Mongolei

[178] Mongolei (die) gehört zu den China unterthänigen Ländern, wird nördl. vom asiat. Rußland, östl. von der Mandschurei, südl. von China und Turfan, westl. von Westturkestan begrenzt und bildet eine den Europäern noch wenig bekannte Hochebene, welche sich bis gegen 10,000 F. über das Meer erheben soll. Der Flächenraum wird auf mehr als 91,000 ! M. geschätzt und der nördl. Theil dieses Gebiets gehört zum Theil dem Altaigebirge (s.d.) an; gegen China hin bildet das Land dürre, von Bergreihen durchschnittene, bald steinige, bald thonige Flächen, von den Mongolen Gobi, bei den Chinesen Schamo oder Kanhai genannt, und stellenweise soll der Boden mit Achat, unreinem Chalcedon, Jaspis und andern bunten und halbdurchsichtigen Steinen so bedeckt sein, daß er Ähnlichkeit mit einer natürlichen Mosaik erhält. Hier und da liegen Salzseen, auch gibt es an den meisten Ruhepunkten der Karavanenstraße Brunnen, sonst aber mangeln in vielen Gegenden fließendes Wasser und Holz gänzlich und nur den Oasen gleiche Stellen bieten gute Weideplätze dar. Die eigentliche Wüste Gobi, eine ganz wasserlose Sandfläche, nimmt ziemlich die Mitte ein, ist von N. nach S. 21 M. breit und wird häufig von Orkanen, sowie der hohen Lage wegen, selbst während des kaum zwei Monate langen Sommers, oft von Nachtfrösten heimgesucht. Ein gemäßigtes Klima herrscht fast nur in der Nähe der chines. Grenzen, wo der Sommer so reizend ist, daß die Kaiser daselbst ihren Sommeraufenthalt nehmen. Die bedeutendsten Seen sind der Oling-Hai, Khutu-Noor, Isse-Kul, Tenghiz oder Bhalkasch, der 144 ! M. große und fischreiche Dzalsang-Noor, der große Upsa-Noor, Alak-Kul und andere; zu den wichtigsten, von diesem Hochlande abfließenden Flüssen gehören: der Tschui, welcher nach langem Laufe in der Kirgisensteppe versiegt; der Irtysch, Jenisei und die Selenga, welche dem Eismeere zuströmen; der Hoang-Ho und Yang-tse-Kiang, welche nach China fließen und der Onon, welcher mit dem Kerlon und einigen andern Flüssen vereinigt, den östl. strömenden Amur bildet. Viele unserer Hausthiere leben in der M. noch wild, wie z.B. Pferde, Esel, Schafe oder Argali und Ziegen; sonst gibt es hier Kameele, Büffel, Pelzwild von vielerlei Art, Steinböcke, Antilopen, Bären, Wölfe, Tiger und andere Raubthiere; Heuschrecken und Mücken gehören zu den häufigen Landplagen. Aus dem Pflanzenreiche sind Rhabarber, Ginseng (s.d.) und Baumwolle, im Mineralreiche Eisen, Zinn, Salz, Borax, Salpeter die wichtigsten Landeserzeugnisse.

Die M. wird in vier Khanate eingetheilt, welche die Tscharra-Mongolei (von der gelben Farbe der Zelttücher ihrer Bewohner), die Khalkas-Mongolei (vom Flusse Khalka), die Dzungarei und Koschotei heißen und denen vier Khane vorstehen, welchen wieder ein Vicekönig vorgesetzt ist und die überhaupt wenig mehr als Vollstrecker kais. Befehle in Bezug auf die willkürlich einzufodernden Steuern und Frohndienste sind. Die mit ihren Kameelen und zahlreichen Pferde-und Schafheerden (von der Art mit Fettschwänzen und grober Wolle) meist eine umherziehende Lebensart treibende Bevölkerung wird auf 3 Mill. geschätzt und besteht großentheils aus Mongolen, Oelöten oder Eleuten, Kirgisen und Sajanen, von denen die Ersten sich zur Lehre des Fo, die Letztern zur lamaischen Religion bekennen und die Kirgisen Mohammedaner sind. Vorzügliche Nahrungsmittel sind Fleisch [178] und Milch der Heerden; ein berauschendes Getränk, den sogenannten Kumiß, liefert die Stutenmilch; Jagd und Fischerei werden meist nur nebenbei betrieben. Der Gewerbfleiß beschränkt sich auf Verfertigung von Filzdecken, Waffen, Leder, wollenen und baumwollenen, auch seidenen Zeuchen, mit welchen Artikeln einiger Handel mittels der Karavanen getrieben wird, welche vom W. und N. her auf zwei großen Karavanenstraßen durchziehen und von denen die Einwohner durch Besorgung des Waarentransports ansehnliche Vortheile genießen. Sie stellen ferner den Chinesen eine große Zahl wohlberittener, aber meist nur mit Bogen, Pfeilen und Lanzen bewaffneter Reiter, die zum Theil ihren Sold in kleinen Tafeln des sogenannten Ziegelthees empfangen, welcher in einem großen Theil der M. die Stelle des Geldes vertritt. Städte nach europ. Begriffen gibt es im ganzen Lande nicht und was dort als eine Festung gilt, sind mit Holzwänden oder Palissaden umzäunte Wohnplätze, deren Gassen aus Zelten oder leichten Hütten bestehen, und selbst der Ort Dschehol in der Dscharra-Mongolei und nordöstl. von Peking, wo ein kaiserl. Sommerpalast mit großen Gartenanlagen sich befindet, ist nur ein schmuziges Dorf, wohin der Weg von Peking alljährlich zweimal blos zur Hin- und Rückreise des Kaisers in guten Stand gesetzt wird. Der Hauptort der Khalkas-Mongolei heißt Kurä, bei den Russen Urga, ist mit einem dichten Pfahlwerk umgeben und hat 7000 Einw.; dicht an der russ. Grenze und 60 Klaftern von dem russ. Orte Kjächta entfernt, liegt das Städtchen Maimatschin, welches aus einer Straße chines. Häuser besteht und wo der Handelsverkehr mit Rußland von etwa 200 chines. Kaufleuten betrieben wird.

Der aus dem nordöstl. Asien stammende zahlreiche Völkerstamm der Mongolen, ursprünglich Bede genannt, zu dem auch die Kalmücken oder Oelöten, Derbeten, Buräten, Koschoten, Dschungaren, Torboten und Khalkas gehören, bildet eine der zahlreichsten Menschenracen. (S. Mensch.) Bis zum 13. Jahrh. ist wenig von ihrer Geschichte bekannt, seit Anfang desselben traten sie aber unter Dschingis-Khan (s.d.) und seinen Söhnen als verheerende Eroberer auf und herrschten gegen Ende des 13. Jahrh. vom chines. Meere und von Indien, bis tief nach Sibirien und an die Grenze von Polen, nachdem sie 1241 schon einmal bis Schlesien und Mähren vorgedrungen waren. Den durch Uneinigkeit der verschiedenen Häuptlinge beginnenden Verfall ihrer Macht hielt in der zweiten Hälfte des 14. Jahrh. der furchtbare Tamerlan oder Timur (s.d.) auf, der von Neuem die schon getrennten Horden vereinigte. Nach seinem 1405 erfolgten Tode aber bildeten sich mehre Staaten aus seinem Reiche und gegenwärtig stehen fast alle mongol. Nationen theils unter russ. theils unter chines. Botmäßigkeit.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 178-179.
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