Kreuznach

[653] Kreuznach, Kreisstadt und besuchter Badeort im preuß. Regbez. Koblenz, an der Nahe, Knotenpunkt der Staatsbahnlinie Bingerbrück-Münster a. St. und der Kleinbahnlinien K.-Winterburg und K.-Wallhausen, 89 m ü. M., ehemals Hauptstadt der vordern Grafschaft Sponheim, besteht aus der durch die Nahe getrennten Alt- und Neustadt, hat 2 evangelische und 3 kath. Kirchen, Synagoge, eine Marmorstatue des Sanitätsrats Prieger, der als Gründer des Bades gilt, ein schönes Kriegerdenkmal, einen Bismarckbrunnen, ein Michel-Mortdenkmal (sämtlich von Cauer), schöne Anlagen und (1900) 21,321 Einw., davon 8256 Katholiken u. 657 Juden.

Wappen von Kreuznach.
Wappen von Kreuznach.

K. hat bedeutende Tabakfabriken, Gerberei und Feinlederfabrikation, Kamm- und Schaumweinfabriken, eine Glasfabrik, Marmorschleiferei u. Weinbau. Der Handel, unterstützt durch eine Reichsbankstelle (Umsatz 1904: 245,4 Mill. Mk.), ist vorwiegend Wein- und Getreidehandel. K. hat ein Gymnasium, eine Realschule, eine Provinzialwein- und Obstbauschule, eine Sammlung von Altertümern (mit einem ca. 60 qm großen römischen Mosaikfußboden), ein Diakonissenmutterhaus, ein kath. Schwesternhaus, ein kath. Brüderhaus, ein evangelisches und ein kath. Waisenhaus, eine Heilanstalt für skrofelkranke Kinder (Viktoriastift), ist Sitz eines Amtsgerichts und eines Hauptsteueramts. Die Solquellen von K. (Zusammensetzung s. Art. »Mineralwässer«) wurden wahrscheinlich schon im 15. Jahrh. (1478) entdeckt und gebraucht; das Bad mit der Eisenquelle, dem Kurhaus, den Logier- und Badehäusern befindet sich auf der von beiden Flußarmen gebildeten Insel. Der Eisenbrunnen wird ausschließlich zu Trinkkuren benutzt; die hauptsächlich zum Baden benutzte Oranienquelle und der Hauptbrunnen der Theodorshalle (s. unten) sind schwache Solquellen, werden aber nach Bedarf mit Kreuznacher Mutterlauge versetzt. Die Bäder werden mit einer Temperatur von 31–32° genommen. Auch Soldunstbäder und Inhalationen, Dampf- und elektrische Bäder, Behandlung mit Mutterlauge, Molken etc. werden angewendet. Als besonders wirksam erweisen sich die Quellen von K. bei allen Formen der Skrofulose, bei lokaler Tuberkulose, chronischem Kehlkopf- und Bronchialkatarrh, Herzkrankheiten, Gicht, chronischen Gebärmutterleiden, bei Hautkrankheiten etc. Das Klima gehört zu den wärmsten Deutschlands, ist mild, mäßig feucht und ziemlich gleichmäßig, die mittlere Temperatur des Sommers 18°. Die Zahl der Kurgäste beläuft sich jährlich auf 6–7000. 1 km südlich die städtischen Salinen Karlshalle und Theodorshalle; 8 km weiter aufwärts Münster am Stein (s. d.) und die Ruine Ebernburg (s. d.). – K., in dessen unmittelbarer Nähe man die Fundamente eines römischen Kastells, die sogen. Heidenmauer, entdeckt hat (vgl. Engelmann, »Das römische K.«, Kreuzn. 1869) und Grabstätten, Urnen und Münzen findet, kommt 819 als karolingische Pfalz Cruciniacum vor, und die um sie entstandene Gemeinde ist 881 und 974 als Villa Crucenacha bezeugt. Heinrich IV. schenkte diese Domäne 1065 an das Bistum Speyer, das den im Anfang des 13. Jahrh. als Stadt genannten Ort 1241 an den Grafen Heinrich II. von Sayn verkaufte. Durch dessen Schwester kam K. an die Grafen von Sponheim, von denen es 1416 an Kurpfalz fiel. 1689 wurde das feste Schloß Kauzenberg, das sich bei der Neustadt auf dem Kauzenberg erhob, von den Franzosen geschleift. Vgl. Schnee g aus, Historisch-topographische Beschreibung Kreuznachs und seiner Umgebung (Koblenz 1839) und Geschichte des Nahetals etc. (neue Ausg., Kreuzn. 1890); Stabel, Das Solbad K., für Ärzte dargestellt (4. Aufl., das. 1887); Engelmann, K. und seine Heilquellen (8. Aufl., das. 1890); Michels, Verhaltungsmaßregeln beim Gebrauch einer Brunnen- und Badekur in K. (3. Aufl., das. 1880); Heusner und Foltynski, Bad K., für Ärzte u. Kurgäste dargestellt (Berl. 1884); Frantzius, Die Solbäder K. und Münster a. St. (2. Aufl., Kreuzn. 1896); Führer für K. und das Nahetal von Voigtländer (13. Aufl. 1892), Schneegans (7. Aufl. 1904) und Messer (1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 653.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika