Hertwig

[238] Hertwig, 1) Karl Heinrich, Tierarzt, geb. 10. Jan. 1798 zu Ohlau in Schlesien, gest. 19. Juli 1881 in Berlin, studierte in Breslau Medizin, in Wien und München Tierarzneikunde, wurde 1823 an der Tierarzneischule in Berlin Repetitor, 1826 Lehrer und 1833 Professor. 1877 trat er in den Ruhestand. Er schrieb: »Beiträge zur nähern Kenntnis der Wutkrankheit« (Berl. 1829); »Praktische Arzneimittellehre für Tierärzte« (das. 1833; 5. Aufl., Leipz. 1872); »Praktisches Handbuch der Chirurgie für Tierärzte« (Berl. 1850, 3. Aufl. 1873); »Taschenbuch der gesamten Pferdekunde« (das. 1851, 4. Aufl. 1878); »Die Krankheiten der Hunde« (das. 1853, 2. Aufl. 1880). Mit Erdmann gab er eine »Tierärztliche Rezeptierkunde und Pharmakopöe« (Berl. 1856; 5. Aufl. selbständig von L. Hoffmann u. d. T.: »Tierärztliche Arzneiverordnungslehre«, 1891) und mit Gurlt »Chirurgische Anatomie und Operationslehre für Tierärzte« (das. 1847) sowie 1835–74 das »Magazin für die gesamte Tierheilkunde« heraus.

2) Oskar, Anatom, geb. 21. April 1849 in Friedberg bei Frankfurt a. M., studierte seit 1868 in Jena, Zürich und Bonn hauptsächlich vergleichende Anatomie, wurde 1874 Assistent von Max Schulze am anatomischen Institut in Bonn, habilitierte sich 1875 in Jena für Anatomie und Entwickelungsgeschichte und wurde daselbst 1878 außerordentlicher, 1881 ordentlicher Professor der Anatomie. 1888 ging er als Direktor des neuerrichteten anatomisch-biologischen Instituts nach Berlin. Er schrieb: »Über das Zahnsystem[238] der Amphibien« (Bonn 1875); »Beiträge zur Kenntnis der Bildung, Befruchtung und Teilung des tierischen Eies« (1875, 1878); »Die Symbiose«, Vortrag (Jena 1883); »Das Problem der Befruchtung und der Isotropie des Eies, eine Theorie der Vererbung« (das. 1884); »Lehrbuch der Entwickelungsgeschichte des Menschen und der Wirbeltiere« (das. 1886, 7. Aufl. 1902); »Die Zelle und die Gewebe, Grundzüge der allgemeinen Anatomie und Physiologie« (2 Tle., das. 1892 u. 1898); »Zeit- und Streitfragen der Biologie« (2 Hefte, das. 1894 u. 1897); »Die Lehre vom Organismus und ihre Beziehung zur Sozialwissenschaft« (das. 1899); »Die Elemente der Entwickelungslehre des Menschen und der Wirbeltiere« (das. 1900, 2. Aufl. 1904); »Die Entwickelung der Biologie im 19. Jahrhundert« (Vortrag, das. 1900); »Handbuch der vergleichenden und experimentellen Entwickelungslehre der Wirbeltiere« (mit andern, das. 1901–04, 3 Bde.). Über die in Gemeinschaft mit seinem Bruder Richard herausgegebenen Werke s. unten. Mit Waldeyer u. a. gibt er das »Archiv für mikroskopische Anatomie und Entwickelungsgeschichte« heraus.

3) Richard, Zoolog, Bruder des vorigen, geb. 23. Sept. 1850 in Friedberg, studierte seit 1868 in Jena, Zürich und Bonn Medizin und Naturwissenschaften, wurde 1873 Assistent von Max Schultze in Bonn, habilitierte sich 1874 in Jena für Zoologie, wurde daselbst 1878 außerordentlicher Professor, ging 1881 als Professor der Zoologie nach Königsberg, 1883 nach Bonn und 1885 als Professor der Zoologie und vergleichenden Anatomie und Direktor der zoologischen Staatssammlung nach München. Beide Brüder machten gemeinschaftlich eine Reihe von Forschungsreisen und führten mit Haeckel 1871 in Lesina, 1875 in Korsika und Villafranca zoologische Untersuchungen aus. Sie erforschten das Nervensystem der Cölenteraten, suchten auf Grund der Gasträatheorie Haeckels weiter zu bauen und stellten im Anschluß an Kowalewski, Huxley, Balfour u. a. über die Entstehung des mittlern Keimblattes eine eingehende und umfassende Theorie auf. H. schrieb: »Zur Histologie der Radiolarien« (Leipz. 1876); »Der Organismus der Radiolarien« (Jena 1879); »Der Zoologe am Meer« (Berl. 1881); »Die Aktinien der Challenger-Expedition« (Jena 1882, Supplement 1888); »Über die Konjugation der Infusorien« (Münch. 1889); »Lehrbuch der Zoologie« (Jena 1891, 6. Aufl. 1903); »Über Kernteilung, Richtungskörperbildung und Befruchtung von Actinosphaerium Eichhorni« (Münch. 1898); »Über physiologische Degeneration bei Actinosphaerium Eichhorni. Nebst Bemerkungen zur Ätiologie der Geschwülste. Festschrift für E. Haeckel« (Jena 1904). Die in Gemeinschaft mit seinem Bruder Oskar herausgegebenen Werke sind: »Das Nervensystem und die Sinnesorgane der Medusen« (Leipz. 1878); »Der Organismus der Medusen und seine Stellung zur Keimblättertheorie« (Jena 1878); »Studien zur Blättertheorie« (das. 1879–83, 5 Hefte) und »Untersuchungen zur Morphologie und Physiologie der Zelle« (das. 1884–1890, 6 Hefte).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 238-239.
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