Becher [2]

[531] Becher, Trinkgeschirr von Metall, Holz, Elfenbein, Horn, Stein, Glas etc., meist oben weiter als unten und im Gegensatze zum Kelch und Pokal ohne oder mit kurzem Fuß.

Fig. 1 u. 2. Skyphos. Fig. 3. Kantharos.
Fig. 1 u. 2. Skyphos. Fig. 3. Kantharos.

In ägyptischen, medisch-persischen und griechischen Mythen ist der B. Symbol der Fülle.

Fig. 4. Altröm. Becher, in Silber getrieben.
Fig. 4. Altröm. Becher, in Silber getrieben.
Fig. 5. Gotischer Becher.
Fig. 5. Gotischer Becher.

So erscheint der B., gefüllt mit heiligem Nilwasser, als Attribut des ägyptischen Hermes (Anubis, Thoth). Auch Bakchos und Herakles, der Flußgott Acheloos, ferner Salomo, Alexander und andre Heroen der Weisheit, Macht und Kraft werden mit dem V, abgebildet. Als Symbol der Weisheit wurde der B. auch zum Wahrsagen gebraucht (1. Mos. 44. 5). In bem B. des Dschemschid (s. d.) spiegelte sich die ganze Welt und konnte die Zukunft gelesen werden. Diese altpersische Sage gab zu ähnlichen Mythenbildungen hinsichtlich eines Bechers des Joseph u. a. Anlaß (vgl. Zauberspiegel).

Fig. 6. Holländischer Renaissancebecher. Silber.
Fig. 6. Holländischer Renaissancebecher. Silber.
Fig. 7. Sturzbecher. Nürnberg, 1566.
Fig. 7. Sturzbecher. Nürnberg, 1566.

Die Form des griechischen Skyphos, des Bechers des Herakles, zeigen Fig. 1 und 2, die des Kantharos, des Bechers des Bakchos, Fig. 3. Die B. der Griechen bestanden meist aus Holz, Ton, Bronze, Silber und Gold und waren mit Malereien oder getriebenen Darstellungen geschmückt. Die Römer trieben in der Kaiserzeit großen Luxus mit Bechern, die auch aus edlen Steinen geschnitten wurden. Aus römischer Zeit haben sich gläserne und silberne B., z. T. mit reichen Reliefs erhalten (Fig. 4, mit tanzenden Bacchantinnen). Bei den nordischen Völkern war der B. das bevorzugte Trinkgefäß. Für die Gestaltung der B. im gotischen Mittelalter ist Fig. 5 ein bezeichnendes Beispiel. In der Zeit der Renaissance erhielt der B. mehr oder minder reiche Ornamentik, die schließlich den ganzen Körper überzog (Fig. 6).

Fig. 8. Haufebecher. 16. Jahrh.
Fig. 8. Haufebecher. 16. Jahrh.

An Reichtum wetteiferten damit die ms Holz, Horn, Elfenbein etc. geschnitzten B. Auch wurden den Bechern, um bei Trinkgelagen die Teilnehmer zu unterhalten und zum Wett- und Rundtrunk anzuregen, allerlei seltsame Formen gegeben. Der Sturzbecher (Fig. 7), der auf Einen Zug geleert werden mußte, weil er nur umgekehrt stehen konnte, hat die Gestalt einer Frau mit weitem Rock. Der Haufebecher (Fig. 8) besteht aus einem Satz kleiner B., die zu einem Haufen ineinander geschoben werden können. Vgl. Doppelbecher und Mühlenbecher.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 531.
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