Valencia

Valencia

[550] Valencĭa, eine Provinz des Königreichs Spanien, welche als ein schmaler Küstenstrich ohne irgend gute Häfen, östl. vom mittelländ. Meere, außerdem von den Provinzen Murcia, Castilien, Aragonien, Catalonien umschlossen, seit 1834 in die Subdelegationen Valencia, Alicante und Castellon de la Plana getheilt wird und auf 360 ! M. ungefähr 11/4 Mill. Einw. zählt.

Diese sind ein höchst betriebsames und anstelliges Volk, dessen Vermischung mit den Mauren vorzüglich an den Bewohnern des platten Landes noch ins Auge fällt. Vom herrlichsten Klima begünstigt, welchem Schnee und Reif Seltenheiten sind, während fast immer heiterer Himmel ist und die Hitze durch erfrischende Seewinde regelmäßig gemildert wird, hat ihr Fleiß im Feld- und Gartenbau V. zum reizendsten, mit edlen Erzeugnissen des Bodens im Überfluß gesegneten Gebiete Spaniens gemacht. Obgleich durch zahlreiche Äste der Sierra de Cuenca gebirgig, dagegen auch reichlich bewässert, sind nicht blos die von zahlreichen Bewässerungskanälen durchschnittenen Ebenen und Thäler aufs trefflichste angebaut, sondern auch an den Bergen steigen Gärten, Obst- und Weinpflanzungen terrassenförmig empor. Die edelsten Südfrüchte, berühmte Weine, das bete Öl in Spanien werden hier erbaut; die Dattelpalme liefert nicht blos ihre Früchte, sondern auch ihre Blätter, mit denen am Palmsonntage Kirchen und Häuser noch nach alter Sitte in Spanien geschmückt werden. Reis und Mais gedeihen nebst allen edlern Getreidearten; die Viehzucht sichert Überfluß an allen Hausthieren, Bienen und Seidenwürmer liefern reichlichen Ertrag, und auch der Bergbau auf mancherlei Metalle, Steinkohlen, Salz ist einträglich. Ein großer Theil der Landesproducte kommt in den Handel und zwar um so vortheilhafter, weil V., als die gewerbsamste span. Provinz nach Catalonien und Galicien, viele seiner producirten Rohstoffe in seinen beträchtlichen Seiden-, Leinen- und Wollenwebereien, seinen Esparto- und Papierfabriken, Brennereien, Seifensiedereien selbst verarbeitet. Wichtige Thunfisch-, Makrelen- und Sardellenfischerei wird an der Küste betrieben, welche in bestimmten Entfernungen mit Wachthürmen versehen ist. Nur von Erdbeben hat V. häufig zu leiden.

In einer schönen Ebene am rechten Ufer des Guadalaviar und 1/2 St. von seiner Mündung ins Meer liegt die Hauptstadt Valencia, welche mit der Huerta oder ihrer gartenähnlich angebauten und mit Landhäusern besetzten nächsten Umgebung über 100,000 Einw. zählt. Sie wurde 140 [550] v. Chr. von alten Soldaten des Viriathes angelegt, war später röm. Colonie und stand bis ins 5. Jahrh. unter röm. Botmäßigkeit, ging dann an die Westgothen, von diesen an die Mauren über und ward erst nach deren Verdrängung im 13. Jahrh. eine ganz christliche Stadt und mit Ansiedlern aus Catalonien bevölkert. V. hat enge und krumme, nur chaussirte, aber dennoch sehr reinlich gehaltene Straßen, und die Vorstädte übertreffen hinsichtlich der Bauart die eigentliche Stadt beiweitem. Diese ist mit Mauern und Gräben und durch eine kleine Citadelle befestigt, hat neun öffentliche Plätze, fünf Brücken, 74 Kirchen, und zu den merkwürdigsten Gebäuden gehören die Kathedrale La Seo, das alte königl. Schloß el Real, die Börse (deren Inneres nebenstehend abgebildet), der Seidenmarkt, eine von gothischen Säulen getragene Halle, das Findel-und Irrenhaus. Die erneuerte Universität gilt für die beste in Spanien. Es ist hier der Sitz eines Erzbischofs, einer Akademie der Künste und Wissenschaften, wichtiger Seiden-, Sammt-, Tuch-, Papier- und anderer Fabriken und eines ausgebreiteten Land- und Seehandels mit Wein und Landeserzeugnissen. Ein reizender, mit Orangen-, Granat- und Palmbäumen bepflanzter und von Kanälen durchkreuzter Spaziergang (Alameda) führt am linken Flußufer zu dem 1/2 St. entfernten, an der Mündung des Guadalaviar gelegenen Flecken Grao mit 5000 Einw., wo sich auch Seebäder befinden und dessen Rhede als Hafen von V. dient. Südl. davon liegt an der Küste Alicante (die alte lat. Colonie Lucentum) mit 5000 Einw., einem leidlich guten Hafen, höchst wichtigem Handel, besonders nach Italien, und berühmt durch die nach ihr benannten Weine. Nördl. von V. liegt Murviedro mit 6500 Einw. eine St. vom Ausflusse des Palancia ins Meer, merkwürdig durch die prächtigen Ruinen der im Alterthum hier gelegenen griech., von den Römern beschützten Stadt Sagunt. Nach hartnäckiger Vertheidigung, bei der sich die Bewohner zuletzt mit ihren Schätzen den Flammen preisgaben, von Hannibal erobert und zerstört, ward es von den Römern später prächtig wieder aufgebaut, und die vorhandenen Überreste rühren wol nur aus dieser Zeit her. Bei Elche mit 18,000 Einw. sind vorzüglich große Palmenpflanzungen (über 70.000 auf 1 ! M.); San-Felipe hat 14,000 Einw. und hieß vor seiner Zerstörung im J. 1707 Xativa; Orihuela mit 20,000 Einw. litt außerordentlich bei dem Erdbeben von 1829; Castello de la Plana hat 11,000, das gewerbreiche Quintiniente 12,000 Einw. – Nach dem Zerfall des Reichs der Khalifen ward V. ein unabhängiges Königreich, mußte sich aber bald benachbarten maurischen Königen unterwerfen und nach wechselreichen Kriegen 1224 die Oberhoheit Castiliens anerkennen. Dessenungeachtet wurden die Mohammedaner genöthigt, noch im 13. Jahrh. das Land zu räumen oder Christen zu werden. Später theilte V. die Geschicke von Aragonien und dann von Spanien, und in der neuesten Zeit nach Ferdinand VII. Tode ward auch diese Provinz sowol durch republikanische, wie durch karlistische Bewegungen beunruhigt. (S. Spanien.)

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 550-551.
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