, 99.

»Wer eyns dings nutz wil haben sol pillich desselben bürde tragen, so er aber den nutz nicht empfecht, er sich der bürde pillich entschlecht.« (Werdea, Diiij.)

Frz.: Il faut prendre le bénéfice avec ses charges. (Cahier, 300.)

Lat.: Multa ex quo fuerint commoda, ejus incommoda aequum est ferre. (Terenz.) (Seybold, 316.) – Qui commodum habet etiam incommoda ferre debet. (Faselius, 91.)


45. Wer liebet den gemeinen nutz, der helt den Adel vors Lands schutz.Lehmann, 136, 14.


46. Wer mit Nutzen fern will reisen, der muss haben Falkenaugen, Eselsohren, Schweinsrüssel, Eselsrücken und Hirschfüsse.


47. Wer nutz vnd vortel sucht, der scheuet sich nicht ein Fuchsbalg zu tragen.Lehmann, 91, 35.


48. Wer nutz vnnd vortheil will haben, der muss mit am nachteil tragen.Lehmann, 558, 12.


49. Wer seinen nutz vnd vorthel nit achtet, hat ein wurm im hirn.Lehmann, 560, 45.


50. Wer sich selbst kein Nutz' ist, der wird auch andern kein Nutz' sein.

Holl.: Hij is onwijs die zich zelven niet deugt. (Harrebomée, II, 140b.)


51. Willst du dir einen Nutzen machen, so schaue selbst auf deine Sachen.Parömiakon, 630.


52. Wo der gemeine Nutz nicht subalterna, sondern opposita ist, da werden gewisse Fremde Meister.Opel, 380.


53. Wo kein nutz zu hoffen, da hat die lieb ein end.Lehmann, 561, 66.


54. Wo kein Nutz zu hoffen, da hat die Lieb' ein End', sagte der Bauer, und legte seiner Frau, da sie schlief, Eier zum Ausbrüten unter.

Holl.: Voorzichtigheid is de moeter der wijsheid, zei Joriis, en hij leide, terwijl zijne vrouw sliep, een half dozijn eijeren onder haren aars, om uit te broeijen. (Harrebomée, II, 405b.)


55. Wo man dem gemeinen Nutzen dient, da dient man dem Reiche.Graf, 487, 20.

Mhd.: Wo man gemeynen nucz thut do dynet me dem riche. (Senckenberg, II, 74.)


56. Ye mehr nutz, ye grösser lieb vnd freundschafft.Franck, II, 65b; Petri, II, 395.


*57. Auf seinen Nutzen sehen.

Lat.: Intus canit. (Seybold, 256.)


*58. Bei Nutz und Gewehr sitzen. (Oesterreich.) – Klein, II, 36.

Den Nutzen von etwas ziehen.


*59. Das gibt zwei Nutzen.

Es lässt sich in zweifacher Weise anwenden.

Lat.: Beata tum hyeme, tum aestate bona. (Philippi, I, 54.)


*60. Er hat seinen Nutzen im Auge, wenn er die Hände küsst.

Lat.: Ficum capere. (Hanzely, 20; Seybold, 181.) – Gaudia blandiri. (Hanzely, 20.)


*61. Er ist auf seinen Nutzen, wie der Henker auf eine Seele.


*62. Er versteht seinen Nutzen nicht.

Frz.: C'est un niais de Bologne. (Kritzinger, 478b.)


*63. Sich etwas zu Nutz machen.

Lat.: In succum et sanguinem aliquid convertere. (Seybold, 251.)


*64. Weiter keinen Nutzen bringen, als dass sie Brot verschlingen.

Lat.: Nos numerus sumus et fruges consumere nati. (Horaz.) (Seybold, 383.)


*65. Wenn er etwas nutz wär', hätte ihn der Teufel schon geholt, aber der kann ihn nicht einmal brauchen. (Troppau.)


[1082]

66. Der Nutzen ist des Schadens Bruder.Ausland, 1872, S. 1203.

Wer dem Gewinn zu sehr nachjagt, geräth in Schaden. Das Bessere ist der Feind des Guten.


67. Dem wurt der nutz und mir die muhe; dem wurt das flaisch und mir die brue.Zimmerische Chronik, IV.


68. Frisst der Herr de Nutze, so fress er au den Butze. (Ulm.)


69. Je mehr nutz, je grösser lieb vnd freundschafft.Monatsblätter, 12, 188.


70. Man kann sich leicht einen Nutzen schaffen, sagte der Kerl, und schlug sich einige Zähne aus.


71. Was Vielen Nutzen bringt, soll man um Einer Person willen nicht abschaffen.Wirth, I, 365.


*72. Alles zu Nutzen.

Medaille der Fruchtbringenden Gesellschaft. (Vgl. E. Schulz, Deutsche Spruchweisheit auf Münzen u.s.w. in Herrig, Archiv, 56, 72.) Nach einer Abbildung stellt das Ordenskleinod eines Mitgliedes der Gesellschaft auf der einen Seite das Sinnbild der Gesellschaft dar: den indianischen Palmbaum (Kokosnuss) mit dem Sinnspruch: »Alles zu Nutzen.« (Vgl. Barthold, Geschichte der Fruchtbringenden Gesellschaft, Berlin 1848, S. 107.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
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