Löwen [1]

[749] Löwen, 1) (niederländ. u. fläm. Leuven, franz. Louvain) Hauptstadt eines Arrondissements in der belg. Provinz Brabant, am Fluß Dyle und Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Brüssel- Lüttich, L.-Mecheln und Aarschot-Charleroy und der Nebenbahnen L.-Diest, L.-Tervueren und L.-Jodoigne, ist größtenteils altertümlich gebaut. Die Wälle der Stadt, jetzt zu Spaziergängen umgewandelt, haben an 10 km Umfang; aber ein großer Teil des Raumes, den sie umschließen, ist mit Gärten und Anpflanzungen bedeckt. Die vorzüglichsten Gebäude von L. sind: das 1448–1463 von Matthäus De Layens im spätgotischen Stil errichtete, 1842 und 1904 restaurierte Rathaus; die Kirche zu St. Peter (Basilika, ebenfalls aus dem 15. Jahrh.); die gotische Gertrudenkirche (15. Jahrh., mit schönem Chorgestühl); die sogen. Hallen, 1317 als Warenniederlage für die Tuchmachergilde erbaut und 1679 der Universität eingeräumt; die Ruinen des im 9. Jahrh. vom König Arnulf erbauten Schlosses, das der Volksglaube dem römischen Imperator Julius Cäsar als Erbauer zuschreibt. Die Bevölkerung zählt (1904) 42,194 Seelen. Die Industrie ist seit dem Mittelalter sehr zurückgegangen, zumal die einst berühmte Tuchfabrikation. Die Stadt hat große Brauereien, Maschinenbau, Fabrikation von Stärke, Essig, Chemikalien, Strohhüten und Spitzen und treibt Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Berühmt war im 16. Jahrh. die 1426 von Philipp dem Guten von Burgund gegründete Universität von L., die zur Zeit ihrer Blüte mehr als 6000 Studenten zählte und der Sitz der antijesuitischen, die gallikanischen Freiheiten verteidigenden Theologie war. Sie wurde 1793 infolge der französischen Invasion aufgehoben, 1817 aber wiederhergestellt. 1834 vom Staat aufgehoben, ward sie 1835 vom Klerus aus eignen Mitteln neu dotiert und verfolgt seitdem als sogen. freie Universität eine streng katholische Richtung. Sie umfaßt fünf Fakultäten und Brauerei-, Ackerbau- und Gewerbeschulen und zählte 1903/04: 2044 Studierende. Außerdem befinden sich in L. ein Athenäum, Staatsmittelschulen für Knaben und Mädchen, eine Haushaltungsschule, ein Lehrer- und ein Lehrerinnenseminar, eine Kunstschule (seit 1889) und ein Tribunal. L., wo König Arnulf 891 die Normannen entscheidend besiegte, war lange die Residenz der Grafen von L., spätern Herzoge von Brabant (s. d.). Seit Mitte des 12. Jahrh. von dem Durchgangsverkehr zwischen Brügge (s. d.)[749] und Köln berührt, entwickelte es sich, obwohl häufig durch innere Kämpfe erschüttert, bald zu einer blühenden Handels- und Industriestadt mit berühmter Tuchfabrikation. Ende des 14. Jahrh. begann der Verfall, der, trotz Gründung einer Universität (1426), rasche Fortschritte machte und im 16. Jahrh. durch eine Seuche, die fast die halbe Bevölkerung hinwegraffte, vollendet ward. Vgl. Molanus, Historiae Lovanensium libri XIV (hrsg. von de Ram, Brüssel 1861, 2 Bde.); Verhaeghen, Les 50 dernières années de l'ancienne université de Louvain (Lüttich 1884); van Even, Louvain dans le passé et dans le présent (Löwen 1891–95); van der Linden, Histoire de la constitution de la ville de Louvain an moyen-âge (Gent 1892); »Geschiedenis van de stad Leuven« (Löwen 1899). – 2) Stadt im preuß. Regbez. Breslau, Kreis Brieg, an der Glatzer Neiße und der Staatsbahnlinie Brieg-Oderberg, 152 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, Synagoge, Schloß, höhere Privatschule, Amtsgericht, eine Zuckerfabrik (in dem anliegenden Dorfe Fröbeln), eine Ofenfabrik, Molkerei, Gerberei, Färberei, Ziegeleien, eine große Mühle, wichtige Wochen- und Viehmärkte und (1900) 3245 meist evang. Einwohner. 1903 große Überschwemmung.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 749-750.
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