Löwe

Löwe

[768] Löwe (der), ein zum Katzengeschlechte gehöriges Säugthier, wurde schon im Alterthume seiner Größe und seines ernsten, majestätischen Ansehens wegen der König der Thiere genannt.

So weit Menschengedenken reicht, war er schon bekannt, und zwar nicht nur in Afrika und Asien, sondern er wurde einst auch in Europa, namentlich in Griechenland, gefunden. Jetzt sieht man ihn meist nur noch in Afrika, in Asien selten, zuweilen nur noch einzeln in Ostindien. Im Alterthume kam er dagegen auch in Asien so häufig vor, daß die Römer von dort zu ihren Thiergefechten Heerden von Löwen nach Rom brachten. So soll Cäsar auf einmal 400 und Pompejus 600 Stück Löwen zu den öffentlichen Spielen haben herbeischaffen lassen. – Der Löwe ist 5–6 F. lang und 2–3 F. hoch, der Schwanz 3 F. lang. Sein Kopf ist groß, kurz und rundlich. Den Hals des männlichen Löwen bedeckt von den Ohren bis über die Schultern hinaus eine zottige Mähne, die den Weibchen, so wie den Jungen ganz fehlt; sie bildet sich erst mit dem vierten Jahre vollständig aus. Ebenso ist der Bauch bis zwischen die Hinterfüße längshin mit einem Streifen kürzerer [768] Zotten besetzt und der Schwanz endigt sich in einen Haarbüschel, in dessen Mitte sich ein kurzer hornartiger Stachel befindet. Der Leib des Löwen, wie der der Löwin, die etwas kleiner ist, ist walzenförmig, fast gleich dick; die Farbe des ziemlich glatten Fells ist ein mehr oder minder dunkles Braungelb, die der Mähne eine Mischung von Dunkelbraun. und Gelblichweiß gibt. – Man nimmt drei Racen an: die berberische in Nordafrika, bei der sich die Mähne unter dem Bauche fortsetzt, die Farbe rothgelb, oder bräunlich und mit schwarzen Stellen untermischt ist; die persische, der jene Fortsetzung der Mähne fehlt und die auch kleiner als jene ist, und die senegalische, die sich von der vorigen durch die durchweg lebhaftere, hellere Farbe unterscheidet. Die Stärke und Behendigkeit des Löwen sind bekannt und beruhen auf seinem gewaltigen Knochenbau und der großen Muskelkraft, die ihm eigen sind. Er macht Sätze von 12–16 F. mit einer bewunderungswürdigen Schnelligkeit. Den Tag über liegt er gewöhnlich in Gebüschen versteckt und wagt nicht leicht einen Angriff; sobald aber die Nacht eintritt, geht er auf Raub aus, und brüllt, bevor er sich der Beute bemächtigt hat, zu wiederholten Malen. Seine im Alterthume so sehr gerühmte Großmuth wollen viele neuere Reisende in Zweifel ziehen, die ihn der List, Feigheit und Tücke zeihen; doch findet jene auch noch warme Vertheidiger an andern Zeugen davon Der Löwe wird von den Jägern nicht, wie man gewöhnlich glaubt, in Ebenen, sondern auf Bergen gesucht, wo ihn oft ein einzelner geübter Schütze angreift. Die Löwin wirst jährlich 5 –7 Junge an einsamen, unzugänglichen Orten, die sie zur Lagerstätte wählt, und vertheidigt dieselben im Felle eines Angriffs wüthend; oft soll sie dieselben, wenn sie den Ort nicht für sicher hält, im Maule an andere Stellen forttragen. Auch in Europa wirst sie nicht selten Junge. Am meisten macht der Löwe Jagd auf Gazellen, Antilopen, Affen, auf wilde Schweine, junge Büffel u.s.w. Er bemächtigt sich seiner Beute mit einem jähen Sprunge, schlägt seine Klauen tief in das Fleisch ein, saugt das Blut aus und verzehrt dann seinen Raub. Wird er dabei gestört, so faßt er das erbeutete Thier mit den Zähnen, wirst dessen Körper über den Nacken und eilt davon. So hat man ihn Pferde und Rinder fortschleppen sehen. Der Tiger ist ihm an Stärke gleich, und außer diesem nehmen es noch der Elefant, das Nashorn und der wilde Büffel mit ihm auf. Löwen, die dessen noch nicht gewohnt sind, vertreibt man oft durch bloßes Peitschenknallen aus der Nähe der afrik. Colonien. Doch greift man bald lieber zum Schießgewehr, um sich ihrer Zudringlichkeit zu entledigen. Die berittenen Löwenjäger beginnen ihren Angriff nicht eher, als bis sie dem Löwen so nahe sind, daß dieser nach seiner Gewohnheit sich zum Sprunge niederlegt. Ost fängt man ihn auch in Gruben, die mit Reisig verdeckt sind, worauf ein Lamm gebunden wird, oder tödtet ihn durch Selbstschüsse. Große Hunde läßt man nur auf ihn los, um ihn an der Flucht zu hindern. Jung eingefangen, läßt sich der Löwe leicht zähmen und beweist dann eine gewisse Anhänglichkeit an die Menschen, wovon sowol das Alterthum wie die neueste Zeit interessante Beispiele aufweisen. Das Alter des Löwen mag 25–30 Jahre betragen. Sein Fleisch wird von den Mauren in Nordafrika gegessen. Die Haut war in den ältesten Zeiten ein Schmuck der Helden; jetzt wird sie nur zu Bett-und Pferdedecken gebraucht. – Wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt, vorzüglich durch die Form der Mähne, hat man einer Art von Hunden (s.d.) und Affen dem Gattungsnamen den des Löwen als Nebenbezeichnung vorgesetzt. Der große Löwenaffe, mit goldgelbem, glänzendem Felle, nacktem Gesicht und seidenartiger Mähne kommt in Brasilien vor und ist artig und lebhaft. Der kleinere, nicht viel über eine Spanne hoch, ist bräunlich, unten weiß, und mit gleicher Mähne und einer Stimme wie die eines Vogels; er befindet sich in Südamerika. – Der Löwe diente seiner Eigenschaften wegen schon im Alterthume als mystisches Symbol; so in Ägypten als das der Nilflut, als Zeichen des Thierkreises u.s.w.; so bei den griech. Mysterien; auch war er der Cybele (s.d.) heilig. In der Architektur kamen Löwenköpfe schon bei den Griechen und Römern als Verzierung von Brunnen und Gebäuden vor. In der Astronomie dient er jetzt noch als ein Zeichen des Thierkreises und wird immer unter der Figur ], als den Schwanz des Löwen vorstellend, angeführt. Als Sternbild kommt er zweimal vor. Der große Löwe steht zwischen dem Krebs und der Jungfrau und enthält 95 Sterne, worunter der größte Regulus heißt. Der kleine Löwe steht zwischen dem großen Löwen und dem großen Bären. In der Heraldik (s.d.) hat er unter allen darin vorkommenden Thieren die meiste Bedeutung. Er wird hier immer im Profil, auf den Hinterfüßen stehend, mit vorgeworfenen Pranken, herausgestreckter Zunge und in die Höhe gerichtetem, oft zwei- bis dreigetheiltem Schwanze abgebildet, gewöhnlich als Schildhalter; doch kommt er auch in den Feldern des Wappens selbst vor, wo er dann nicht blos äußere Zierde, sondern von Bedeutung ist. So ist er in den Wappen von Baiern, Baden, Hessen, den Niederlanden, Nassau u.a. die Hauptfigur. Daher existiren auch in diesen Ländern Orden, welche Löwenorden heißen; so der bairische Löwenorden (Orden des pfälzischen Löwen), der hessische Orden vom goldenen Löwen, der Verdienstorden vom niederländischen Löwen und der badische Orden vom zähringer Löwen. Auch gibt es einen persischen Löwen- oder Sonnenorden, der der größte und am reichsten ausgestattete aller bekannten Orden sein soll.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 768-769.
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