Lally-Tollendal

[65] Lally-Tollendal (spr. -tollangdall), 1) Thomas Arthur, Graf von Lally, Baron von Tollendal, geb. 1702 in Romans (Dauphiné) aus einer irischen, mit Jakob II. in Frankreich eingewanderten Familie, gest. 7. Mai 1766, diente seit 1720 in einem irischen Regiment, das sein Vater, Sir Gérard L., befehligte, focht seit 1741 in Flandern, Schottland und den Niederlanden und wurde 1756 zum Generalleutnant und Gouverneur aller französisch-ostindischen Niederlassungen ernannt. Voll Lebhaftigkeit, Talent und Mut, aber auch hart und ungestüm, eröffnete er dort sofort nach seiner Ankunft (Frühjahr 1758) den Kampf gegen die britischen Besitzungen, eroberte eine Menge Plätze und Städte und belagerte selbst Madras; allein Empörung und Verrat unter seinen eignen Leuten, Mangel an Unterstützung aus der Heimat und das Landen englischer Unterstützungen nötigten ihn, sich nach der Niederlage bei Wandewash (Januar 1760) auf das bedrohte Ponditscherri zurückzuziehen, wo er sich nach tapferer Verteidigung 16. März 1761 auf Gnade und Ungnade ergeben mußte, worauf er als Kriegsgefangener nach England gebracht ward. Befreit, begab er sich 1764 nach Paris, ward aber hier in die Bastille geworfen und hingerichtet, weil er die Interessen des Königs und der Indischen Kompanie verraten habe. Nach zehn Jahren bewirkte Lally-Tollendals Sohn, besonders von Voltaire unterstützt, die Revision des Prozesses. Die Unschuld des Verurteilten wurde so klar erwiesen, daß der König in einem Dekret vom 21. Mai 1778 das Urteil kassierte und die Ehre Lally-Tollendals wiederherstellte. Vgl. Hamont, La fin d'un empire français aux Indes sous Louis XV; Lally-Tollendal (Par. 1887).

2) Trophime Gérard, Marquis von, Sohn des vorigen, geb. 5. März 1751 in Paris, gest. 11. März 1830, tat sich zunächst durch sein mannhaftes Eintreten für die Ehre seines Vaters hervor und gehörte in der Versammlung der Reichsstände 1789 zu denen, die sich mit dem dritten Stande verbanden. Als Berichterstatter des Verfassungskomitees schlug er aber die Errichtung zweier Kammern vor und setzte seinen auf die Erhaltung der Aristokratie gegründeten Plan in der Schrift »Rapport sur le gouvernement qui convient à la France« (1789) auseinander. Schon nach den Ereignissen vom 5. und 6. Okt. zog er sich in die Schweiz zurück. Von hier aus veröffentlichte er 1790 unter dem Namen Quintus Capitolinus eine beißende, gegen die Abschaffung der Adelsvorrechte gerichtete Satire, kehrte aber 1792 zur Verteidigung des Königs nach Paris zurück. Nach dem Aufstand vom 10. Aug. verhaftet, entging er glücklich den Septembermetzeleien und flüchtete nach England. Beim Prozeß des Königs bot er sich dem Konvent als Verteidiger an, und als er ohne Antwort blieb, gab er seine Verteidigung in den Druck (»Plaidoyer pour Louis XVI«, 1795). Auch erschien von ihm »Défense des émigrés français, adressée an peuple français« (1794; neue Aufl. 1825, 2 Bde.), welche Schrift in zwei Monaten zehn Auflagen erlebte. Nach der Revolution vom 18. Brumaire lebte er in Bordeaux, einzig mit literarischen Arbeiten beschäftigt. Ludwig XVIII. ernannte ihn nach der ersten Restauration zum Staatsrat und im August 1815 zum Pair. Der Monarchie eifrig ergeben, suchte L. sie auf liberalem Wege zu erhalten. Von seinen Schriften ist noch sein »Essai sur la vie de Thomas Wentworth, comte de Strafford« (Lond. 1795; 2. Aufl., Par. 1814), den er auch zum Helden einer (nicht aufgeführten) Tragödie machte, zu nennen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 65.
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